Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
extrem anfällig wurden. Wer die Infektion überstand, war von da an zwar lebenslang immun, machte aber während des Heilungsprozesses auch jede Menge Entzündungen durch, die ihren eigenen bleibenden – negativen – Effekt haben.
Es gab allerdings eine Ausnahme unter den Betroffenen: Wer während der Ansteckung mit dem Virus Statine nahm, entging während der Heilung den übermäßigen Entzündungsreaktionen. Statine, die ja, wie wir gesehen haben, Entzündungshemmer sind, gehören zu den wenigen Medikamenten, mit denen Sie nicht am Beatmungsgerät landen, wenn Sie die Schweinegrippe bekommen. Aus diesem Grund tragen viele Beamte der CDC stets ein Statin bei sich, und dazu einen Fleischzartmacher. Warum das? Sollte der betreffende Beamte von einem bösartigen, potenziell giftigen Tier gestochen oder gebissen werden, behandelt er die Wunde wie ein Steak, denn Fleischzartmacher enthalten Papain, das die Proteine des Insekten- oder anderen Gifts zersetzt. Eine Dose Fleischzartmacher ist oft die beste Behandlung für Quallenbisse, Bienen-, Wespen- und Mückenstiche sowie vielleicht auch für Stachelrochenstiche. Das Mittel deaktiviert das Gift, bevor der Körper es absorbiert und das Immunsystem als Reaktion einen hochreaktiven Entzündungsprozess auslöst.
Ich hoffe, dass wir den Einsatz von Statinen aufgrund ihrer entzündungshemmenden Wirkung auf eine große Anzahl von Krankheiten ausdehnen können. Im August 2011 fiel mir eine Artikelüberschrift ins Auge, die ungefähr so lautete: »Langzeitwirkungen« von Statintherapie senken Sterberate um 14 Prozent. Acht Jahre nach dem Abschluss einer europäischen Studie, die die Wirkung einer täglichen 10-Milligramm-Dosis Sortis ® untersuchte, fanden die Forscher überzeugende Belege dafür, dass Statine nicht nur das Herzinfarktrisiko senken, sondern auch das allgemeine Risiko, an einer anderen Erkrankung, besonders der Atmungsorgane oder einer Infektion, zu sterben. Die Einnahme eines Statins kann daher den Körper langfristig schützen, sogar noch lange nach Ende der Statintherapie.
Ich vermute, dass wir noch auf weitere Korrelationen dieser Art stoßen werden, die auch Menschen helfen können, die noch nie daran gedacht haben, Statine zu nehmen. Könnten sie, nur als Beispiel, auch Epileptikern helfen? Alle Zellmembranen unseres Körpers enthalten Fette, sogenannte Lipide. Wenn ich Ihnen Sortis ® verschreibe, eines der am häufigsten zur Senkung des Herzinfarkt- und Schlaganfallrisikos eingesetzten Statine, verändere ich auch die Lipide Ihrer Zellmembranen und damit deren elektrische Leitfähigkeit. An Epilepsie zu leiden bedeutet, dass man ein Problem mit der elektrischen Kommunikation der Gehirnzellen untereinander hat. Sinkt das Epilepsie-Risiko von Patienten, die Statine nehmen? Meines Wissens ist diese Frage noch nicht untersucht und auch noch nie gestellt worden. Wir müssen uns solche Fragen in der gesamten Medizin immer neu stellen und sie mithilfe neuer Technologien zu beantworten suchen.
Eine Grippe bringt nicht nur sehr hohe Entzündungsraten mit sich, sondern hinterlässt auch Zerstörungen auf ihrem Weg. Keine physischen, das nicht, mehr eine geisterhafte. Jedes Mal, wenn Ihr Körper langen, intensiven Entzündungsattacken ausgesetzt ist, so wie bei einer Grippe, wird das System stark beansprucht, während es den gefährlichen Molekülsturm abschmettert. Dieser Sturm, der eine Flut bestimmter chemischer Stoffe, sogenannter Cytokine, erzeugt, lässt Ihre Blutgefäße altern, egal, wie alt Sie tatsächlich sind. Man muss also mit Langzeiteffekten dieses Sturms rechnen, so kurz er auch dauern mag.
Schon zwei Wochen eines Entzündungssturms können uns so schädigen, dass unser Risiko für zahlreiche Krankheiten lebenslang erhöht bleibt, darunter Fettleibigkeit, Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs. Ein solcher Entzündungssturm könnte das Ergebnis der Genesung von einer schweren saisonalen Erkältung oder Grippe sein.
Ich bin ein großer Anhänger der Grippeimpfung, wenn schon nicht, um die Grippe zu verhindern, dann wenigstens, um ein erhöhtes Entzündungsniveau zu verhindern, das uns später im Leben vielleicht immer wieder heimsucht, wenn wir anfälliger für entzündungsbedingte Krankheiten werden. Die American Heart Association und das American College of Cardiology haben 2006 gemeinsam die Grippeimpfung als Teil einer umfassenden Sekundärprävention für Menschen mit atherosklerotischen Veränderungen der Herzkranzgefäße und anderer
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