Lebens-Mittel
Korrelation zwischen den Omega-3-Spiegeln in der Ernährung und den Prozentzahlen für Herzkrankheiten, Schlaganfall und die Gesamtsterblichkeit besteht. 28 Die Japaner zum Beispiel, die große Mengen Omega-3-Fettsäuren konsumieren (die meisten davon in Fisch), liegen bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau, obwohl sie hohe Raucher- und Bluthochdruckraten haben. Die Amerikaner nehmen nur ein Drittel der Omega-3-Fette zu sich, die die Japaner konsumieren, und sterben fast vier Mal häufiger an Herzkrankheiten. Aber nicht nur die Epidemiologie stellt eine Korrelation zwischen Omega-3-Spiegeln und Herzkrankheiten fest: Klinische Studien haben ergeben, dass eine Erhöhung der Omega-3-Fette in der Ernährung das Herzinfarktrisiko um ein Drittel senken kann. 29
Welcher biologische Mechanismus könnte für diese Ergebnisse verantwortlich sein? Ein paar Theorien haben sich herauskristallisiert. Omega-3-Fette kommen in hohen Konzentrationen im Herzgewebe vor, wo sie an der Regulierung des Herzrhythmus und der Vorbeugung verhängnisvoller Arrhythmien beteiligt zu sein scheinen. Sie dämpfen außerdem die Entzündungsreaktion, die von den Omega-6-Fetten eher angeheizt wird. Man nimmt heute an, dass entzündliche Prozesse bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie bei einer Reihe anderer Störungen – etwa chronischem Rheumatismus und Alzheimer – eine wichtige Rolle spielen. Omega-6-Fette liefern die Bausteine für eine Kategorie proentzündlicher Botenstoffe, die an der schnellen Reaktion des Körpers auf verschiedene Probleme beteiligt sind. Eine dieser Verbindungen ist das Thromboxan, das die Thrombozytenaggregation aktiviert. Die Omega-3-Fettsäuren dagegen verlangsamen die Gerinnselbildung; wahrscheinlich aus diesem Grund neigen Populationen mit besonders hohen Omega-3-Spiegeln wie die Inuit zu Blutungen. (Die einzige Gefahr bei einem zu hohen Omega-3-Verzehr dürfte tatsächlich die Blutungsneigung sein.)
Die Hypothese, Omega-3-Fettsäuren könnten vor Herzkrankheiten schützen, wurde durch Studien an Grönland-Inuit angeregt, bei denen der Omega-3-Verzehr hoch und die Herzkrankheitenrate niedrig ist. Inuit, die sich traditionell, das heißt hauptsächlich aus dem Meer ernähren, scheinen auch gegen Diabetes gefeit zu sein; manche Forscher glauben, es wären die Omega-3-Fettsäuren, die sie schützen. Ratten jedenfalls schützte es vor einer Insulinresistenz, wenn ihrer Ernährung Omega-3-Fettsäuren zugesetzt wurden. (Bei Menschen ließ dieser Effekt sich allerdings nicht reproduzieren.) Es wird vermutet, dass die Omega-3-Fette die Durchlässigkeit der Zellwände erhöhen und deren Stoffwechsel beschleunigen. (Kolibris haben massenweise Omega-3-Fettsäuren in ihren Zellwänden; große Säugetiere sehr viel weniger.) Eine Zelle mit schnellem Stoffwechsel und durchlässiger Zellwand müsste besonders gut auf Insulin ansprechen und mehr Glucose aus dem Blut aufnehmen, um ihren höheren Energiebedarf zu decken. Der gleiche Mechanismus legt nahe, dass eine an Omega- 3-Fettsäuren reiche Ernährung auch vor Fettleibigkeit schützen könnte.
Wie kommt es dann, dass, wie Susan Allport schreibt, »Populationen, die die Wahl haben, von Natur aus zu Lebensmitteln mit geringerem Omega-3-Gehalt tendieren«? Nun, ein schnellerer Stoffwechsel verstärkt das Bedürfnis nach Nahrung und damit die Möglichkeit von Hunger, was, wie Allport meint, ein sehr viel unangenehmerer Zustand als Übergewicht sei. Das könnte erklären, warum so viele Gruppen die westliche Ernährung übernommen haben, sobald sie die Möglichkeit dazu bekamen.
Ich möchte nicht verschweigen, dass Forscher an Omega-3-Fettsäuren manchmal ein bisschen wie Dr. Casaubon in Middle-march 30 klingen, der intensiv am »Schlüssel zu allen Mythen« arbeitete. Auch die Omega-3-Forscher scheinen im Besitz einer Theorie zu sein, die alles erklärt, sogar das Glück. Die gleichen Bevölkerungsstudien, die Omega-3-Defizite mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen korreliert hatten, fanden auch starke Korrelationen zwischen abnehmenden Omega-3-Spiegeln in der Ernährung und zunehmenden Raten für Depression, Selbstmord und sogar Mord. Manche Forscher bringen einen Mangel an Omega-3-Fettsäuren auch mit Lernstörungen in Verbindung, zum Beispiel der Aufmerksamkeitsdefizitstörung. Dass die Omega-3-Fettsäuren eine wichtige Rolle für die Hirnfunktion spielen, ist seit den 1980er Jahren bekannt. Damals wurde festgestellt, dass Babys, die mit einer mit
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