Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
aus diesem Buch also nur eine Erkenntnis mitnehmen, dann bitte möglichst die, wie viel man mit Vorsorgemedizin ausrichten kann. Bedenken Sie auch, dass es nicht nur um Sie geht, sondern um uns alle.
Die Gesundheitskosten in den USA sind enorm. 17,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – über 2 Billionen Dollar – berappen wir für das Gesundheitswesen, das ist mehr als viermal so viel wie der Verteidigungsetat. In den nächsten Jahren wird dieser Wert vermutlich auf 20 Prozent steigen; der größte Teil dieser Summe wird für Menschen in ihren letzten beiden Lebensjahren ausgegeben. Das sind diejenigen, die nicht bis zum letzten Atemzug rüstig sind, sondern teure Luft schnappen, während sie sich durch ihr Alter schleppen, geplagt von chronischen, schwer beherrschbaren Krankheiten oder von solchen, die sich erst nach Jahren voll entwickeln, um dann zum unvermeidlichen Ende zu führen. Die Krankenversicherungsbeiträge der durchschnittlichen Familie steigen immer weiter; sie betragen für diejenigen, die sie sich noch leisten können, über 15000 Dollar jährlich. Das amerikanische Gesundheitssystem ist in seiner gegenwärtigen Form unhaltbar. Wir sind das Industrieland mit den höchsten Gesundheitsausgaben pro Kopf, zweieinhalbmal so viel wie der Durchschnitt der Industrieländer – aber gesünder als die anderen sind wir deshalb nicht.
Denn unsere übermäßigen Kosten schlagen sich nicht in besserer Versorgung oder größerer Sicherheit nieder. Schätzungen zufolge werden in den USA jährlich 98000 bis 195000 Menschen durch ärztliche Kunstfehler getötet, 57000 Menschen sterben durch mangelnde Pflege. Innerhalb der USA variieren die Kosten enorm, obwohl die ärztliche Versorgung überall von gleicher Qualität ist, und die Leistungsfähigkeit unseres Systems steht in der Statistik der WHO nur auf Rang 37, während unsere Ausgaben mühelos Rang 1 erklimmen. Unter den 30 Industriestaaten liegt unsere Lebenserwartung nur auf Rang 22. Über 50 Millionen Amerikaner haben gar keine Krankenversicherung und über 25 Millionen eine, die die Kosten nicht ausreichend übernimmt; die meisten von ihnen sind dabei nicht einmal arbeitslos, sondern gehen einer bezahlten Tätigkeit nach.
Noch schlimmer sieht es bei der Medikamentenentwicklung aus. Ich glaube fest daran, dass Innovationen unsere Gesundheitsversorgung retten werden – Innovationen, die dem Einzelnen mehr Entscheidungsfreiheit geben, wie ich es in diesem Buch beschrieben habe, und Innovationen dort, wo die Medikamente entwickelt werden. Die 1980er-Jahre waren dank der unermüdlichen Lobbyisten für eine HIV/AIDS-Therapie eine Boom-Zeit für die Medikamentenforschung. In den folgenden Jahrzehnten haben wir dann an Schwung verloren. Damals, als wir uns bemühten, AIDS und andere schlagzeilenträchtige Krankheiten niederzuringen, wurden jährlich 15 bis 20 neue chemische Wirkstoffe entwickelt; inzwischen ist diese Zahl in den einstelligen Bereich gefallen. Und das bezieht sich nicht nur auf Pharmazeutika für den Einsatz gegen HIV, sondern das ist unser Gesamtfortschritt in allen Bereichen der Pharmazie.
Seit HIV eine beherrschbare chronische Krankheit geworden ist, von der man nicht mehr befürchten muss, dass sie die gesamte Weltbevölkerung ausrotten wird, hat auch hier der Eifer beträchtlich nachgelassen – und die gesamte medizinische Forschung leidet darunter.
Aber es geht hier, wie ich bereits gesagt habe, nicht nur um Krebs. Weil Krebs unsere schlimmste Geißel ist, kommt alles, was wir bei seiner Bekämpfung lernen, auch der Behandlung aller anderen Krankheiten zugute. Das ist besonders heute wichtig, an einem Scheideweg der menschlichen Geschichte, denn überall in der Medizin läuten die Alarmglocken, weil einige andere Erzfeinde, die wir längst besiegt glaubten, zurückkommen.
In diesem Buch habe ich zwar gesagt, dass Infektionskrankheiten relativ einfach zu behandeln seien, denn gegen ihre Erreger können wir zahlreiche wirksame Waffen einsetzen. Aber einige Infektionen sind trotz aller Gegenmittel immer noch bedrohlich. Heute praktiziert kaum noch ein Arzt, der sich an die Zeit vor der Einführung der Antibiotika erinnern kann. Damals wurde man wegen der einfachsten Ansteckung ins Krankenhaus gebracht, und die tödliche Gefahr einer Staphylokokken-Infektion überschattete auch routinemäßige Operationen. Inzwischen fängt man in der Medizin aber wieder an, sich über diese vergangene Zeit zu informieren, denn es gibt immer mehr
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