Lebens-Mittel
Omega-3-Konzentrationen finden sich beim Menschen in den Geweben von Gehirn und Augen), für die Sehschärfe (was ihrer Rolle bei der Fotosynthese entspricht) und für die Durchlässigkeit der Zellwände, den Glucosestoffwechsel und die Entzündungslinderung. Omega-6-Fettsäuren sind an der Fettspeicherung beteiligt (eine Funktion, die sie auch bei der Pflanze wahrnehmen); an der Zellwandstabilität; an der Blutgerinnung und an der Entzündungsreaktion. Es hilft, wenn Sie sich die Omega-3-Fettsäuren als schnell und beweglich, die Omega-6-Fettsäuren als massig und langsam vorstellen. Weil die beiden Fettsäuren um Platz in den Zellwänden und um die Aufmerksamkeit verschiedener Enzyme konkurrieren, ist das Verhältnis zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung und also in unseren Geweben möglicherweise wichtiger als ihre absolute Menge. Deshalb kann zu viel Omega-6 genauso problematisch sein wie zu wenig Omega-3.
Für Menschen, die sich westlich ernähren, könnte das tatsächlich der Knackpunkt sein. Als das Fundament unserer Ernährung sich von den Blättern zu den Samen verschob, änderte sich auch das Verhältnis der Omega-6- zu den Omega-3-Fettsäuren. Gleiches gilt für die meisten Tiere, die wir essen; die industrialisierte Landwirtschaft hat ihnen das gewohnte Grünfutter genommen und ihnen eine reichhaltigere Samenkost vorgesetzt. Ergebnis war ein deutlicher Omega-3-Rückgang in modernem Fleisch, in Milchprodukten und Eiern und eine Zunahme an Omega-6. Gleichzeitig haben moderne Verfahren der Nahrungsmittelproduktion die Omega-3-Fettsäuren in unserer Ernährung weiter reduziert. Omega-3-Fette, die weniger stabil als Omega-6-Fette sind, werden schneller schlecht; die auf lagerfähige Nahrungsmittel eingeschworene Lebensmittelindustrie hat deshalb heftig gegen die These von der Bedeutung der Omega-3-Fettsäuren agitiert, bevor wir überhaupt wussten, was sie waren. (Erst in den 1980er Jahren wurde anerkannt, dass Omega-3-Fettsäuren für die menschliche Ernährung essenziell sind – da hatte sich die pauschale Feindseligkeit des Nutritionismus gegen jede Art von Fett bereits festgesetzt.) Jahrelang hatten Züchter ahnungslos Pflanzen für die Zucht ausgewählt, die weniger Omega-3-Säuren produzieren, weil diese Getreide nicht so schnell verderben. (Wild wachsendes Grünzeug wie etwa Sommerportulak hat einen wesentlich höheren Omega-3-Gehalt als die meisten Kulturpflanzen.) Und wenn Lebensmittelhersteller Öle teilweise hydrieren, um sie haltbarer zu machen, nehmen sie die Omega- 3-Säuren weg. Ein leitender Angestellter des Snackherstellers Frito-Lay sagte Susan Allport klipp und klar, Omega-3-Fettsäuren könnten wegen ihrer Oxidationsneigung »in weiterverarbeiteten Nahrungsmitteln keine Verwendung finden«.
Auch die offiziellen Ernährungsempfehlungen, die seit den 1970er Jahren auf uns einprasseln, haben dazu beigetragen, die Omega-3-Fettsäuren aus der Ernährung zu verbannen und den Anteil der Omega-6-Fettsäuren zu erhöhen. Die Empfehlungen haben nicht nur die Fette generell verteufelt, sondern uns auch ermuntert, von gesättigten Fetten tierischer Herkunft (von denen einige, zum Beispiel die Butter, respektable Mengen an Omega-3-Fettsäuren enthalten) zu Samenölen zu wechseln, die meist sehr viel mehr Omega-6 enthalten (insbesondere Maiskeimöl), vor allem nach partieller Hydrierung. Der Schritt von der Butter (speziell der Butter von Weidetieren) zur Margarine hat nicht nur die Transfettsäuren in die Ernährung eingeführt, sondern auch den Anteil der Omega-6-Fettsäuren wesentlich erhöht – auf Kosten der Omega-3-Fettsäuren.
Ohne also überhaupt zu ahnen, was wir da tun, haben wir das Verhältnis dieser zwei essenziellen Fette in unserer Ernährung und in unserem Körper drastisch verändert – mit dem Ergebnis, dass das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 beim typischen Amerikaner heute bei über 10 zu 1 liegt. Vor der großflächigen Einführung der Samenöle um die letzte Jahrhundertwende lag dieses Verhältnis eher bei 3 zu 1.
Die genaue Rolle dieser Lipide im menschlichen Körper ist immer noch nicht ganz geklärt, aber einige Forscher sind überzeugt, dass diese historisch niedrigen Omega-3-Spiegel (bzw. umgekehrt: die historisch hohen Omega-6-Spiegel) für viele der chronischen Krankheiten verantwortlich sind, die mit der westlichen Ernährung in Verbindung gebracht werden, darunter auch Herzkrankheiten und Diabetes. Bevölkerungsstudien zeigen, dass eine enge
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