leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
Geld hat er selbst auch. Er arbeitet, ist fleißig, hat seine Wohnung, hätte jeden Mann haben können. Nein!!! Es muss mein alter , schwuler Ehemanns ein.“
Mischa unterbrach, sie wollte die Geschichte nicht weiter hören. Es kam ihr vor, dass sie keinen Punkt besäße und man sie noch weiter in unzählige Details erlegen hätte können, ohne je ein Argument zu finden, die sie rechtfertigte. „Christiane! Stopp! Diese Geschichte ist deine G e schichte, gut, soweit so gut. Aber ich bin der Meinung, dass du dich da in etwas verwickelt hast, aus dem du nicht mehr rauskommst . Du hast Jahre damit zug e bracht einen anderen Men schen – bis ins kleinste Detail – zu ruinieren. Du hast auf dich selbst vergessen, und das heißt, dass du auf dein Leben vergessen hast. Fuck! Christiane, fuck y ou.“
Christiane hatte nicht erwartet, verstanden zu werden; hatte geglaubt das R ichtige zu tun. Weil, weil es sich ric h tig anfühlte , zumindest damals .
Das sagte sie der jungen Frau nicht. Sie dachte sich, dass man einmal so alt we r den müsste, wie sie es war, erst dann konnte man überhaupt m itreden. Sie dankte Mischa fürs Zuh ö ren, für die Zeit, die sie ihr geschenkt hatte.
Es wurde dunkler.
Franz, noch immer die Vorhut, begann die Taschenlampen zu verteilen. Noch war es nicht fin s ter, es jagte ihm eine Gänsehaut auf seinen Rücken und an seinen Armen entlang ein , wenn er an die b e vorstehende Nacht dachte.
Ian schlenderte bei den anderen vorbei zu Franz und sagte ihm, dass er fast gänzlich ohne Schlaf auskäme , oft genügten ihm drei Stunden Schlaf völlig aus. Franz meinte, dass dies für die Nachtwache sehr hilfreich sei . Alle Reserven und alle Kompetenzen mussten g e sammelt und konzentriert werden . Doch wusste er nicht, was man in so einer Situation alles wissen oder gebrauchen könnte. W enig zu schlafen war schon einmal ein g u ter Anfang.
Es wurde schneller dunkler.
Christiane blieb nun das Schlusslicht. Mischa und Markus hatten sich in eine Reihe hinter Ian und Franz gesellt und hielt en sich, sie hielten ihre Hände und spürten einander. Deutlich schl u gen ihre Herzen höher und Mischa war noch immer über die Geschichte Christianes er schr o cken. So könn e sie nie werden, so wolle sie nie werden, so abgrundtief böse , dachte sie sich . Am lieb s ten hätte sie ihr ins Gesicht geschrieen, wie böse sie auch war, abgrundtief böse . Verletzt zu we r den, war ja eine Sache, sich ein ganze s Leben, mittlerweile 30 Jahre für einen schwulen Ehemann au f zugeben, zum Affen zu machen, das war wirklich traurig. Am lieb s ten hätte sie ihr auch gesagt, dass sie wohl im Herzen keine richtige Frau war, wohl auch keine Mutter, denn Li e be sah anders aus. Und ihr schwuler Ehemann, dieser Willi, musste wohl ziemlich dumm sein, seine große Li e be durch dumme Ficks mit jungen Schwulen immer wiede r zu gefährden. Für was braucht so ein alter Mann Gayportale? Schämen sollt e er sich !
Die Liebe ihres schwulen Ehemanns zu dem Jüngling Klaus sollte eine reale Chance bekommen. Liebe hatte nichts mit Homosexualität oder Heterosexualität zu tun, sie war allgegenwärtig und man ve r sperrte sich ihrer nicht.
Es wurde dunkler.
Die letzten Sonnenstrahlen ergossen sich über die Reisenden, es war ein Schwindel jetzt zu gla u ben, sie seien an einem schönen Ort. Langsam wurde die hügelige Landschaft, die aus vielen Waldanhäufungen und Lichtungen bestand , von einer Gold und Silber beschienen en Corona umrandet. Der Wald legte sich schlafen und veränderte seine Geräuschkulisse. Dem hellen V o gelgezwitscher wichen knackende Äste und unheimliche Tierrufe. D ie letz ten Licht rahmen um Baum- und Hügelspitzen erloschen, als wäre das Licht wie von Geisterhand ausgeknipst worden .
Es war dunkel.
Ta schenlampen wurden eingeschaltet und mit zitterndem Licht wurde die Reise fortgesetzt. Auf einmal läutete das Handy. Es war wieder die sentimentale Stimme Leonard Cohens zu hören . Der Song erinnerte Christiane an das Konzert, das sie mit ihrem schwulen Ehemann auf ihr Drängen hin besucht hatte. Tanz Männchen, tanz!
Franz hielt das Handy in der Hand, er sah seine Mitreisenden an und sagte: „Ich werde jetzt a b heben.“
Staunen machte sich in ihre n Gesichter n , die von den Taschenlampen, die heftig hin und her zuckten, ang e schienen wurde n , breit . Franz hob ab.
„Ja! Hallo?“
„Ihr Partner für eine schöne und erholsame Reise meldet sich:
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