Lebendig und begraben
Alexa zum ersten Mal entführt wurde, hast du behauptet, du hättest keine Ahnung, wer dahinterstecken könnte. Du wusstest, dass es die Männer von David Schechter waren, die kurz ihre Muskeln spielen lassen wollten. Weil du auch weiterhin das tun solltest, was man dir sagte. Ich glaube allerdings, dass deine letzte Frau gewisse Vermutungen hatte. Vielleicht war das auch einer der Gründe, warum Annelise nicht mehr mit dir zusammenleben konnte.«
Er zögerte ein paar Sekunden, in denen er offenbar entschied, nichts abzustreiten. »Sieh mal, wenn es hier um Geld geht, ist alles in Ordnung. Ich werde deine Rechnung vollständig bezahlen.« Seine Mundwinkel zuckten bei dem Versuch, ein winziges Lächeln zu verbergen.
Ich lachte. »Wie gesagt, Marcus, es gibt pleite, und es gibt
pleite
. Seit heute Morgen um neun Uhr bist du tatsächlich finanziell ruiniert. Frag ruhig nach bei der Royal Cayman Bank and Trust. Die gesamten fünfundvierzig Millionen Dollar wurden heute Morgen abgebucht.«
»Es ist
weg
?« Marcus ließ sich aufs Sofa fallen und fing an, vor und zurück zu schaukeln. So als ob er kurz davor stünde, entweder zu beten oder zu weinen. »Wie konnte mir das nur
wieder
passieren?«
»Nun«, sagte ich. »Vielleicht war es nicht gerade die schlaueste Idee, alles auf Belindas Namen laufen zu lassen.«
110. KAPITEL
David Schechter wollte sich mit mir treffen, ehe das FBI in seinem Büro auftauchte. Er sagte, dass es sich um eine dringende Angelegenheit handelte.
»Ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte er. Er saß in seinem wackeligen, antiken Stuhl hinter dem winzigen, antiken Tisch.
»Wofür?«
»Ich habe überreagiert und werde der Letzte sein, der das bestreitet. Ich hätte von vornherein ehrlich zu Ihnen sein müssen. Sie sind ein vernünftiger Mann. Eigentlich sogar mehr als das: Sie sind ein wahrer amerikanischer Held.«
Er starrte mich mit einem Ausdruck tiefster Bewunderung an, so als ob ich ein bedeutender Staatsmann wie Winston Churchill wäre. Oder vielleicht Mick Jagger.
»Das ist sehr nett von Ihnen«, sagte ich. »Ich nehme Ihre Entschuldigung an.«
»Gerade Sie müssten doch verstehen, dass unsere nationale Sicherheit niemals in Gefahr geraten darf.«
»Keine Frage«, sagte ich.
»Ich habe Marshall schon eingeschärft, wie wichtig es ist, dem FBI nichts über Mercury zu erzählen, solange es für die Untersuchungen nicht relevant ist.«
»Warum muss Mercury vor dem FBI geheim gehalten werden?«
»Nick, Sie wissen doch, wie das in Washington funktioniert. Wenn jemals ans Licht kommt, dass zehn Milliarden Dollar aus den schwarzen Kassen des Militärs verloren gegangen sind, weil sie privat investiert wurden – lieber Gott, das wäre so, als würden wir eimerweise Köder ins Meer schütten. Die Haie würden meilenweit herbeigeeilt kommen.Sie waren Soldat. Können Sie sich vorstellen, welchen Schaden eine solche Enthüllung unserer nationalen Sicherheit zufügen würde?«
»Nicht wirklich.«
Schechter blinzelte eulenhaft über den Rand seiner Hornbrille. »Begreifen Sie denn wirklich nicht, was für ein Riesenskandal sich daraus ergeben würde?«
»Doch, natürlich. Er wird riesig sein, klar. Eine Menge Leute werden sich darüber wundern, wie Sie dem Pentagon das viele Geld stehlen konnten.«
Er lächelte.
111. KAPITEL
In einer Suite des Mandarin-Hotels hatte ich nämlich endlich die wahre Geschichte erfahren.
»Sie müssen sich vorstellen«, erklärte mir Roman Nawrozow, »wie frustrierend es für mich ist, am Spielfeldrand zu sitzen, über Milliarden von Dollars und Milliarden von Euro zu verfügen, die ich bereitwillig in die amerikanische Wirtschaft investieren würde, aber jedes einzelne meiner Geschäfte wird von den US-Behörden blockiert. Während sich Amerika gleichzeitig an jedes andere Land der Welt verkauft. Und dazu gehören sogar seine erklärten Feinde.«
»Jetzt übertreiben Sie aber ein wenig«, hatte ich erwidert.
»Zehn Prozent von Amerika gehört den Saudis, wussten Sie das? Und schauen Sie sich an, was die mit dem World Trade Center gemacht haben. Die chinesischen Kommunisten besitzen die meisten US-Staatsanleihen. Ein paar eurer wichtigsten Rüstungslieferanten gehören ausländischen Konzernen. Aber wenn ich ein amerikanisches Stahlwerk, ein Unternehmen aus der Energiebranche oder eine Computerfirma kaufen will, dann lehnen eure Behörden das ab.Ein paar anonyme Bürokraten im Finanzministerium behaupten, es würde eure nationale Sicherheit
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