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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich
Autoren: Liza Marklund
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beugte sich über das Lenkrad und starrte durch die Windschutzscheibe, den Mund weit offen.
    Sein Zuhause war eine rauchende Ruine. Das ganze Haus war in sich zusammengestürzt. Die Reste waren pechschwarz und schief, zersprungene Dachpfannen lagen überall auf dem Rasen verstreut, Annikas Auto stand als verkohltes Wrack in der Auffahrt.
    Er machte den Motor aus und horchte auf seinen eigenen, panischen Atem.
    Was zur Hölle hast du getan, du verdammte Hexe? Was hast du mit den Kindern gemacht?
    Er öffnete die Tür und stieg aus, der jaulende Autoalarm schrie ihm zu, dass er den Zündschlüssel stecken gelassen habe. Das Jaulen folgte ihm, als er unsicher auf die Polizeiabsperrung zuging und gelähmt vor Entsetzen die Trümmer anstarrte, die in den Himmel ragten.
    O mein Gott, wo sind die Kinder?
    Seine Kehle schnürte sich zusammen, und er hörte sich selbst wimmern.
    O nein, o nein, o nein!
    Er sank auf die Knie, spürte kaum die Feuchtigkeit, die durch seine Hosenbeine drang.
    All seine Sachen, seine ganze Kleidung, der Fußball, mit dem er das Turnier in den USA gespielt hatte, die Studentenmütze, die Gitarre vom Sunset Boulevard, seine ganze Referenzliteratur und all seine Schallplatten …
    «Furchtbar, nicht?»
    Er blickte hoch und sah Ebba Romanova, ihre Nachbarin, die sich über ihn beugte.
    Zuerst erkannte er sie gar nicht. Sie hatte sonst immer einen Hund bei sich, ohne die Leine und den Köter war sie irgendwie nicht sie selbst. Sie streckte eine Hand aus, und er ergriff sie und zog sich daran hoch, bürstete ein wenig nasse Asche von seinen Hosenbeinen.
    «Wissen Sie, was passiert ist?», fragte er und trocknete sich die Augen.
    Ebba Romanova schüttelte den Kopf.
    «Das sah schon so aus, als ich nach Hause kam.»
    «Haben Sie eine Ahnung, wo die Kinder sind?», fragte er, und seine Stimme brach.
    Wieder schüttelte sie den Kopf.
    «Sie sind bestimmt wohlauf», sagte sie. «In den Trümmern wurden keine …» Sie schwieg und schluckte.
    «Es sind doch trotz allem nur Dinge», fuhr sie fort und ließ den Blick über die Ruine wandern. «Das Einzige, was wirklich zählt, ist das Leben.»
    Thomas spürte, wie die Wut in seinem Bauch erwachte.
    «Sie haben leicht reden.»
    Sie antwortete nicht, und er sah, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten.
    «Entschuldigung», sagte sie und putzte sich die Nase. «Es ist wegen Francesco, er ist tot.»
    Francesco?
    «Mein Hund», sagte sie. «Er wurde gestern erschossen. Drinnen im Salon.»
    Die Frau zeigte zu ihrem Haus, und bevor Thomas einfiel, was er erwidern könnte, hatte sie sich umgedreht und ging schluchzend und schwankend auf ihr Grundstück zu.
    «Warten Sie», rief er ihr nach. «Was ist denn eigentlich passiert?»
    «Sie haben den Nobel-Mörder gefasst», sagte sie und ging weiter.
    Thomas blieb auf der Straße zurück, verwirrt und vollkommen durcheinander.
    Was mach ich jetzt? O Gott, was mach ich denn jetzt bloß?
    Er holte sein Handy aus der Innentasche seines Jacketts und sah aufs Display, keine Nachricht, keine entgangenen Anrufe.
    Jetzt geht's dir gut, oder? Geschieht mir nur recht, was?
    Er hatte das Mobiltelefon zwar gestern Abend abgeschaltet, einfach, damit sie ihm nicht die Ohren vollheulen würde, aber sie hätte ja wenigstens eine Nachricht hinter lassen können. Sie hätte ihm zumindest mitteilen können, dass sein Haus abgebrannt war.
    Ist das zu viel verlangt?
    Er wollte sie gerade anrufen, als ihm einfiel, dass er ihre Handynummer nicht auswendig wusste. Er musste in seinem Telefonverzeichnis nachsehen, fand sie und wählte. Er wurde von der mechanischen Stimme der Telefongesellschaft begrüßt.
    Nicht einmal eine persönliche Bandansage hatte sie.
    Er drehte dem Ruinenhaufen den Rücken zu und ging zurück zum Auto.
    Die Arbeit auf der Wache war langsam wieder in Gang gekommen, aber niemand trat die Schicht um 16 Uhr mit großer Begeisterung an. Nina war wieder zum Streifendienst mit Andersson eingeteilt und fand keinen Grund, sich zu beschweren. Die anderen jungen Gockel waren auch alle nicht besser.
    Jetzt saßen sie im Pausenraum und schwatzten, keiner durfte vor der Schweigeminute um 17 Uhr vom Hof fahren. Nina ging still durch den Korridor, warf einen Blick über die Schulter zurück und schlüpfte in ein leeres Vernehmungszimmer. Sie lauschte an der Tür und hörte Andersons Bassstimme die Wände entlang kriechen.
    Wie soll ich damit umgehen? Wie soll ich das alles auf die Reihe kriegen?
    Sie ging hinüber zum Telefon, nahm den
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