Lebenschancen
Männer auf dem innerdeutschen Partnerschaftsmarkt relativ erfolglos waren. Sie hatten einfach weniger an Status, Sozialprestige und Wohlstand einzubringen.
Zwar gibt es nach wie vor Unterschiede auf dem Partnerschaftsmarkt, der soziale Status der Geschlechter hat sich in den letzten Jahrzehnten jedoch deutlich angenähert. Dass eine gut aussehende Frau aus kleinen Verhältnissen und mit geringer Bildung einen wohlhabenden und gebildeten Mann heiratet und somit mehrere Stufen der gesellschaftlichen Hierarchie überspringt, ist heute weit weniger wahrscheinlich als in der Nachkriegszeit. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verfügten 2007 die Partner in über sechzig Prozent aller dauerhaften Beziehungen über den gleichen oder einen ähnlichen Bildungsabschluss. In knapp einem Drittel der Fälle wiesen die Männer die formal höhere Bildung auf, bei etwa einem Zehntel war es umgekehrt. Im Kohortenvergleich steigt der Anteil bildungshomogamer Ehen deutlich an. Vor dem Hintergrund eines schrumpfenden Gefälles zwischen Männern und Frauen im Hinblick auf Bildung und Erwerbsbeteiligung ist ein wachsendes Interesse an einem Partner »auf Augenhöhe« entstanden. In unserer heutigen Zeit sind Partnerschaftsmärkte im Hinblick auf die Positionierung der Geschlechter also weniger asymmetrisch als je zuvor. Das schafft auch neue Herausforderungen bei der
Partnersuche: Status und »erotisches Kapital« (Hakim 2010) spielen für Männer wie für Frauen eine Rolle. Für Frauen wird es riskanter, sich ausschließlich auf die äußeren Reize zu verlassen. Sie allein reichen immer weniger hin, um sich gut am Markt zu platzieren. Bei den Männern steigt der Druck, nicht nur Einkommen zu erzielen, sondern auch physisch attraktiv zu sein. Beide Geschlechter müssen sich im Wettbewerb um begehrte Partner ein breites Portfolio mit attraktiven Eigenschaften zulegen. Man frequentiert Fitnessstudios und Lesesäle, und selbst wenn man einmal jemanden gefunden hat, darf man in seinen Anstrengungen nicht nachlassen.
Beziehungen und Beziehungsanbahnung sind aber nicht nur anstrengend und risikoreich, sie können, wenn sie denn gelingen, auch Entlastung bringen. Hierbei geht es vor allem um Netze der Hilfe und wechselseitigen Unterstützung, die Marktunsicherheiten kompensieren können. Ein Haushalt mit zwei Einkommensbeziehern ist weniger krisenanfällig als ein Alleinverdienerhaushalt. Hier kommen die Vorteile einer substitutiven Partnerschaft zum Tragen: Verdient auch die Frau, können temporäre Einkommensausfälle viel besser kompensiert werden. Nicht untypisch sind aber auch Beziehungen, bei denen ein Partner eine gesicherte Beschäftigung hat, während der andere einer eher prekären Tätigkeit nachgeht, die ihm oder ihr die Chance bietet, sich selbst zu verwirklichen. Zwar haben beide einen ähnlichen Bildungsstatus, aber sie stehen vor unterschiedlichen Erwerbsrisiken. Vielen Freiberuflern gelingt die Marktbehauptung nur, weil sie einen Partner im Hintergrund haben, der ihnen im Notfall unter die Arme greifen kann und so Auftragslosigkeit und Nachfrageflauten zu überbrücken hilft. Bei den Selbstständigen in den Medien- und Kulturberufen ist es sogar typisch, dass diese Partnerschaften mit Festangestellten eingehen (Henninger/Gottschall 2007). Der verbeamtete Professor und die freie Kulturjournalistin ist eine Kombination, die nicht so selten vorkommt.
Lebensstau: Zwischen Beruf und Familie
Hat man erst einmal einen Partner gefunden, der eine stabile Beziehung verspricht, steht nicht selten das Thema Kinder an. Die Mehrzahl der jungen Menschen wünscht sich eine Familie und erhofft sich ein Leben mit Kindern. Dennoch gilt Deutschland mit einer durchschnittlichen Geburtenziffer von 1,32 Kindern pro Frau (2005 bis 2010) als ein »Niedrig-Fertilitäts-Land« (Schneider/Dobritz 2011). Der Anteil der kinderlosen Frauen ist hoch und liegt bei den Kohorten der nach 1965 Geborenen schon bei 30 und mehr Prozent (Dobritz 2005). Je höher die Bildung und je stärker die Erwerbsneigung der Frauen, desto niedriger die Geburtenrate und desto höher der Anteil der Kinderlosen.
Auf der politischen Ebene ist seit einigen Jahren der Kampf um das Mittelschichtkind ausgebrochen. Hinter vorgehaltener Hand, man denke nur an das Elterngeld, geht es bei vielen familienpolitischen Interventionen der jüngsten Zeit darum, die »Familienneigung« in der Mittelschicht zu erhalten oder zu erhöhen. Die »Wunschkinder des Wohlfahrtsstaates« (Streeck
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