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Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)

Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)

Titel: Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Agus
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Busfahrern und Schaffnern durchgeführt worden war. Eine Gruppe britischer Forscher unter Jeremiah Morris untersuchte 1953 das Auftreten von Herzinsuffizienz bei 31000 männlichen Angestellten des öffentlichen Nahverkehrs zwischen 35 und 65 Jahren. Morris, den seine Kollegen Jerry nannten, wurde in der Folge zum unermüdlichen Verfechter der Gesundheitsbewegung und einer der ersten Fürsprecher körperlicher Aktivität. Er stieß eigentlich eher zufällig auf diese Mission seines Lebens – anfänglich hatte er gar nicht die Absicht, einen Zusammenhang zwischen Herzkrankheit und dem Ausmaß physischer Aktivität zu demonstrieren. Ziel der Studie war zunächst die Untersuchung von »Zusammenhängen zwischen der Art der Tätigkeiten und der Häufigkeit von koronarer Herzkrankheit«. Auch in seinen wildesten Träumen hätte Morris nicht voraussehen können, was die Daten, die er mit dieser Fragestellung sammelte, alles bewirken würden. In gewisser Hinsicht veränderten sie die Welt.
    Morris wurde am 6. Mai 1910 in Liverpool als Kind jüdischer Einwanderer aus Polen geboren, die erst wenige Wochen zuvor auf der Flucht vor antisemitischen Pogromen nach Großbritannien gekommen waren. Die Familie war per Schiff gereist und übernahm den Nachnamen des Kapitäns; sie siedelte sich im schottischen Glasgow an, wo Morris in einer mehrsprachigen Familie aufwuchs und täglich Zeuge sozialer Deprivation wurde. Morris begann schon als Kind Sport zu treiben. Sein Vater, ein Hebraist, nahm ihn und seine Brüder jede Woche auf einen Vier-Meilen-Spaziergang mit und spendierte als Belohnung Eiskrem, wenn sie die vier Meilen (etwa sechseinhalb Kilometer) in weniger als einer Stunde schafften. (Morris fand nie heraus, woher sein Vater die Regel von vier Meilen in einer Stunde eigentlich hatte.) Nach dem Wehrdienst im Zweiten Weltkrieg wurde er, wie auch zahlreiche andere Forscher und Beamte des Gesundheitswesens, auf die sich damals epidemisch verbreitende koronare Herzkrankheit aufmerksam, deren Ursache noch unbekannt war. Einige Hinweise ließen Morris und andere vermuten, dass der ausgeübte Beruf eine Rolle spielen könne. Er entschied sich für eine einfach zu beobachtende Gruppe von Probanden, die es im öffentlichen Nahverkehr Londons zuhauf gab: Die Schaffner und Fahrer der berühmten Doppeldeckerbusse verfügten automatisch über die von Morris benötigten Variablen. Die Busschaffner waren während der Schicht ständig in Bewegung und bewältigten täglich zwischen 500 und 750 Treppenstufen, während die Fahrer über 90 Prozent ihrer Arbeitszeit im Sitzen verbrachten. Morris vermutete, dass die Treppen der Doppeldeckerbusse die Lösung offenbaren könnten, und 1949 begann er die Herzinfarktraten Hunderter Busfahrer und Schaffner zu protokollieren. Heute erscheint uns sein Ergebnis voraussehbar, aber damals erstaunte es sogar Morris selbst, wie viel weniger Herzinfarkte die Busschaffner im Vergleich zu den Fahrern hatten. Wenn ein Busschaffner doch einen Infarkt erlitt, dann durchschnittlich sehr viel später und sehr viel seltener tödlich. Morris vermutete, dass »physisch anstrengende Arbeit« einen vorbeugenden Effekt haben könnte, hauptsächlich in Bezug auf plötzlichen Herzstillstand infolge von Krankheit. Seine Studie erschien in der angesehenen Fachzeitschrift Lancet, wurde aber kaum zur Kenntnis genommen. Im selben Artikel beschrieben Morris und seine Kollegen entsprechende Studienergebnisse bei einer Probandengruppe von 110000 Postangestellten und Beamten im öffentlichen Dienst. Sie konnten deutlich zeigen, dass Briefzusteller, die täglich große Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegten, sehr viel seltener herzkrank wurden als körperlich weniger aktive Kollegen, von Schalterbeamten oder Sachbearbeitern bis hin zu noch »sesshafteren« Tätigkeiten wie Fernsprechvermittlungskräften, höheren Beamten und Büroangestellten.
    Um seine Hypothese weiter zu überprüfen, untersuchte Morris auch die Häufigkeit von Herzinfarkten in verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und konnte seine sich allmählich herausbildende Theorie untermauern. Ohne dass der Sozialstatus eine Rolle spielte, hatten diejenigen Menschen das geringste Herzinfarktrisiko, deren Beruf die meiste körperliche Betätigung erforderte. Es war allerdings nicht leicht für Morris, dieses Ergebnis der Fachwelt oder der Öffentlichkeit zu vermitteln. Seine anfängliche These, dass »Männer, die körperlich anstrengende Arbeit verrichten, im

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