Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
bald ohne Patienten dagestanden. Soweit er wusste, waren sie harmlos, aber sie gaben dem Patienten immerhin das Gefühl, etwas gegen die Krankheit zu unternehmen, während diese ihren vorbestimmten Verlauf nahm.
Auf dem Bücherregal im Sprechzimmer hatte mein Vater neben Dutzenden medizinischer Fachbücher auch die United States Pharmacopoeia (etwa »Amerikanische Apotheke«), einen gewaltigen Band, so groß wie unsere Familienbibel. Sie enthielt die Auflistung aller Zutaten und die Rezepturen für Mischung und Anwendung, nach denen er sich richtete.
Letztes Jahr habe ich selbst ein Exemplar der Pharmacopoeia erstanden. Ich fand es ausgerechnet bei eBay. Interessant an diesem Werk ist, abgesehen von den seltsamen und faszinierenden Rezepten, dass seine Autoren sich schon im Jahr 1900 zusammentaten, um eine bemerkenswerte Vereinheitlichung und Standardisierung in den Maßeinheiten, Benennungen und jeweils anzugebenden Einzelheiten zu erzielen, und vorgaben, dass jede der »Therapien« in diesem Kompendium genau beschrieben werden musste. Dass über 100 Ärzte sich auf so weitreichende Vorschriften einigen, wäre heutzutage unvorstellbar, und doch fehlt uns genau das im Gesundheitswesen. Die Pharmacopoeia beschreibt die Zubereitung Tausender Kräuter-, Nährstoff- und anderer Präparate, aber ohne dass Heilwirkungen angegeben werden – man findet nur die standardisierten Vorschriften für die Herstellung des Mittels. In vielerlei Hinsicht ist dieses Werk der Ursprung des heutigen milliardenschweren Geschäfts mit Vitaminpräparaten und Nahrungsergänzungsmitteln, obwohl von Standardisierung heute keine Rede mehr ist. Ebenso interessant wie beunruhigend ist dabei, dass Vitamine und Nährstoffe Anfang des 20. Jahrhunderts noch in den direkten Zuständigkeitsbereich der Ärzte und Apotheker fielen, aber inzwischen völlig daraus verschwunden sind – sie werden nicht einmal mehr staatlich reguliert, wie es bei anderen traditionellen Heilmitteln der Fall ist.
Wie so viele andere Denker, Ärzte und Philosophen, die ich in diesem Buch zitiert habe, war Lewis Thomas’ Vater in seinen Erkenntnissen seiner Zeit voraus. Er wusste, dass Krankheiten eine mysteriöse Zufälligkeit an sich haben. Man kann aus allen möglichen Gründen wieder gesund werden, die nichts mit der verordneten Behandlung oder dem verschriebenen »Elixier« zu tun haben. Es spricht sogar vieles dafür, gar nichts zu unternehmen. Damit sollen natürlich nicht die bekannten und gut begründeten Behandlungen bestimmter Krankheiten diskreditiert werden, aber nehmen wir einen Augenblick einen anderen Standpunkt ein und stellen uns vor, was es in anderen Fällen bewirken kann, einfach nichts zu tun. Anstatt Tabletten einzunehmen und nach Hilfe von außen zu suchen, könnten Sie sich einfach auf die Selbstheilungskräfte Ihres Körpers konzentrieren und ihn durch natürliche Regulierung so gut wie möglich bei der Genesung unterstützen. Sie könnten den Vorschlägen in diesem Buch folgen und lieber vorsorgen als zu behandeln. Damit würden Sie den Körper als das respektieren, was er ist: ein komplexes, dynamisches System, das nicht so leicht zu erklären ist, wie wir uns gerne vormachen. Vielleicht würden Sie dadurch auf eine ganz unerwartete Weise viel gesünder.
Gesundheitsregel Die Homöostase ist der paradiesische Zustand des Körpers. Der Körper mag komplex und schwer zu durchschauen sein, aber er sucht ständig die Einfachheit der Homöostase. Wenn zu viele Kräfte unnötig auf ihn einwirken – Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel, ein unregelmäßiger Tagesablauf, Schlafmangel, übertriebene sportliche Betätigung, Völlerei oder zu viel Alkohol –, zerstören wir diese Homöostase. Die gute Nachricht ist, dass der Körper ganz natürlich in sie zurückfindet, wenn wir ihm einfach seinen bevorzugten Rhythmus lassen und darauf achten, wie wir auf ihn einwirken.
Schlusswort
Von Mäusen und Menschen und der Suche nach dem Hauptschalter
Müssen wir wirklich sterben? Hoffnungsvolles zum Schluss
Heilen, so sagte Papa mir immer, sei keine Wissenschaft, sondern die Kunst des intuitiven Umwerbens der Natur.
W. H. Auden, Dichter des 20. Jahrhunderts
Wo ist der Hauptschalter?
Das ist eine gute Frage – eine, die die Wissenschaft schon umtreibt, solange ich mich erinnern kann. Müssen wir wirklich alt werden? Gibt es eine Methode, dem Körper vorzumachen, dass er nicht altert? Können wir den Hauptschalter finden, der dem Körper
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