Lebens-Mittel
essen, und sehr oft entwickelt sich eine Beziehung gegenseitiger Abhängigkeit: Ich ernähre dich, wenn du meine Gene verbreitest . Ein langsamer Prozess wechselseitiger Anpassung verwandelt zum Beispiel einen Apfel oder einen Kürbis in ein nahrhaftes und schmackhaftes Futter für ein Tier. Im Lauf der Zeit und durch Versuch und Irrtum wird die Pflanze schmackhafter (und oft auffälliger), um die Bedürfnisse und Wünsche des Tieres zu befriedigen, während das Tier nach und nach die Verdauungsinstrumente (Enzyme zum Beispiel) erwirbt, die es braucht, um die Pflanze optimal zu verwerten.
Ähnlich war die Milch von Kühen nicht als nahrhaftes Lebensmittel für Menschen geplant; sie hat sie sogar krank gemacht, bis Menschen, die im Umfeld von Kühen lebten, die Fähigkeit entwickelten, als Erwachsene Milch zu verdauen. Das Gen für die Produktion des Milch verdauenden Enzyms, der Laktase, schaltete sich vorher bei Menschen kurz nach der Entwöhnung ab. Erst vor rund fünftausend Jahren kam es zu einer Mutation, die das Gen funktionieren ließ und sich unter den Vieh haltenden Populationen in Zentralnordeuropa schnell verbreitete. Warum? Weil die Menschen, die dieses neue mutierte Gen besaßen, nun Zugang zu einer neuen, herrlich nahrhaften Nahrungsquelle hatten und infolgedessen mehr Nachkommen hervorbringen konnten als die Menschen, denen es fehlte. Diese Entwicklung erwies sich sowohl für die Milchtrinker als auch für die Kühe als sehr vorteilhaft; die neue symbiotische Beziehung erhöhte ihre Zahl und verbesserte ihr Habitat (und ihre Gesundheit).
Gesundheit entsteht unter anderem dadurch, dass man Teil solcher Beziehungen in einer Nahrungskette ist – und beim Allesfresser Mensch sind das eine ganze Menge solcher Beziehungen. Wenn nun ein Glied der Nahrungskette irgendwelche Mängel hat, kann sich das folglich auf alle Geschöpfe in der Nahrungskette auswirken. Wenn der Boden krank oder arm ist, wird das Gras, das auf diesem Boden wächst, genauso sein, und ebenso das Vieh, das dieses Gras frisst, und schließlich die Menschen, die dessen Milch trinken. Genau das hatten Weston Price und Sir Howard im Sinn, als sie zwischen den scheinbar weit auseinanderliegenden Bereichen Boden und menschliche Gesundheit eine Verbindungslinie zogen. Unsere individuelle Gesundheit ist von der Gesundheit des gesamten Nahrungsnetzes nicht zu trennen.
In vielen Fällen führt die lange Vertrautheit zwischen einem Lebensmittel und seinen Essern zu komplexen Kommunikationssystemen die Nahrungskette hinauf und hinunter, sodass ein Geschöpf schließlich mit Hilfe seiner Sinne am Geschmack, am Geruch und an der Farbe der Lebensmittel erkennt, ob sie für es geeignet sind. Sehr oft schicken die Lebensmittel von sich aus solche Signale aus, denn es ist durchaus möglich, dass sie aus ganz egoistischen Gründen gegessen werden wollen. Obst zeigt seine Reife oft durch einen charakteristischen (angenehmen und über große Entfernungen wahrnehmbaren) Duft an oder durch seine Farbe (eine, die sich von dem allgemeinen Grün abhebt) oder durch seinen Geschmack (im Allgemeinen süß). Die Reife, das heißt der Zeitpunkt, zu dem die Samen der Pflanze bereit sind, auf Wanderschaft zu gehen und zu keimen, deckt sich gewöhnlich mit der höchsten Nährstoffkonzentration in der Frucht; die Interessen der Pflanze (will Transport der Gene) stimmen dann mit denen des Pflanzenessers (will Nahrung) überein. Wenn unser Körper solche Signale erhält und zu dem Schluss kommt, dass er diese Frucht wohl gefahrlos essen kann, produziert er vorweg genau die Enzyme und Säuren, die notwendig sind, um die Frucht aufzuspalten. Die Gesundheit hängt stark davon ab, dass man diese biologischen Signale zu lesen versteht: Das sieht reif aus; das riecht verdorben; diese Kuh macht einen guten Eindruck. Das geht leichter, wenn man mit einem Lebensmittel eine lange Erfahrung hat, und wird sehr viel schwieriger, wenn ein Nahrungsmittel mit dem ausdrücklichen Ziel entwickelt wurde, die Sinne mit künstlichen Geschmacksstoffen, synthetischen Süßungsmitteln und Ähnlichem zu täuschen. Lebensmittel, die unsere Sinne belügen, gehören zu den heikelsten Merkmalen der westlichen Ernährung.
Diese ökologischen Beziehungen finden zumindest in der ersten Instanz zwischen einem Esser und einem intakten Lebensmittel statt, und nicht zwischen einem Esser und einem Nährstoff oder einer chemischen Substanz. Auch wenn die betreffenden Lebensmittel im Körper schließlich zu
Weitere Kostenlose Bücher