Lebensabende & Blutbaeder
Cordhose versenkt, auf seinem Posten und schlägt hart mit der Stirn gegen die Wand, immer und immer wieder, kein Steirerhut dämmt den Aufprall der Denkerstirn. Er zermartert sich das Hirn, wie er die leidige Handtascherl-Problematik lösen könnte. Dann nimmt er überhaupt Anlauf und rennt vor Wut mit gewaltigem Karacho Kopf voran gegen die Wand.
Da brummt ihm dann der Schädel doch ganz ordentlich, und im Kreuz verschiebt es ihm ein paar Wirbel. Jedoch vertreibt der immense Schmerz für kurze Zeit die lästige Frage, die ihn nun schon seit Tagen begleitet und auf die ihm einfach ums Verrecken keine Antwort einfallen will:
Wer hat denn bitte den deutschen Sexbestien, als die er sie mittlerweile bezeichnen muss, die Handtascherln gestohlen? Und wer ist denn bitteschön so deppert und stiehlt dem Seebachwirten seine Kampfhunde?
Wie er sich jetzt schmerzgeplagt mit eingezwicktem Ischiasnerv seinem Schreibtisch nähert, in der gebeugten Demutshaltung, in der sich die Mutter Teresa den Sterbenden nähert; wie er dabei in die Lade greifen will, um mit einem kräftigen Schluck aus der Flasche den gröberen Schmerz im Schädel abzutöten und durch seine entspannende Wirkung die Verschiebungen im Kreuz zu korrigieren, da schaut ihn auf einmal von hinter dem Schreibtisch herab der alte Biermösel an, der dort als Ölgemälde hängt, zusammen abgebildet mit dem Kreisky, der sein Idol ist.
Da hält der Biermösel schaudernd und immer noch tief gebeugt inne wie der Sünder vorm Himmelstor, und er weiß augenblicklich, dass er jetzt nicht wieder einfach zur Tagesordnung übergehen und sich schön langsam anzwitschern kann, bis es endlich Feierabend wird und er zur Roswitha hinüberfährt und sich das Schweinsbraterl vergönnt. Im Angesicht dieser überwältigenden Ballung an Erfahrung und Kompetenz, die der Alte auch als Gemälde noch immer ausstrahlt, spürt er auf einmal den Druck des Erfolges, und er kleiner Wurm mit seinen großen Schmerzen fragt sich, wo er als niedrige und verschwendete Existenz (die nie Bierfahrer werden hat dürfen!) überhaupt im Vergleich zum Alten heute steht und in welche Richtung sein Leben insgesamt geht.
Biermösel, fragt er sich. Quo vadis?
Zwar hat er damit rechnen müssen, dass in der Sache mit den mutmaßlichen zwei Rotzbuben nichts weitergeht. Und mittlerweile kann er getrost davon ausgehen, dass ihn auch dieser Fall wieder nicht ins Rampenlicht befördern wird.
Aber ärgern muss er sich darüber schon ein bisserl, wenn er heute vor dem Alten diese ernüchternde Zwischenbilanz ziehen muss, weil viele Chancen werden sich ihm nicht mehr auftun, kann er ruhig einen Ausblick wagen.
Aber irgendwelche Rotzbuben müssen die Handtaschen ja gestohlen haben! (Frage: welche?) Und irgendwo müssen sie ja sein, die Rotzbuben! (Frage: wo?)
Der Biermösel nimmt die Hände aus den Hosentaschen und richtet sich mit einem gewaltigen Krachen seiner Rückenwirbel auf. Dann greift er sich gegen die blutige und geschwollene Stirn. Und wie er sich im Spiegel anschaut, fragt er sich, ob er es dieses eine Mal vielleicht doch ein bisserl übertrieben hat mit der Selbstzerstörung. Dann setzt er sich auf die Bierkiste am Klo. Er nimmt die patentierte Denkerpose ein, während der er den Kopf in den Händen abstützt und mit den Augen die Bierdeckel anstarrt. Dabei denkt er sich:
Das ist halt immer ein Blödsinn mit den Ermittlungen! Ein dauerndes Hin und Her ist das immer, drei Schritte zurück, keiner nach vor! Fällt dir denn überhaupt kein Verdächtiger ein, fragt er sich, wie er in der gekrümmten Demutshaltung aus dem Scheißhaus hinaus das Bildnis vom Übermächtigen anstarrt. Denk halt einmal nach, feuert er sich in seinem Angesicht an, denk nach!
Na gut, denkt sich der Biermösel, genehmige ich mir halt ein schnelles Bierchen und denk ich halt nach! Also:
a) Der Bub vom Fleischhauer Brunner, eventuell ? Kann er sich im Grunde nicht wirklich vorstellen, obzwar der schwierig und uneinsichtig ist. Allerdings hat er dem Rocker erst vor zwei Wochen im finsteren Waldstück an der Abzweigung nach Goisern aufgelauert und zur Räson gebracht! Der Biermösel kann die Rockerei aus Prinzip nicht leiden, er hat sie noch nie leiden können. Schon gar nicht, wenn sie in Gestalt vom Rockernachwuchs glaubt, ihn auf der Fips mit einer PUCH Monza frecherdings überholen zu können. Er hat ihm sehr eindringlich mit zwei Gnackwatschen erklärt, dass man einen Auspuff nicht aufbohren und die Gendarmerie nicht überholen
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