leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
nicht?
Dann nichts mehr. Kein Sterbenswörtchen.
Ihr Atem war schnell. Ihr Herz klopfte gegen ihre Brust und es hämmerte in ihrem Kopf, als würden Hämmer aus ihrem Kopf herausbrechen wollen . Durch die Tränen, die ständig über ihr Gesicht liefen , fühlte sich ihre Gesicht s haut gespannt und verkrustet an. Sie zog den Rotz zurück, spuckte einen Teil aus und leuchtete unentwegt in alle Himmelsrichtungen .
Plötzlich raschelte es wieder. Ein Geräusch; ein Tier ? E i ne Eule gab ihre Rufe von sich und Christiane war erleic h tert.
Eine kurze Stille. Dann: w ieder ein Geräusch. Jetzt waren es Schritte . S ie kommen.
„Scheiße, nein, nein.“
Sie sah ihn, einen Mann, groß gewachsen, s chwarz b e kleidet . E in Messer blitze in seiner Hand, groß, groß war es , fest , fest hielt er es . Der ganze Mann war ein Messer, spitz und scharf . Sie schrie. Schrie aus Le i beskräften. Und hörte nichts mehr. Nichts mehr, da war nicht s . Überdruck.
Die letzten Meter schienen ihr endlo s. Sie sah ihre Kinder. Elke . Conrad . Pius . Groß gewo r den waren sie, groß. Mutige Kinder, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Groß und gesund. Ihre Kinder. Stark waren sie und wü r den es auch sein, weiterhin. Weiter, weiter , viel weiter als sie .
„Vergebt mir “ , hauchte sie, und aus ihrem unruhigem Atem entwich erneut ein Schrei. Dann wurde die Luft ganz still, als hielte auch sie den Atem an.
Das Messer fuhr seitlich durch ihre Halsschlagader, das Messer war groß. Der Mann stieß zu.
Christiane fiel zu Boden. Sie kniete vor dem Mann. Erl ö sung. Erlöse uns von allem Bösen. Wärme durchzog sie zuerst seitlich, dann am ganzen Körper . Weinerlich blickte sie zu dem Mann empor , l ieß die Taschenlampe fallen und atmete ein letztes Mal . Ihr Blick nach oben gerichtet , weit nach oben . D as Me s ser blitzte.
Der Mann stach erneut zu. Die Sterne verschwanden hinter einer Wolkendecke.
Die Hand des Mannes griff unsanft nach ihrem Kopf, er hielt ihn , riss an ihren Haaren, die ve r kle bt waren vom Schweiß und vom Dreck . Er riss und ritzte an ihrer Ke h le .
An Vergebung dachte sie, und sie wollte flüsterte n : Ve r gibt uns unsere Schuld. Kein Flüstern mehr . Schwe i gen .
Der Mann hielt ihr en Kopf h och, er hielt ihn in eine b e stimmte Richtung .
Kapitel 3
… tanzen, denn …
Lijepa naša Domovino,
Oj junacka zemljo mila,
Stare slave djedovino,
Da bi vazda sretna bila!
Mila kano si nam slavna,
Mila si nam ti jedina,
Mila kuda si nam ravna,
Mila kuda si planina!
Textteil der kroatischen Nationalhymne
Panik.
„ Hast du … hast du gehört?“, fragte Mischa aufge regt, mit hastigen Stoßseufzern. „ H ast du das gehört?“
Niemand antwortete ihr.
Verbitterung.
Sie hielt Markus’ Hand, fest. Mit fliegenden Beinen rannte sie. Ihr Herz drohte aus der Brust hervorzubrechen, trotzdem rannten sie weiter. Kein Anhalten war möglich. Weiterlaufen. Sie stellte fest, dass sie nicht anhalten konnte. Obwohl sie rannte , gelang sie nirgendwo hin. Sie ran n te.
Fest hielt sie seine Hand. Bis er au f einmal stehen b lieb in dieser gottverlassenen Düsternis . M i scha war froh, Markus an ihrer Seite zuhaben. Sie war nicht allein. Ihr Zwerchfell drückte stark und ihr Brustkorb hob und senkte sich vor At em not . Sie spürte nicht nur eine Entspa n nung ihrer Körperfunktionen, sondern auch eine Beruhigung ihres Bewusstseins . Noch immer belieferten Gedankenzüge beladen mit Angst eine jede Zelle ihres Körpers, aber die bloße Nähe von Markus schwächte diesen Zustand der Angst deutlicher . Sie zog ihn an sich heran, umarmte ihn, sto t terte: „Halt mich, kurz, nur einen Auge n blick.“
Leid.
Markus umarmte sie, hielt sie mit seinen beiden Hä n den, drückte ihren Körper an den sein ig en und fühlte zum ersten Mal die totale Diskontrolle der Situation . Sein Herz pochte gegen das ihr i g e und mitten hinter einer großen Eiche flennte er in ihren Nacken. Der große Mann, er weinte. Seine Gefühle hatte er seit jeher unter Ko n trolle gehabt, seit jeher wusste er , was er wollte. In seinem Job wusste er, was von ihm abverlangt wurde , bei einer Frau hatte er immer gewusst, was er zu tun hatte . Bei seiner Familie hatte er gewusst, was er zu tun hatte, um weiterhin die Ane r kennung zu bekommen, die er ge wohnt war. Markus lebte gerne, und war es nicht gewohnt Situ a tionen, die Leid, Panik oder Verbitterung ausstrahlten , zu bearbeiten, g e
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