Lebensbilder I (German Edition)
mich nimmermehr so lieben, wie ich es möchte!‹
›Und wie denn?‹
›Leidenschaftslos! Ich bedarf eines Freundes, die Welt ist mir öde. Ein Fluch ruht auf mir. Ich bin verdammt, ein Glück zu ahnen, zu fühlen, darzustellen, das mir nie zuteil werden kann – Sie sollen mich nicht lieben.‹
›Wie vermag ich das? Ach, Zambinella, begehren Sie von mir, was Sie wollen, Namen, Vermögen, Ruhm, selbst meine Kunst bringe ich Ihnen zum Opfer. Reden Sie, und ich bin nicht länger Maler!‹
›Rechnen Sie nicht auf mein Herz, ich habe keines: das Theater, wo Sie mich gefunden, meine Tonkunst, der Beifall, den man mir schenkt, macht mein Dasein aus. Ich bin nur ein Phantom!‹
Die Wagen hielten, der Maler hob die Geliebte aus dem Phaethon – sie schrie laut auf.
›Was ist Ihnen?‹
›Eine Schlange!‹ rief sie entsetzt.
Es war eine Viper, und er tötete sie mit einem Fußtritt.
›Wie beneide ich Sie um Ihren Mut!‹ sprach Zambinella, immer noch mit Widerwillen das tote Tier betrachtend.
‹Wie liebe ich Sie!‹ rief der entzückte Maler. ›Alle Ihre Schwächen, Zärtlichkelten, Empfindlichkeiten, unausstehlich wären sie mir an einer andern, und Sie muß ich darin anbeten. Hinweg mit den Heroinnen, den Sapphos, den mutigen, leldenschaftsvollen Weibern! verhaßt sind mir alle! Ich bin der Sklave des sanftesten, liebenswertesten Geschöpfes.‹
Zaimbinella fing bitterlich an zu weinen und entfloh. Den ganzen ferneren Tag wich sie ihrem verliebten Verfolger sorgfältig aus, und als man sich zur Heimkehr anschickte, bestieg sie eine viersitzige Berline, der Maler mußte in seinem Phaethon allein zurückkehren.
Bei seiner Heimkehr tröstete er sich einigermaßen mit seinem Bilde, das nun bald vollendet war. Er machte freilich die Anmerkung, daß seine Psyche etwas unreif in die Welt hineinblickte, und daß ihr eine gewisse seelenvolle Milde fehlte, dafür war es aber auch wie aus dem Spiegel gestohlen ähnlich und, wie er sich selbst gestehen mußte, meisterhaft ausgeführt. Er hoffte demnach, bei der nächsten Ausstellung den Preis zu erringen. Er arbeitete ja ›con amore‹ wie keiner!
Es begann zu dunkeln, er mußte seine Arbeit einstellen, in seinem Atelier ward's ihm zu eng. Er beschloß, seine Geliebte zu besuchen; noch wußte er ihre Wohnung nicht einmal und ging, sie zu erforschen. – Vor der Tür begegnete ihm ein Freund.
›Finde ich dich endlich!‹ redete er ihn an, ›ich war schon einmal diesen Morgen in deiner Wohnung, um dich im Namen unseres Gesandten diesen Abend zu ihm zu bitten. Du mußt wissen, es ist großes Konzert, und Zambinella singt.‹
›Zambinella!‹ rief der Glückliche, ›ich eile!‹
Und er eilte nach Hause, um von neuem Toilette zu machen und fast glänzender noch als gestern.
Lange mußte er vor dem Spiegel zugebracht haben, denn als er bei dem Gesandten anlangte, war er der letzte, und alle Säle waren schon mit Gästen gefüllt. Er hatte Mühe, sich durchzudrängen, um Zambinella, welche schon sang, mit sehnsüchtigen Augen zu betrachten.
›Geschieht es vielleicht aus Rücksicht für die anwesenden Kardinale, Bischöfe und Abbates,‹ fragte er einen alten Marquis, seinen Nachbar. ›daß sie Manneskleider, einen Degen und das Haar in einem Netz verborgen trägt?‹
›Sie? welche Sie?‹ entgegnete der Marquis.
›Die Zambinella!‹
›Die Zambinella? Wer sind Sie? woher kommen Sie? wollen Sie mich zum besten haben? oder wüßten Sie wirklich nicht, daß kein weibliches Geschöpf im Kirchenstaate das Theater betritt – und was für Kreaturen diese Rollen spielen? – Ja, mein Herr! mir verdankt Zambinella seine Stimme. Ich habe ihn dazu beredet, ich habe alles bezahlt, und glauben Sie, daß der Narr seitdem einen Fuß über meine Schwelle setzt? – Mir verdankt er sein ganzes Glück, auch seine Ausbildung zum Musiko bestritt ich aus meinem Beutel, und er kann mich nicht vor Augen sehen. Das nenne ich Undankbarkeit!‹
Der Maler stand wie versteint: eine fürchterliche Wahrheit war ihm in seine Seele gedrungen. Wie ein Wahnsinniger starrte er Zambinella an: ›Und müssen solche Wesen alle weiblichen Formen gewinnen und, um die höllische Lüge zu vollenden, singen wie die Sirenen?‹
Zambinella gewahrte seiner, ward ängstlich, zitterte, detonierte. Ein Geflüster regte sich rings, sie stockte und mußte halb ohnmächtig sich setzen.
Der Kardinal Cicogna spähte nach der Richtung hin, welche die Blicke seines geängsteten Schützlings nahmen, bemerkte
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