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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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sein wird, wenn um dich herum wieder lauter Russen sein werden. Denk doch bloß, dass dann alle um dich herum keine Außerirdischen mehr sein werden, die ausseeerisch reden und sich diese komischen grünen Decken umhängen und Hüte mit komischen Bärten obendrauf tragen! Denk doch bloß, wie das sein wird, wenn alle wieder Breschnew-Mützen tragen, und zwar die echten!
    Allmählich schießt ihr auch leichtes Fieber in das hübsche Köpfchen und reicht dort oben dem Klebstoff die Hand. Bald wird das Zittern ihres perfekten Körpers zu einem Beben. Wie die kleine Matroschka auf einer der 8000-Watt-Bassboxen vom Schlevsky hüpft sie im finsteren Kellerraum auf und ab. Wenn sie so weiterhüpft, denkt sie, kann es gut sein, dass sie bald zum Pavel hinaufhüpfen wird in den Himmel, der für die Ivana weiß Gott nicht immer voller Geigen hing.
    Pavel!, fantasiert die Ivana, als sie endlich den Lichtschalter ertastet und die Lodentracht des Schlevsky über dem Heizkessel entdeckt, Pavel, rette mich!
    Sie kann nun nicht mehr aufhören, an ihre große Liebe Pavel Romanowitsch zu denken! Dieses herrliche Bild von einem Mann von einem Taucher auf einem Atom-U-Boot der russischen Nordmeerflotte. 1994 Spartakiadesieger im „Rückenschwimmen über 1000 Kilometer“ durch die bitterkalte Nordsee bei minus 2 Grad ohne Gummianzug! Weiters Jahrgangsbester auf der Akademie unten in Rostow am Don im „Schnell-im-Taucheranzug-Atombomben-am-feindlichen-Objekt montieren“ (ein Praxiskurs)! Dazu unerreicht im Kursus „Auslöschen-sämtlicher-Lebensformen-zum-Wohle-der-Sowjetrepublik-im-Umkreis-von-300.000-Quadratkilometern“ (ein Theoriekurs, glaubt sie jedenfalls. Früher aber lebten mehr Menschen auf Nowaja Semlja, darauf würde sie ihren süßen Arsch verwetten). Und dann natürlich diese Uniform und diese riesige Kappe auf seinem Kopf, die im Durchmesser größer war als der Schreibtisch vom Obersten Sowjet! Summa summarum und grosso modo war der Pavel nicht nur ihre große Liebe damals, sondern auch eine erstklassige Partie mit Pensionsanspruch schon in zwei Jahren. Ihre gemeinsame Hochzeit war nur noch eine Frage des gesetzlichen Alters. Bei ihm wäre es ja gegangen, er war ja schon 40 damals. Doch sie war erst vierzehn. Und das war sogar in den Chaostagen des Postkommunismus und in den Herrschaftsjahren des Verbrechens zu jung, um heiraten zu können, trotz ehrlicher und aufrechter Liebe.
    Pavel!
    Wer weiß denn schon, fragt sie sich jetzt in der Rückschau und mit der zweiten Tube Klebstoff in der Hand, wer weiß denn, fragt sie sich, als ihr schon Frostbeulen an den Zehen wachsen, wer weiß, fragt sie sich abermals und weiß plötzlich nicht mehr, was sie sich eigentlich fragen wollte. (Ein bisschen blond kommt sie sich mit ihrer Perücke schon manchmal vor. Dabei ist sie doch in Wahrheit rot wie das kommunistische Manifest.)
    Ah, fällt ihr jetzt wieder ein, was sie sich fragen wollte: Wer weiß denn schon, wie alles gekommen wäre, wenn der Pavel ihr nicht zu ihrem 14. Geburtstag etwas ganz Besonderes schenken wollte?
    Plötzlich hat er den Druck der Jugend gespürt und gemeint, er könne sich seiner Ivana nicht mehr ganz sicher sein (der Ivan! Der Sergej! Der Wolodja! Der Wladimir! Der Sergej II, der Leonid, der Romantsew! Okay, ein paar Episoden hatte sie schon, wenn er wochenlang am Atom-U-Boot Dienst schob, aber nie etwas Ernstes!). Und er wollte ihr nicht wieder nur einen Gutschein für zehn Kilo Fischstäbchen schenken, wie all die Jahre zuvor. Zu ihrem 14. Geburtstag, nahm er sich fest vor, sollte es nichts weniger als ein Pelzmantel werden!
    Doch woher nehmen, wenn nicht einen Tiger stehlen und anschließend häuten?
    Oh Pavel!, weint die Ivana nun. Idee gut, Ausführung schlecht, weil tödlich! Den Erlebnispark samt Zoo unten in Workuta hatte er sich als Ziel ausgesucht und war dort mit seiner Kalaschnikow im Anschlag und mit dem Todstecher in der Hand sowie mit einem exakt aufgezeichneten Plan eingedrungen, jedoch leider ohne Hirn im Schädel, wie das die Art der Männer ist. Im Gehege des Zoos wollte er die gesamte versammelte Tigerfamilie ins Blutbad schicken, und aus dem Fell der Frau Tigermama wollte er seiner Ivana von der Schwiegermutti einen ansehnlichen Mantel schneidern lassen, einen gekauften hätte er sich ja trotz all seiner Verdienste und Auszeichnungen bei diesem Gehalt in hundert Jahren nicht leisten können!
    Oh Pavel, besoffener, mutiger Pavel, warum warst du so dumm dumm dumm? Du hättest doch

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