Leben mit Hochsensibilitaet
auf. Er genoss sie mit vollen Zügen, obwohl er auch kritisch und manchmal enttäuscht über seine Resultate war. Seine Umgebung sah in seinen leidenschaftlichen Aktivitäten eine vorübergehende Grille, doch Marko wusste, dies hatte für ihn große Bedeutung. Letztendlich führte ihn die Malerei auf neue Wege. Er begann, sich mehr mit Formgebung zu beschäftigen. Sein Interesse führte ihn schließlich zur Innenarchitektur und er entdeckte seine alte Liebe dazu wieder. Obwohl er sich entschied, seinen bisherigen Job beizubehalten, fand er doch an Wochenenden und Abenden ausreichend Zeit, um mit einem Freund ein kleines Beratungsbüro zu betreiben. Diese Arbeit war vielleicht aus gesellschaftlicher Sicht unbedeutend und sie brachte kaum Geld ein. Aber Marko fühlte zum ersten Mal in seinem Leben, dass jenes nagende Gefühl in ihm zur Ruhe gekommen war. Er fühlte sich in Übereinstimmung mit seiner eigenen Berufung und freute sich an dieser Erfahrung.
Vielleicht erkennst du dich wieder in den Geschichten von Marko oder Karin. Vielleicht hast du genauso viele Schwierigkeiten, deiner eigenen Stimme zuzuhören, und missachtest sie häufig. Oder vielleicht hörst du die Stimme ein wenig, drückst das alles aber lieber weg, aus Angst vor Veränderung und Konfrontation. Oder vielleicht folgst du deiner Berufung, aber übernimmst dich. Damit tust du dir nur zeitweilig einen Gefallen, auf Dauer wirst du mit unguten Gefühlen zu kämpfen haben. Genau wie Marko kannst du dich schuldig oder wertlos fühlen oder – noch schlimmer – in dir kann das Gefühl aufkommen, nur zur Hälfte zu leben.
3.3.5 Noch einmal: Erden
Für manche Hochsensiblen gibt es einen weiteren Fallstrick. Eine der Aussagen, die Jung über introvertierte Menschen (die er von den Extravertierten unterschied) machte, war, es sei ein Fehler, sie bedingungslos finanziell zu unterstützen. Damit meinte er, dass ein introvertierter Mensch (lies in diesem Fall auch: ein hochsensibler Mensch) Gefahr läuft, jeglichen Kontakt zur Welt zu verlieren, wenn man ihm vollständig freie Hand lässt und ihn nicht zwingt, praktisch tätig zu sein. Solche Menschen können völlig in einer selbst geschaffenen Traumwelt aufgehen. Diese Gefahr erkenne ich auch in mir. Sie besteht natürlich nicht für jeden. Aber vor allem Menschen, die in der Kunst ihre Berufung finden, sollten sich dessen bewusst sein. In diesem Zusammenhang muss ich an einen Ausspruch denken, den ich einmal las: „Astronomen kommen eigentlich von einem anderen Planeten. Ständig durch ein Fernglas ins Weltall zu starren, ist nur Ausdruck ihres Heimwehs.“
Es geht also immer wieder um die Notwendigkeit des Erdens. C.G. Jungs Rat kann man auch anders formulieren, nämlich: Hochsensible haben mitunter Schwierigkeiten, sich mit der Erde zu verbinden. Arbeiten und Geldverdienen sind typisch irdische Aspekte; sie hängen mit Stabilität und Sicherheit zusammen. Anders als du vielleicht erwartest, verursacht eine zu geringe Erdung Schwierigkeiten beim Finden deiner Berufung. Erst wenn du die praktischenLebensprobleme bewältigt hast – dazu gehören die alltäglichen Dinge wie Lebensumgebung und Finanzen (Wirkaspekte des ersten Chakras) – kannst du auch in deiner Berufung glänzen. Ein Papierdrachen, der nicht an einer Schnur festgehalten wird, fliegt fort. So kenne ich viele talentierte Künstler, die leider niemals erfolgreich sein werden, weil sie sich weigern, Dinge wie Geld, Wohnumstände, Körperversorgung und Nahrung ernst zu nehmen. Das ist ein Jammer. Leider haftet besonders dem Beruf des Künstlers noch immer und zu unrecht die romantische Vorstellung an, er müsse arm, weltfremd und ein wenig sonderlich sein. Ein Künstler mit Geschäftssinn wird als Künstler weniger ernst genommen!
Wenn du in dieser Gesellschaft glücklich werden willst, dann hat das sowohl mit deiner Berufung als auch mit deinem gesunden Menschenverstand zu tun. Es verlangt Kreativität und intaktes Gleichgewicht. Du kannst deine Inspiration und Kreativität fördern, indem du auf dein Herz und deine Intuition vertraust. Gleichzeitig brauchst du eine Erdung als Fundament, um deine Ideen überhaupt verwirklichen zu können. Das gibt dir sowohl Halt als auch Kraft. Du kannst dich meiner Meinung nach als Hochsensibler nie zu viel um Erdung bemühen. Wenn der Untergrund nicht trägt, wird all deine Arbeit ziellos bleiben. Ohne gutes Fundament wird dein Bauwerk, wie phantastisch es auch ist, instabil. Erden ist ein langsamer und
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