Leben, um davon zu erzählen
Verkauf ein morgendlicher Besuch bei diesen aus, der sich bis zum Mittagessen hinzog, dieweil man Episoden aus der Familiengeschichte heraufbeschwor. Einige Käufer unterschrieben den Vertrag, ohne ihn gelesen zu haben, um rechtzeitig zu der Sippe zu stoßen, die uns unter Akkordeonklängen zum Essen erwartete. Zwischen Valledupar und La Paz fuhr ich in knapp einer Woche eine reiche Ernte ein und kehrte mit dem bewegenden Gefühl nach Barranquilla zurück, am einzigen Ort der Welt gewesen zu sein, den ich wirklich verstand.
Am 13. Juni saß ich frühmorgens in einem Autobus und fuhr wer weiß wohin, als ich hörte, dass die Streitkräfte angesichts des Chaos, das in der Regierung und im ganzen Land herrschte, die Macht übernommen hatten. Am 6. September des vergangenen Jahres hatte eine Meute aus konservativen Schlägertrupps und uniformierten Polizisten in Bogotá die Gebäude von El Tiempo und El Espectador, den beiden wichtigsten Zeitungen des Landes, in Brand gesteckt und die Residenzen von Expräsident Alfonso López Pumarejo und von Carlos Lleras Restrepo, dem Parteivorsitzenden der Liberalen, beschossen. Letzterer, der als hart durchgreifender Politiker bekannt war, hatte sich noch einem Schusswechsel mit den Aggressoren gestellt, musste aber schließlich über die Hecke eines Nachbarhauses fliehen. Die Lage, von der staatlichen violencia geprägt, unter der das Land seit dem 9. April litt, war untragbar geworden.
Bis zum Morgengrauen jenes 13. Juni, als Divisionsgeneral Gustavo Rojas Pinilla den kommissarischen Präsidenten, Roberto Urdaneta Arbeláez, aus dem Palast jagte. Laureano Gómez, der Amtsinhaber, der sich aufgrund des Rats seiner Ärzte in den vorläufigen Ruhestand hatte versetzen lassen, gab sich einen Ruck und nahm im Rollstuhl die Regierungsgeschäfte wieder auf, gewillt, die fünfzehn Monate bis zum Ende seiner Amtsperiode in der Regierung durchzustehen. Aber Rojas Pinilla und sein Regimentsstab waren gekommen, um zu bleiben.
Als die Verfassunggebende Versammlung den Militärputsch legitimierte, wurde sie im Lande unmittelbar und einstimmig unterstützt. Rojas Pinilla wurde bis zum Ende der Amtsperiode im August des darauf folgenden Jahres mit Regierungsvollmachten ausgestattet, und Laureano Gómez reiste mit seiner Familie nach Benidorm an der spanischen Ostküste und hinterließ den illusorischen Eindruck, dass die Zeiten der Raserei vorbei waren. Die Patriarchen der Liberalen erklärten ihre Unterstützung für ein Programm der nationalen Versöhnung und riefen ihre Parteifreunde im ganzen Land dazu auf, es ihnen gleichzutun. Das bezeichnendste Foto, das die Zeitungen in den folgenden Tagen veröffentlichten, zeigte fortschrittliche Liberale, die dem Präsidenten unter dem Balkon seines Zimmers ein Ständchen brachten. Sie wurden bei dieser Ehrung von Don Roberto García Pena angeführt, der als Direktor von El Tiempo ein erbitterter Gegner des abgesetzten Regimes war.
Das bewegendste Bild jener Tage zeigte jedoch eine endlose Schlange von liberalen Guerrilleros, die in den Llanos im Osten unter dem Kommando von Guadalupe Salcedo ihre Waffen abgaben. Salcedos Bild eines romantischen Räuberhauptmanns war tief ins Herz der von der staatlichen violencia heimgesuchten Kolumbianer gedrungen. Es handelte sich um eine neue Generation von Kämpfern gegen das konservative Regime, die irgendwie als die letzten Versprengten des Kriegs der Tausend Tage verstanden wurden und die mit den legalen Führern der liberalen Partei keineswegs heimliche Beziehungen pflegten.
Mit Guadalupe Salcedo, der die Guerrilla anführte, hatte sich überall und auf allen Ebenen, positiv oder negativ, ein neuer Mythos etabliert. Vielleicht wurde Salcedo deshalb -vier Jahre nachdem er sich ergeben hatte - irgendwo in Bogotá von der Polizei niedergeschossen, der genaue Ort und die Umstände seines Todes sind nicht mit letzter Sicherheit bekannt.
Das offizielle Todesdatum ist der 6. Juni 1957, und der Leichnam wurde in einer feierlichen Zeremonie in einer nummerierten Gruft des Zentralfriedhofs in Bogotá in Anwesenheit bekannter Politiker bestattet. Schließlich hatte Guadalupe Salcedo von seinen Kriegsquartieren aus nicht nur politische, sondern auch persönliche Beziehungen zu den liberalen Führern im Unglück unterhalten. Es gibt jedoch mindestens acht unterschiedliche Versionen über seinen Tod und immer noch Ungläubige, aus jener und dieser Zeit, die sich fragen, ob es wirklich Salcedos Leiche war und wer
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