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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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sah nicht direkt in die Kamera, sondern ein Stück daneben, so als wüsste sie nicht genau, wo die Linse sich befand. »Dad?«
    »Lexie?«, antwortete Marcus. »Daddy ist hier.«
    »Sie kann Sie immer noch nicht hören«, erklärte Dorothy.
    »Daddy, sie lassen mich nicht gehen, wenn du ihnen nicht irgendetwas gibst, okay?«
    Das Bild stockte etwas und wackelte. Es war keine besonders hohe Qualität. Wie Fernsehempfang, bevor es Kabel gab.
    »Und … zunächst mal, sie sagen, wenn du die Polizei verständigst oder so etwas, dann werden sie einfach …«
    Sie blinzelte hastig, und ihr liefen die Tränen über die Wangen. Dann schüttelte sie sich.
    »Mir ist so kalt, und ich habe so eine Angst, dass ich zu schwach bin und nichts ändern kann«, sagte sie plötzlich, fast monoton. »Ich … ich wälze mich an dem dunkelsten Ort und … ich will nicht mehr hier sein, Daddy.«
    »Mein Gott«, stieß Dorothy hervor.
    »Ruhe!«, befahl Marcus.« Bitte!«
    Es rumpelte, und plötzlich löste sich das Bild in Pixel auf. Es erstarrte, verwandelte sich in tausend winzige Vierecke, die auseinanderbrachen, und eine Sekunde später wurde der Bildschirm dunkel.
    »Nein!«, sagte Marcus. »Nicht schon wieder! Was soll das?«
    Doch dann war das Video wieder da. »Sie wollen
Mercury,
Daddy, okay?«, sagte Alexa gerade. »Du musst ihnen
Mercury
in der Urfassung geben. Ich … ich weiß nicht, was das bedeutet. Aber sie sagen, du wüsstest es. Bitte, Daddy, ich glaube nicht, dass ich das hier noch lange aushalten kann.«
    Dann wurde der Bildschirm wieder dunkel. Wir warteten ein paar Sekunden, aber diesmal kam das Bild nicht zurück.
    »War das alles?« Marcus blickte hastig von mir zu Dorothy und wieder zurück. »Ist das das Ende des Videos?«
    »Ich bin sicher, dass dies nicht das letzte Video gewesen ist«, erklärte ich.
    »Das war mit Sicherheit eine IR-Kamera«, erklärte Dorothy. Sie meinte Infrarot, was den monochromen, grünlichen Schimmer des Videos erklärte. Eine solche Videokamera hatte eine eingebaute Infrarotlichtquelle, die das menschliche Auge nicht wahrnehmen konnte.
    »Sie halten sie in vollkommener Dunkelheit gefangen«, erklärte ich.
    »Meine kleine Lexie!«, schrie Marcus. »Was tun diese Leute ihr an? Wo ist sie?«
    »Sie wollen nicht, dass wir das jetzt schon wissen«, anworteteich. »Diese Grausamkeit, dieses Nichtwissen, verstärken den Druck.«
    Marcus legte eine Hand über seine Augen. Seine Unterlippe zitterte, sein Gesicht war gerötet. Er schluchzte lautlos.
    »Ich glaube, dass sie irgendwo liegt«, erklärte Dorothy. »Jedenfalls wenn ich bedenke, wie ihr Gesicht aussah.«
    »Was ist mit dem Bild am Ende passiert?«, erkundigte ich mich.
    »Vielleicht ein Übertragungsfehler.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Ist Ihnen dieses dumpfe Geräusch aufgefallen? Es klang wie ein Wagen oder ein Laster, ganz in der Nähe.«
    Sie nickte. »Vielleicht ein großer, alter Lastwagen. Wahrscheinlich gibt es Verkehr in der Nähe. Möglicherweise sind sie direkt neben einer Hauptstraße oder einem Highway.«
    »Nein«, meinte ich. »Keine Hauptstraße, keine viel befahrene Straße. Das war das erste Auto, das wir gehört haben. Das sagt uns, dass sie zwar in der Nähe einer Straße ist, aber keiner besonders verkehrsreichen.« Ich drehte mich zu Marcus herum. »Was ist Mercury?«
    Er nahm die Hand von den Augen. Sie waren gerötet und tränenüberströmt. »Keine Ahnung.«
    »Und was sollte das heißen: ›Ich bin zu schwach und kann nichts ändern‹ und ›Ich wälze mich an dem dunkelsten Ort‹?«
    »Woher zum Teufel soll ich das wissen?«, erwiderte er phlegmatisch. Er räusperte sich. »Sie ist fast wahnsinnig vor Angst.«
    »Aber so redet sie doch normalerweise nicht, hab ich recht?«
    »Sie hat schreckliche Angst. Sie hat einfach nur … geplappert!«
    »Hat sie vielleicht ein Gedicht rezitiert?«
    Marcus sah mich verständnislos an.
    »Es klang so, als würde sie auf etwas anspielen. Als würde sie etwas zitieren. Kommt dir das überhaupt nicht bekannt vor?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ein Buch?«, schlug ich vor. »Vielleicht etwas, was du ihr vorgelesen hast, als sie noch ein kleines Mädchen war?«
    »Ich … weißt du …« Er stockte. »Weißt du, ihre Mutter hat ihr Bücher vorgelesen. Und deine Mutter. Ich … ich habe das nie gemacht. Ich war ja eigentlich kaum zu Hause.«
    Dann legte er erneut eine Hand über seine Augen.
     
    Als wir von Marcus’ Besitz wegfuhren, der mittlerweile mit all den

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