Lebensbilder I (German Edition)
entsprechenden künftigen Kunstwerkes ans Herz zu schließen.
Als er das Theater verließ, war er betäubt, fühlte ganz in sich die Leere, die einer heftigen Gemütsbewegung folgt. Ihm war zumute, wie dem vom Fieber Genesenen, der nach den glühenden Fieberträumen sich phantasielos sieht.
Am folgenden Morgen bereitete er kostbare Farben, ihr Bild ward als Psyche entworfen, und mit niederländischem Fleiße beschloß er, es auszuführen, jedermann sollte über seine Kunstfertigkeit staunen. – Sooft sie sang, mietete er sich eine Loge, legte sich dort auf das Sofa, um, wie ein Türke im Opiumrausche, so in den Vollkommenheiten Zambinellas zu schwärmen. Dies Benehmen erregte Aufmerksamkeit, das war ihm lieb. Sooft Zambinella auf- oder abtrat, blickte man nach der Loge des närrischen Malers, wie man ihn nannte. Er halte nichts dawider. Aber auch Zambinella wandte sich dahin, und mancher zärtlich-feurige Blick flog in die Loge, sie sang, sie spielte dem Anschein nach nur für ihn! Er ward geliebt, es war kein Zweifel, der glückliche Maler! Geliebt von der gefeiertesten Sängerin und ganz Rom eifersüchtig! ›Ja!‹ rief er, ›ich will leben, kann ich die Glorie des Nachruhms nicht erringen, will ich doch allen Glanz und alle Rosen der Freude um mich sammeln.‹
An einem solchen glücklichen Abend ließen sich drei leise Schläge von der Logentür vernehmen. Er öffnete. Ein altes Weib trat geheimnisvoll näher. ›Jüngling!‹ sprach sie, ›bist du klug und willst du glücklich sein, so hülle dich in deinen Mantel, drücke den Hut tief in die Stirn und stelle dich Punkt zehn Uhr auf dem Korso ein, vor dem Hotel des spanischen Gesandten.‹ – Es war zuviel des Glückes für den armen Maler. Er ließ zwei Goldstücke in die harten, gefurchten Hände der Alten gleiten und vermaß sich hoch und teuer zu kommen, und wenn die Hölle selbst samt allen teuflischen Legionen ihm in den Weg träten. Zambinella sang eben. Er bog sich aus der Loge, seufzte und blickte sehnsüchtig sie an; sie schlug die Augen nieder und lächelte verschämt.
Als er das Theater verließ, trat ihm ein Fremder in den Weg. ›Nehmen Sie sich in acht, Signor!‹ warnte er. ›Es geht auf Leben und Tod, der Kardinal Cicognara ist Zambinellas Beschützer!‹
›Sprichst du zu Liebenden von Gefahren?‹ fragte der Kühne.
› Poverino! ‹ rief achselzuckend der Unbekannte und ging.«
»Aber was hat denn dies alles mit dem gestrigen Gespenst zu schaffen?« unterbrach mich meine Schöne.
»Es ist ja die Geschichte des Gespenstes, und meine Autoreitelkeit fühlt sich sehr geschmeichelt, daß Sie den Schluß noch nicht erraten!
Der Maler machte jetzt aufs sorgfältigste seine Toilette. Ein kostbarer Degen, das Geschenk dieser, eine herrliche Tabatière, das Geschenk einer andern Geliebten, die alle nunmehr verschmachten mußten, die mit Edelsteinen besetzten Uhren und ihre goldenen Ketten, die Schnallen, Ringe, Brustnadeln, Hemdenknöpfe, seine Weste von Silberbrokat und sein gestickter Sammetfrack, alles hatte Schränke, Koffer und Behälter verlassen, und er putzte sich damit, wie ein junges Mädchen, das ihrem ersten Geliebten auf einem Ball entgegengeht. – Zur festgesetzten Stunde stand er, den Hut tief in die Stirn gedrückt, den Mantel bis über die Nase gezogen, auf dem bestimmten Platz. Die Alte wartete seiner schon. ›Ihr habt lange gezögert, Signor!‹ sagte sie, ›nun, so kommt denn!‹ – Sie durchschritten mehrere Nebengassen und gelangten endlich vor ein ansehnliches Gebäude. Er folgte seiner Führerin durch ein Labyrinth von Korridoren, Treppen und Gängen bis zu einer Tür, hinter deren Spalten Lichter blitzten und mehrere freudige Stimmen sich vernehmen ließen.
Auf das Losungswort der Alten öffnete sich die Tür, und geblendet stand er da. Er befand sich in einem glänzend erleuchteten, herrlich möblierten Saal, in dessen Mitte eine wohlgedeckte Tafel mit Flaschen, Silberzeug und Lichtern blitzte. Er erkannte die Sänger und Sängerinnen des Theaters nebst mehreren anderen schönen Frauen, bereit ein künstlerisches mezza-notte zu feiern. – Zwar hatte er auf ein schwach erleuchtetes Zimmer gerechnet, wo seine Geliebte auf einem weichen Divan seiner harrte, die überraschung eines Nebenbuhlers fürchtend, während er zartlich mit ihr tändelte, ihren Atem an seinen glühenden Wangen, ihre Augen in den seinen, ihr Herz an seinem Herzen fühlte. Einem tapfern Schwelger ist jedoch niemals ein mitternächtliches
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