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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich
Autoren: Liza Marklund
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beiseite und eilte nach draußen zum Umkleideraum.
    Thomas lenkte seinen schweren Jeep durch die Straßen der Vorortidylle und spürte, wie der Frühsommer durch das Seitenfenster hereinwehte, sein Haar zerzauste und an seiner Kleidung zerrte. Sofias glatte Schenkel brannten noch immer auf seiner Haut, ihr Duft lag noch auf seinen Bartstoppeln.
    Er fühlte, dass er lebte,
ja verdammt, und wie er lebte!
    Die letzten vierundzwanzig Stunden hatte er in Sofia Grenborgs breitem Doppelbett verbracht. Er hatte sich im Büro krankgemeldet: Für Sofia gab es Dinge, die wichtiger waren als die Karriere. Sie hatten im Bett gefrühstückt und auch zu Mittag gegessen.
    War es erst vierundzwanzig Stunden her, seit er zuletzt hier draußen war? Erst einen Tag und eine Nacht, seit er hier zwischen den Birken gewohnt hatte?
    Er sah Rasenflächen vorbeihuschen, fremd wie in einem anderen Land.
    Die Jahre mit Annika fühlten sich schon jetzt wie eine lange und staubige Wüstenwanderung an, wie ein endloser Waffenstillstand mit örtlich aufflackernden Gefechten und zähen Verhandlungen.
    Dass ich das ausgehalten habe. Warum habe ich sie nicht früher verlassen?
    Die Kinder, natürlich, er hatte sich seiner Verantwortung gestellt.
    Er kurvte zwischen den geparkten Autos vor dem ICA-Markt herum und grüßte einen Nachbarn, den er erkannt zu haben glaubte.
    Annika war damals sofort schwanger geworden, er hatte also keine große Wahl gehabt.
    Entweder konnte er versu chen, mit der Mutter seines Kindes zusammenzuleben, oder einer von diesen abwesenden Vätern werden, deren Kinder zu Verlierern und Außenseitern wurden.
    Aber das war jetzt vorbei. Er würde ihre zänkische Wut nie mehr ertragen müssen. Er würde ein paar Klamotten einpacken, den Laptop und seine Plattensammlung mitnehmen und gleich am Montag einen richtig guten Scheidungsanwalt anrufen. Sofia hatte beste Kontakte in diesen Kreisen, lauter Arzte und Juristen und andere Akademiker; sie setzte sich nicht hin und durchsuchte die Gelben Seiten, so wie Annika es getan hatte, wenn sie einen qualifizierten Fachmann für irgendwas brauchte.
    Frauen konnten nicht unterschiedlicher sein als die beiden, dachte er. Sofia war alles, was Annika verachtete, vor allem, weil sie es selbst nie schaffen würde, so zu sein:
    gebildet, feminin und versiert.
    Und außerdem hatte Sofia eine Vorliebe für Sex, ganz anders als die frigide Zicke, zu der sich Annika entwickelt hatte.
    Oh, das war gemein. Durfte er so gemein sein?
    Er bog nach rechts ab und ließ den Blick über hellgrüne Laubbäume und weiße Lattenzäune schweifen. Häuser thronten zu beiden Seiten der Straße, Patriziervillen und nationalromantische Backsteinkomplexe, mit Wintergärten, Pools und Gartenlauben.
    Sie muss mir meinen Anteil am Haus ausbezahlen, und das wird nicht billig.
    Er war bereit, sich auf einen Kampf einzulassen, das war er wirklich, denn das Haus war mindestens ebenso sehr seines wie ihres. Annika war ein hübsches Sümmchen zugeflossen, als sie diese Terroristenzelle in Norrbotten aufgedeckt hatte, aber sie hatten keine Gütertrennung vereinbart, also gehörte ihm eigentlich die Hälfte von allem.
    Wenn er es genau überlegte, wusste er gar nicht, wie viel Geld sie damals gefunden hatte. Sie war mit den Säcken zur Polizei gegangen und hatte lediglich zehn Prozent Finderlohn bekommen. Das hieß mit anderen Worten, dass eine Immobilie in Östermalm jedenfalls nicht in Frage kam. Sofia stammte aus einer reichen Familie, das Haus, über dessen Loft sie verfügte, gehörte ihrer Familie.
    Die Einmündung des Vinterviksvägen tauchte auf, und er fühlte, wie sich sein Puls beschleunigte. Was ihm jetzt bevorstand, konnte richtig unangenehm werden.
    Sofia hatte gefragt, ob sie mitkommen solle, und gemeint, sie wolle ihm in dieser schwierigen Situation gerne beistehen. Er hatte freundlich, aber standhaft erwidert, er habe sich die Suppe eingebrockt, nun müsse er sie auch selbst auslöffeln.
    Sie fand, dass er sehr verantwortungsbewusst handelte.
    Ich zieh das hier durch. Das wäre doch gelacht.
    Er bog in seine Straße ein und seufzte tief.
    Ich will ja keinen Streit, nur ein paar Sachen holen …
    Zuerst begriff er nicht, was an dem Bild verkehrt war, das sich ihm bot, was an dieser Szene nicht stimmte. Die Realität ließ sich Zeit, bevor sie ihn wie eine Ohrfeige traf, bevor der Brandgeruch und der Aschegestank von seinem Hirn erkannt wurden, bevor ihm aufging, was er da sah.
    Er hielt mitten auf der Straße an,
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