Lebendig und begraben
nicht wieder heraus, und der Schmerz schoss von der Schädeldecke aus bis hinunter in seine Fußsohlen. Hitze verbreitete sich über seinen ganzenKörper, dachte er jedenfalls, bis er bemerkte, dass in Wahrheit sein Schließmuskel versagt hatte.
Völlig verzweifelt schrie er: »Denken Sie doch an das Geld!«
Aber da war das Messer schon tief in seinen Bauch eingedrungen. Er wehrte sich gegen die stählerne Umarmung des
Zeks
und würgte an etwas Heißem, das ihm in der Kehle brannte.
Draußen heulte der Wind. Regen prasselte auf die Schindeln. Aus dem Regen war ein Sturzbach geworden.
»Das tue ich«, sagte der
Zek
.
»Was wollen Sie?«, schrie Chuzhoi. »Mein Gott, was wollen Sie von mir?«
»Darf ich mir Ihr Telefon ausleihen?«, fragte der
Zek
. »Ich würde gern einen Anruf tätigen.«
79. KAPITEL
»Legen Sie das Gespräch auf den Lautsprecher«, sagte ich Nawrozow.
Das war er nun. Der Anruf, der uns entweder die Nachricht bringen würde, dass die Entführung erfolgreich abgeblasen worden war, oder …
Nawrozow war sofort am Apparat. »
Da
?«
»Lautsprecher«, wiederholte ich.
»Ich weiß nicht, wie das geht«, sagte er zu mir.
Ich nahm ihm das Handy aus der Hand, drückte den Lautsprecherknopf und hörte etwas Seltsames, Unerwartetes.
Einen Schrei.
Und dann die Stimme eines Mannes, der etwas auf Russisch sagte.
Ich konnte natürlich nur den Tonfall und den Klang seinerStimme verstehen, aber der Mann hörte sich ruhig und professionell an.
Im Hintergrund war ein durchgehendes Wimmern zu hören. Ein Wortschwall, der wie ein Flehen klang. Ich legte das Telefon auf den Schreibtisch und sah zu Nawrozow, in dessen Gesicht sich Verwunderung abzeichnete.
Er beugte sich über das Telefon, weil er das Konzept der Freisprecheinrichtung noch nicht ganz begriffen hatte, und sagte: »
Kto eto
?«
Die ruhige Stimme am anderen Ende sagte: »
Vyi menya nye znayete
.«
»Shto proiskhodit?«
, fragte Nawrozow.
»Wer ist das?«, wollte ich wissen.
»Er sagt, dass der Mittelsmann gerade nicht sprechen kann, dass er ihm aber etwas ausrichten will.«
Plötzlich wurde das Wimmern im Hintergrund lauter und verwandelte sich in einen hohen, fast weiblichen Schrei, bei dem sich meine Nackenhaare aufrichteten. Ein merkwürdiges Gurgeln und wieder ein Wortschwall:
»Ostanovit’! … Ya proshu … pazhaluistia prekratitye! Shto tyi khochish? … Bozhe moi!«
Nawrozow sah erschrocken aus. Sein Gesicht hatte sich errötet, und seine Gesichtszüge waren beim Zuhören eingefallen.
»Nye magu … nye … magu …«
Die flehende Stimme im Hintergrund schien immer schwächer zu werden.
»Wer ist das?«, wollte ich wissen.
Dann kam die ruhige Stimme wieder aus dem Lautsprecher. »Ist da jemand bei Ihnen?«, fragte der Mann, diesmal auf Englisch. »Sagen Sie Mr. Nawrozow, dass sein Angestellter leider nicht länger in der Lage ist, ihm Bericht zu erstatten. Auf Wiedersehen.«
Ein paar Sekunden lang war es ganz still, ehe ich begriff, dass die Verbindung getrennt worden war.
Ich fühlte mich elend. Ich wusste, dass es zum Äußersten gekommen war. Nawrozow wusste es auch. Er schleuderte das Handy quer durch den Raum. Es knallte gegen eine Nachttischlampe, die daraufhin auf den Teppichboden fiel. Sein Gesicht war finster und fleckig. Dann ließ er eine ganze Flut russischer Obszönitäten ab.
»Der Bastard meint, er kann sich mir widersetzen!«, sagte Nawrozow, während ihm die Spucke aus dem Mund flog.
Die Zimmertür flog auf, und seine Sicherheitsleute stürmten herein. Der Vordermann hielt eine Waffe in seiner rechten und eine Schlüsselkarte in seiner linken Hand. Sie hatten es geschafft, sich vom Empfang ein Duplikat machen zu lassen.
»Dieser Hund bringt einfach meinen Angestellten um!«
Die Sicherheitsleute verschafften sich einen kurzen Überblick, um sich zu vergewissern, dass ich ihrem Boss nichts angetan hatte. Dann, vermutete ich, murmelten sie ein paar flüchtige Entschuldigungen und zogen sich wieder aus dem Zimmer zurück.
»Wer war das?«, fragte ich.
»Das ist doch der Sinn eines Mittelsmannes!«, schrie er. »Ich
weiß
nicht, wer das ist.«
»Wissen Sie denn,
wo
er ist?«
»Ich sagte es Ihnen bereits. Irgendwo in New Hampshire!«
»Eine halbe Autostunde von Maine entfernt«, sagte ich. »Richtig? So weit, so gut. Aber wissen Sie, ob er sich im nördlichen Teil des Bundesstaates oder im Süden oder wo auch immer befindet? Haben Sie wirklich keine Ahnung?«
Er antwortete nicht, und ich sah ihm
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