Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
gesund und stark ist). Und als herbeigezogener neutraler Schnellrichter stimmt er dem Vorschlag vom Biermösel zu, dass sie alle miteinander die ganze depperte Geschichte einfach vergessen sollen.
    Nur: Er kann als eingetragenes Parteimitglied und aus der gewissen Verantwortung heraus natürlich beim besten Willen nicht das Haus verlassen, ohne dass er den mahnenden Zeigefinger erhebt und den beiden Heranwachsenden im Auftrag der Frau Unterrichtsministerin eine Broschüre zum Thema Drogen und Doping auf den Nachttisch legt, sein Leibthema. Und in dieser Broschüre, erklärt er jetzt der Jennifer mit eindringlichen Worten, schreibt die Frau Ministerin sehr übersichtlich, dass der junge Mensch vom Haschisch und vom Extacy besser die Finger lassen und lieber brav sein und die Blockflöte spielen soll. Ja, fährt der Doktor Krisper fort, die Frau Ministerin bittet die Jenny und die Manu vermittels dieser Broschüre einfach inständigst, dass sie zu den ganzen blöden Drogen in Zukunft einfach überhaupt „Nein“ sagen sollen, „Nein, Nein und noch einmal Nein! Okay?“
    „Okay.“
    Da ertrinkt die Anni fast im Tränenmeer!
    Von so einer großzügigen und verständnisvollen Seite hat sie einen Mann auch noch nie kennen lernen dürfen, geschweige denn zwei. Und sie schämt sich auf einmal so, dass sie in letzter Zeit nicht nur gut über den Biermösel gedacht hat. Sie weiß jetzt, dass der wirklich nicht geizig ist und mit nichts zurückhält, auch nicht mit seinem Geld.
    Da fällt die Anni dem Biermösel um den Hals und busselt ihn von oben bis unten ab, und das tut ihm gut.
    Weil der Biermösel aber nahe am Wasser gebaut ist und ihm dermaßen gefühlsdurchtränkte Situationen immer sehr zusetzten, muss er dringend einen Ausweg suchen, der den Übergang zur Tagesordnung erlaubt oder ihn zumindest einen entsprechenden Eindruck vermitteln lässt.
    Und weil jetzt die Manuela einerseits eine sehr ansprechend gestaltete Broschüre von der Frau Bundesministerin in Händen hält und die Anni andererseits eine sehr ansprechende Summe von ihm, die Jennifer aber ihrerseits gar nichts, greift er in seiner Not nach der Mon Chéri, die er immer noch im Wetterfleck mit sich herumträgt, und hält sie ihr hin, damit auch sie nach dem ganzen Schlamassel eine kleine Freude hat.
    Wie ihn die Jennifer aber aus ihren schwarz umränderten Augen heraus anschaut, und wie ihn die Anni aus ihren geröteten und verweinten Augen heraus anschaut, und wie ihn der Doktor Krisper (der Barzahler!) über seine Doktorbrille hinweg mitleidig anschaut und vorwurfsvoll den Kopf schüttelt, da weiß auch er:
    Falsche Adresse, Biermösel! Aber komplett falsche Adresse!

Heimkehr
    Brrr! Brrrr!! Brrrrr!!!
    Damit musste die Ivana wohl rechnen, dass der Tiger sie gereizt bis auf die Knochen aus seinem Bau expediert und gleich wieder heruntersperrt in das Tiefkühlkellerloch, wo seine Jägertracht über dem Heizkessel hängt. Nach seinem ganz persönlichen Waterloo im Serengeti musste er einfach den Starken markieren, damit er sich vor ihr nicht vollends zum Idioten macht. Darum hat er ihr auch gleich die Heizung im Heimwerkerraum abgedreht, Strafe muss schließlich sein. Na gut, sieht auch die Ivana ein: Das hat keiner gerne, wenn ihm eine in den Tigertanga kotzt.
    Eine Atmosphäre klirrender Kälte herrscht hier herunten, und die Ivana muss zu Recht fürchten, dass sie es sich unten herum schnell und komplett vertun wird, auch und gerade weil sie jung ist. Sie neigt ja leider zur Unvernunft und trägt trotz der Minusgrade nichts weiter als die hauchdünne Combinaige an der glatten Pfirsichhaut, die ihr der Schlevsky eigentlich vom Leibe reißen wollte, bevor dann aber wieder alles ganz anders gekommen ist. Dazu läuft sie barfuß über den Betonboden, weil er ihre Stilettos zusammen mit dem Shubidu Jack aus dem Fenster geworfen hat. Und so träumt sie nun bei sibirischen Temperaturen von der langen Kamelhaarunterhose, die sie in seiner Herrenhandtasche gefunden hatte, als sie nach Zigaretten stöberte.
    Die wäre jetzt genau das Richtige für sie!
    Allerdings: Besser – und jetzt träumt sich die Ivana in eine längst vergangene Zeit und Welt –, besser noch wäre die sechzehnfachgewalkte Lodenhose vom Pavel, mit der dieser den Heizungsausfällen auf dem Atom-U-Boot getrotzt hat, damals, als sie noch alle glücklich waren zu Hause in Nowaja Semlja.
    Ach Pavel, oh Pavel!, flüstert die Ivana nun auf Russisch. Liebst du mich denn noch, dort oben im Himmel?

Weitere Kostenlose Bücher