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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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vielleicht manchmal sogar übertrieben streng. Aber Schiff konnte nicht lügen, und als Rezensent am allerwenigsten. Hier kam noch dazu, daß er in jüdischen Fragen seine unantastbaren Grundsätze hatte, an denen er nicht rütteln ließ. Er war kein blinder Anbeter und Bewunderer des Judentums und verargte es Heine immer, daß dieser trotz seiner Taufe innerlich Jude geblieben war. Gewiß war Schiff (wie dies »Johann Faust in Paris« bewiesen hat) damals kein rückhaltsloser Verehrer des Christentums mehr; aber sein Haß, wo sich dieser offenbarte, war immer ein Haß der Liebe; er fühlte, daß er trotz eventueller Konversion niemals als vollwertiger Christ angesehen werden würde, und das allein rief gelegentliche Ausfälle auf das Christentum hervor, dem Schiff immer noch wohlwollender gegenüberstand als seiner eigenen Religion. Er war kein Judenfeind, wie etwa im 16. Jahrhundert der getaufte Jude Pfefferkorn, der gegen seine früheren Glaubensgenossen in seinen Schriften mit Feuer und Schwert wütete. Aber er übersah niemals die schweren Gebrechen, die dem Judentum seiner Zeit anhafteten, das zwischen Assimilation und Aufrechterhaltung der angeborenen Stammeseigenart haltlos einherging. Namentlich gegen die jüdische Orthodoxie, die er für weit unduldsamer hielt als die christliche, wandte er sich immer wieder in der auffallendsten Weise. Ihm war jede Spur einer spezifisch jüdischen Sentimentalität, wie sie etwa Leopold Kompert eigen ist, völlig fremd. Er scheute sich nicht, auf Wunden im Leben seiner jüdischen Zeitgenossen unbarmherzig die Finger zu legen, aber bloß deshalb, um den Weg zur Heilung zu weisen. Natürlich konnte dieser nach Schiffs Auffassung nur der des vollständigen Aufgehens im deutschen Volke sein, dem er selbst seinen köstlichsten intellektuellen Besitz verdankte, und dem zu dienen, er sich mit seinen leider zu schwachen Kräften emsig bemühte. Deshalb war ihm jede Verherrlichung des Judentums, die notwendigerweise zu dessen dauernder Erhaltung führen mußte, gründlich verhaßt. Denn er sah nur zu gut, daß damit von selbst auch der feste Bestand seiner schlimmen Eigenschaften – vor allem seiner zelotischen Unduldsamkeit – gegeben war. Von diesem Standpunkte aus betrachtete er denn auch das Shakespearebuch Heines, der aus blindem Glaubenseifer eine Ehrenrettung des Judentums dadurch zu vollbringen glaubte, daß er Schiffs Abgott, wenn auch nur in der Kommentierung der einzigen Gestalt des Shylock, nahetrat.
    Folgerichtig ergab sich aus diesen Grundsätzen Schiffs auch seine eigene Darstellung jüdischen Lebens und jüdischer Charaktere. Immer wieder begegnet man bei ihm fanatischen Juden, die noch immer in dem Wahne, die Verehrer der alleinigen wahren Religion zu sein, dahinlebten, denen jeder Blick für die Fortschritte der Zeit und Kultur fehlte, und die in einem erstarrten religiösen Konservativismus den Pferch des Ghettos jeder anderen freieren und freundlicheren Behausung vorzogen. Für solche Selbsterniedrigung und Selbstzurücksetzung fehlte Schiff der Sinn. Er kämpfte eigentlich für dasselbe, wofür sich die Zunz, in dessen Haus er in Berlin auch verkehrt hatte, Moses Moser, Immanuel Wolf vergeblich exponiert hatten. Von Bestrebungen für eine Reform des Kults erwartete er ebensowenig wie Heine, nur daß sich bei Schiff niemals eine so ausgesprochen christenfeindliche Tendenz, wie etwa im »Almansor«, findet. Denn er war zu sehr in den Segnungen der deutschen Kultur und Literatur aufgewachsen, als daß er die Vorteile übersehen hätte, die sich für die Juden durch das unbedingte Aufgehen in der deutschen Nation ergeben mußten. Wer die Juden ob ihrer Besonderheiten, die er niemals als Vorzüge anerkannte, verherrlichte, gegen den trat er in die Schranken. So tadelte er es an Herder in seiner ersten Sammlung, die jüdische Sujets enthält, in »Hundert und ein Sabbath oder Geschichten und Sagen des jüdischen Volkes« (Leipzig 1842) [Fußnote: Eine Geschichte daraus »Simon Abeles« ist bereits 1840 in der »Zeitung für die elegante Welt« (Nr. 24ff.) veröffentlicht und erschien noch einmal, 1851 im Hamburger »Freischütz« (Nr. 144–152; hier aus »Hundert und ein Sabbath« auch »Die Geschichte von dem Fisch des Josef Moker Schabbes«); 1858 findet sich in einem »Novellen-Bukett«, das Fr. Wilibald Wulff zugunsten Schiffs herausgab »Das Tollhaus«. Von »Hundert und ein Sabbath« (Goedeke sagt fälschlich »Tausend und ein Sabbath«) ist leider nur das

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