Lebendig und begraben
rückte Mauricios STI-Pistole in meinem Hosenbund zurecht. Seit ich sie aus Mauricios Apartment mitgenommen hatte, verwahrte ich sie im Handschuhfach meines Defenders.
Ich konnte zwar keine Überwachungskameras im Fahrstuhl ausmachen, aber man konnte sich nie sicher sein, ob nicht doch welche installiert waren; deshalb nahm ich die Pistole nicht heraus.
Einen Moment später öffneten sich die Stahltüren des Aufzugs langsam zu einem indirekt beleuchteten Serviceflur im 48. Geschoss. Das war offenkundig nicht der Eingang, den die Mandanten oder die Anwälte der Kanzlei benutzten. Ich rollte den Teppichshampoonierer heraus und sahvier Stahltüren. Jede war der Serviceeingang einer anderen Firma. Jede war mit einem schwarzen, geprägten Namensschild versehen.
Das Namensschild für Batten Schechter war das Einzige, neben dem ein elektronischer Ziffernblock montiert war. David Schechters Kanzlei hatte offenbar Grund für besondere Sicherheitsmaßnahmen.
Aus meinem Seesack zog ich eine lange, flexible Metallrute. Sie hatte einen 90-Grad-Winkel und an einem Ende einen Haken. Es handelte sich um ein Spezialwerkzeug namens Leverlock, das nur an Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen und staatlichen Behörden verkauft wurde.
Ich kniete mich hin, schob die Rute unter der Tür durch, drehte sie um und schob sie nach oben, bis ich den Türdrücker an der Innenseite zu fassen bekam. Dann zog ich ihn herunter.
So viel zum schicken Ziffernblock.
Ich befand mich jetzt in so etwas wie einem rückwärtigen Korridor, in dem die Kanzlei Büromaterial, Reinigungsgerätschaften und Ähnliches lagerte. Ich stellte meinen Teppichshampoonierer an eine Wand und ging im schwachen Schein der Notbeleuchtung weiter.
Es war, als käme man aus dem billigsten Zwischendeck in den Prunksaal der
Queen Mary
. Weicher Teppichboden, Mahagonitüren mit Messing-Namensschildern und antike Möbel.
Als namensgebender Partner der Anwaltssozietät belegte David Schechter das Eckbüro. In einer Nische vor den Doppeltüren aus Mahagoni, die ins Allerheiligste führten, befanden sich der Schreibtisch der Sekretärin und eine kleine Couch mit einem Beistelltisch. Die Doppeltür war abgeschlossen.
Dann sah ich einen weiteren elektronischen Ziffernblock,der auf Augenhöhe dezent am Türrahmen befestigt war. Eigenartig. Das bedeutete, dass Schechters Büro wahrscheinlich nicht von der Crew gereinigt wurde, die das übrige Gebäude sauber machte.
Außerdem konnte man daraus schließen, dass sich im Inneren etwas befinden musste, dass es wert war, geschützt zu werden.
Die Chancen standen nicht schlecht, dass die Kombination für das Digitalschloss irgendwo auf einem Post-it in der Schreibtischschublade der Sekretärin zu finden war.
Es würde allerdings schneller gehen, wenn ich, anstatt lange danach zu suchen, gleich den Leverlock benutze.
Die ganze Sache lief fast schon zu glatt.
Ich holte einen schwarzen Transportbehälter aus dem Rucksack. Darin lag, zusammengerollt in einer Schaumstoffschale, ein Endoskop. So, wie es da lag, sah es aus wie eine Metallschlange. In einer Schlauchhülle aus geflochtenem Wolfram befand sich ein Glasfaserkabel von zwei Metern Länge und einem Durchmesser von weniger als sechs Millimetern. Im Irak benutzten Bombenräumkommandos solche Geräte, um nach versteckten Sprengkörpern zu suchen. Ich bog einen Winkel in das Kabel, schraubte das Okular an, montierte noch eine Halogen-Lichtquelle und schob die Sonde dann unter der Tür durch. Ein Hebel am Griff ermöglichte mir, sie wie einen Elefantenrüssel hin und her zu schwenken. Nun konnte ich erkennen, was sich auf der anderen Seite der Tür befand. Ich ging etwas weiter nach oben und untersuchte die Wand, die sich gegenüber der Tür befand. Dort schien nichts befestigt zu sein. Als ich die Sonde dann aber auf die andere Seite des Türrahmens ausrichtete, sah ich ein rotes LED-Licht, das kontinuierlich brannte.
Ein Bewegungsmelder.
Es war ein passiver Infrarot-Sensor. Er konnte die geringsteÄnderung der Raumtemperatur registrieren, wie sie zum Beispiel durch die Wärme verursacht wird, die ein menschlicher Körper ausstrahlt. Es war zwar ein handelsübliches, aber dennoch nicht leicht auszutricksendes Gerät.
Ein durchgehend leuchtendes Lämpchen bedeutete, dass der Sensor scharf geschaltet und einsatzbereit war.
Ich fluchte laut.
Es gibt Methoden, um an diesen Dingern vorbeizukommen. Ich erinnerte mich an Tricks, von denen ich gehört hatte, obwohl das nicht mein Fachgebiet
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