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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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aussieht. Vermutlich eine Sache der Gene, leidet doch auch ihr geliebtes Großmütterchen unten in Rostow am Don schon seit 107 Jahren unter den gleichen elenden Schmerzen, herrje, da steht ihr ja was ins Haus!
    Denn spätestens, als der Schlevsky den Ferrari betont cooli-wooli die Serpentinen zu seinem Refugium hinauf lenkt und dabei kein einziges Mal die Wolkendecke durchbricht, merkt die Ivana, dass in dieser Gegend stets das Sauwetter über die Hitze und den blauen Himmel triumphieren wird.
    Die Aussicht aber, den Rest ihrer Teenagerjahre mit Migräne in dieser permanenten Waschküche an der Seite dieses eigenartigen Mannes (Orthopäde?) verbringen zu müssen, verstärkt nur noch die Schmerzen.
    Mit dem fürchterlichen Schlaghammer in ihrem Kopf hören sich zudem die nicht enden wollenden Sauggeräusche aus seinem Mund an wie kleine fiese Ratten, die an ihrem Trommelfell nagen.
    Erschwerend kommt hinzu, dass ihr der Tiger trotz seiner Probleme mit den lästigen Wurstresten in seinem Mund ständig die Zunge in den Hals stecken will und dabei seine rechte Hand wahlweise an ihrem Ausschnitt zu platzieren versucht, zwischen ihren Beinen, an ihren Lippen, dann in ihrem Haar, an und in ihren Ohren, an ihrem Nacken, auf ihrem Knie, und so weiter und so fort.
    Das ist ja nicht zum Aushalten!
    Weil sie ihm nun zwar auf Russisch sagen könnte, dass er sie gefälligst am Arsch lecken soll, er sie aber nicht verstehen würde, bleibt ihr wenig anderes übrig, als seine Angriffe mit der bloßen Hand abzuwehren, wobei sie sich aber so ungeschickt anstellt, dass sie ihm mit einem rechten Schwinger unversehens die im Biss schon etwas lockeren Dritten aus dem Mund schlägt, Hölle auch!
    Und als der Tiger zu retten versucht, was nicht mehr zu retten ist, schleudert er sein Gebiss erst recht mit einer hektischen Links-rechts-links-rechts-Greifbewegung beim offenen Ferrari in die sattgrüne Landschaft hinaus, und jetzt schlag nach bei Murphy – Was schief gehen kann, geht eben auch schief!
    Blitzumfrage unter Puffkaisern: Wie fühlt man sich, wenn man plötzlich ohne Zähne mit einer platinblonden Sexbombe im offenen Ferrari sitzt, die man eigentlich in Kürze auf dem Tigerfellbezugbett erzittern lassen wollte wie die kalifornische Erde? Fühlt man sich wie der junge Tarzan nach einem belebenden Bad im kühlen Gebirgsbach? Oder wie eine alte Gurke, die drei Wochen zu lang unter der Sonne Afrikas gelegen ist?
    Um die bereits auf halbem Weg hinauf zu seinem Flachdachneubau deutlich in Schieflage geratenen Verhältnisse wieder geradezurücken, zieht der Schlevsky die Ivana nun zu sich her und drückt ihr mit aller Kraft seine flache Hand auf ihre Nase und den Mund. Und erst als er den Ferrari über den aufgeschotterten Kies vor seinem Bungalow jagt und diesen mit einem sechsfachen Kreisel einparkt, schenkt er der widerspenstigen Russin das Leben.
    Nun schön blau im Gesicht, könnte die Ivana im nächsten Karneval ohne weiteres als Pflaume verkleidet auftreten, ohne dass sie sich dafür noch extra schminken müsste. Doch anstatt auf den Karneval nach Köln würde sie nach dieser Nahtoderfahrung ohnehin lieber nach Hause zu ihrem Mütterchen laufen, hinauf nach Nowaja Semlja, wo sie die glücklichen und unbeschwerten Tage ihrer Kindheit verbrachte, die ihr plötzlich so schmerzhaft und unwiederbringlich verloren scheinen.
    Die friedlichen Tage des Lichts, als die Sorgen kleine süße Vögelchen waren, die nie lange blieben; als sie Kind sein durfte und eine rosarote Schleife im Haar trug und weiße flache Ballerinaschühchen zum Kirchgang; die Zeit, als sie mit Ken und Barbie spielte und sie davon träumen durfte, dass auch sie einmal einer lieben würde, zärtlich und einfühlsam, mit ganzem Herzen und bis an das Ende ihrer Tage exklusiv sie.
    „Damit wir uns richtig verstehen“, sagt der Schlevsky zur Ivana und holt sie aus ihren rosigen Träumen zurück in die Wirklichkeit.
    „Ich Schwanz, du Fotze! Capito?“
    Und auch wenn sie natürlich nicht verstand, was der Tiger gesagt hat, so kapiert sie doch einigermaßen, was er ungefähr gemeint haben könnte, als er ihr den Mittelfinger (Schwanz!) in ihr kleines Nasenloch (Fotze!) hinauf schiebt, beinahe bis zur Großhirnrinde.
    Da war der Ivana dann wirklich zum Schreien zumute. Man bedenke, sie hat ja auch noch Migräne!

Biermösel, quo vadis?
    Wie eine Wand steht der Regen wieder in Aussee. Und der Biermösel steht, die Hände tief in seiner noch immer nicht gewechselten grünen

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