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Leben, um davon zu erzählen

Leben, um davon zu erzählen

Titel: Leben, um davon zu erzählen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel García Márquez
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Gedichtband von León de Greiff, einen Verlag eröffnet. Die Ausgabe war vorzeigbar, und man hone nur Gutes über Lisman Baum. Also gab ich ihm in aller Eile eine stark korrigierte Ausgabe von Laubsturm, und wir machten aus, dass wir über alles andere später sprechen würden. Insbesondere übers Geld - das Einzige, worüber wir am Ende nie gesprochen haben. Cecilia Porras malte, ausgehend von meiner Beschreibung der Figur des Jungen, einen originellen Umschlag - für den sie auch nie bezahlt wurde. Die Druckerei von El Espectador stiftete das Klischee für die Farbillustration.
    Ich hörte erst fünf Monate später wieder von dem Buch, als nämlich der Verlag Sipa aus Bogotá, der mir völlig unbekannt war, mich in der Redaktion anrief, um mir mitzuteilen, dass die Auflage von viertausend Exemplaren fertig zur Auslieferung sei, sie aber nicht wüssten, was sie damit anfangen sollten, da man Lisman Baum nicht auftreiben könne. Nicht einmal die Reporter der Zeitung fanden seine Spur, und bis zum heutigen Tage blieb er unauffindbar. Ulises schlug dem Verlag vor, die Bücher an die Buchhändler zu verkaufen und sich dabei auf die Pressekampagne zu berufen, die er selbst mit einem Beitrag initiierte, für den ich ihm immer noch nicht genug danken kann. Die Kritiken waren hervorragend, doch der größte Teil der Auflage verstaubte im Lager, und es konnte nie festgestellt werden, wie viele Exemplare verkauft worden waren, und ich habe auch nie einen Centavo für meine Autorenrechte bekommen.
    Vier Jahre später nahm Eduarde Caballero Calderon, der die Biblioteca Básica de Cultura Colombiana leitete, eine Taschenbuchausgabe von Laubsturm in eine Reihe auf, die in Bogotá und anderen Städten an Kiosken verkauft wurde. Er zahlte pünktlich die vereinbarten Rechte, die zwar nur gering waren, für mich aber den sentimentalen Wert hatten, dass es das erste Geld war, das ich mit einem Buch verdiente. Die Ausgabe wies einige Änderungen auf, die eindeutig nicht von mir waren, aber ich sorgte auch nicht dafür, dass sie in folgenden Auflagen ausgemerzt wurden. Als ich fast dreizehn Jahre später nach dem Erscheinen von Hundert Jahre Einsamkeit in Buenos Aires in Kolumbien Station machte, entdeckte ich an den Kiosken zahlreiche Exemplare der ersten Auflage von Laubsturm zu einem Peso das Stück. Ich kaufte so viele Exemplare, wie ich tragen konnte. Seitdem habe ich in Buchhandlungen in Lateinamerika immer mal wieder vereinzelte Restexemplare gefunden, die man als historische Ausgaben zu verkaufen versuchte. Vor etwa zwei Jahren hat ein englisches Antiquariat eine signierte Erstausgabe von Hundert Jahre Einsamkeit für dreitausend Dollar verkauft.
    Keines jener Ereignisse befreite mich damals auch nur einen Augenblick aus meiner journalistischen Mühle. Der Anfangserfolg der Fortsetzungsreportagen zwang uns, nach weiterem Futter für eine unersättliche Bestie zu suchen. Der tägliche Druck war kaum auszuhalten, nicht nur bei der Ausschau nach Themen, mit denen sich die Leser identifizieren konnten, sondern auch beim Schreiben, das stets von den Verlockungen der Fiktion bedroht war. In El Espectador gab es aber keinen Zweifel: Der unveränderliche Rohstoff des Handwerks hatte die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sein, und das hielt uns in einer kaum erträglichen Anspannung. José Salgar und ich wurden geradezu süchtig davon, so dass wir keinen Augenblick des Friedens hatten, nicht einmal am sonntäglichen Ruhetag.
    Eine Meldung des Jahres 1956 war, dass der Papst an einem lebensbedrohenden Anfall von Schluckauf litt. Der einzige ähnliche Fall, an den ich mich erinnere, kommt in der meisterhaften Erzählung P & O von Somerset Maugham vor, deren Held mitten auf dem Indischen Ozean an einem fünftägigen ihn erschöpfenden Anfall von Schluckauf stirbt, während aus aller Welt die absonderlichsten Rezepte eintreffen, eine Geschichte, die mir damals aber wohl kaum bekannt war. An den Wochenenden wagten wir nicht, uns bei unseren Ausflügen durch die Dörfer der Savanne allzu weit von der Stadt zu entfernen, da die Zeitung für den Fall, dass der Papst starb, eine Extraausgabe geplant hatte. Wie andere war auch ich dafür, die Ausgabe so weit vorzubereiten, dass nur noch der nötige Platz für die ersten telegrafischen Meldungen über den Tod frei blieb. Zwei Jahre später, als ich Korrespondent in Rom war, wartete man immer noch auf ein Ende des päpstlichen Schluckaufs.
    Ein anderes mich bedrückendes Problem war, dass in

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