Lebendig und begraben
Lutschpastillen, nahm eine und warf sie sich in den Mund.
Dann schluckte er sie herunter.
»Meine Herren«, sagte er mit einem erlösten Lächeln. »Bitte treten Sie ein.«
Er stand jedoch nicht auf, was gar nicht seine Art war.
»David, es tut mir leid«, sagte Marcus.
Ich drehte mich um und sah, dass Schechter mich mit unbeweglichen Augen anstarrte. Aus seinem Mund trat Schaum. Ich konnte Mandeln riechen.
»Hat irgendjemand eine Notfallausrüstung?«, schrie ich.
Ein paar FBI-Agenten stürmten herein. Einer von ihnen überprüfte Schechters Puls an seinem Handgelenk und an seinem Hals. Dann schüttelte er den Kopf.
David Schechter hatte sich schon immer damit gebrüstet, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.
Mir scheint, am Ende behielt er recht.
112. KAPITEL
Im Frühherbst nahm ich Diana mit auf eine Spritztour. Sie wollte das Herbstlaub von New England sehen. Ich hatte mich noch nie besonders für Blätter interessiert, obwohl der flammende Rote Ahorn ziemlich spektakulär aussah.
Besondere Pläne hatte sie nicht, sie wollte nur dorthin fahren. Ich schlug New Hampshire vor, wo die Bäume schon etwas weiter waren.
Keiner von uns erwähnte das letzte Mal, als wir beide zusammen in New Hampshire gewesen waren.
Wir waren schon einige Zeit auf der Straße unterwegs, als ich sagte: »Ich habe etwas für dich.«
»Oho.«
»Wirf mal einen Blick ins Handschuhfach.«
Sie schaute mich verwundert an, dann öffnete sie es und holte eine kleine Schachtel heraus, die mehr schlecht als recht in Geschenkpapier eingewickelt war.
Sie hielt sie hoch und tat so, als bewunderte sie die kunstvolle Verpackung. »Na, du bist ja ein richtiger Verpackungskünstler«, neckte sie mich.
»Ist nicht gerade meine Spezialität«, meinte ich. »Wie man sieht.«
Dann riss sie die Verpackung auf und schnappte erstaunt nach Luft.
»Ich fasse es nicht«, sagte sie und starrte auf den achteckigen, schwarzen Parfümflakon. »Wo zum Teufel hast du denn Nombre Noir herbekommen? Und gleich so einen großen Flakon? Und noch versiegelt? Bist du
wahnsinnig
?«
»Ich wollte ihn dir schon vor Jahren geben«, sagte ich.
Sie beugte sich herüber und gab mir einen Kuss. »Ich hatte auch schon nicht mehr damit gerechnet, jemals so etwas in Händen zu halten. Als ich das letzte Mal bei Ebay geschaut habe, kostete ein halb so großes Fläschchen Nombre Noir über siebenhundert Dollar. Wo hast du es
herbekommen
?«
»Erinnerst du dich noch an meinen Freund, den jordanischen Waffenhändler?«
»Samir?«
»Genau. Samir hat es für mich gefunden. Einer seiner Kunden ist ein Scheich in Abu Dhabi, der einen Vorrat davon in einem klimatisierten Lager vorrätig hatte.«
»Bestell Samir meinen Dank.«
»Oh, das habe ich, glaub mir. Er hat so getan, als hätte ich ihn um einen Atomsprengkopf gebeten. Aber als er es mir dann ausgehändigt hat, warst du schon weg.«
»Du hättest es mit der Post nachschicken können.«
»Ich verlasse mich nicht auf die Post«, log ich.
Diana hatte mir einmal erzählt, dass Nombre Noir eines der besten Parfüms war, die jemals hergestellt worden waren. Aber inzwischen konnte man es nirgendwo mehr finden. Anscheinend hatte die Herstellerfirma bei jeder Flasche zugesetzt. Und dann entschied die Europäische Union in ihrer unendlichen Weisheit, einen der Hauptinhaltsstoffe zu verbieten, und zwar das sogenannte Damascone, weil es bei einem sehr geringen Prozentsatz von Menschen Sonnenallergie hervorrufen konnte. Die Firma sammelte in einer Rückrufaktion jede verfügbare Flasche ein und zerstörte sie alle, indem sie eine Dampfwalze darüberfahren ließ.
Von dem Augenblick an, wo Diana mir erzählte, dass es unmöglich war, noch etwas davon zu bekommen, setzte ich meinen Ehrgeiz daran, doch noch etwas für sie aufzutreiben.
»Na ja, das geschieht mir recht dafür, dass ich einfach weggezogen bin, ohne dir Bescheid zu sagen.
»Ja, so in etwa.«
»So, na, wo wir gerade dabei sind. Man hat mir eine Führungsposition als Special Agent in Miami angeboten«, sagte sie.
»He, das ist ja ein tolles Angebot«, entgegnete ich mit allem Enthusiasmus, den ich vortäuschen konnte. »Herzlichen Glückwunsch. Miami könnte großartig werden.«
»Danke.«
»So ein Angebot kann man kaum abschlagen«, bemerkte ich.
Die lastende Stille schien ewig zu dauern.
»Und was ist mit Gordon Snyders Posten?«
Snyders Vorgesetzte waren nicht so glücklich darüber gewesen, dass er mir ohne Gerichtsbeschluss einen nicht
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