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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich
Autoren: Liza Marklund
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Hörer ab und lauschte ein paar Sekunden lang dem Freizeichen. Dann wählte sie die zehnstellige Nummer und wartete, während die Rufsignale durch die Leitung hallten.
    Schließlich meldete sich jemand mit einem unterdrückten Husten.
    «Tag, hier ist Nina.»
    Sie hörte einen Menschen am anderen Ende schwer atmen und schniefen. «Holger?
    Bist du das?» «Ja», sagte Julias Vater.
    Nina sah nach, ob die Tür richtig zu war, und setzte sich dann an den leeren Schreibtisch.
    «Wie geht es euch?», fragte sie leise. «Wie geht es Viola?»
    «Sie ist verzweifelt», sagte der Mann. «Vollkommen verzweifelt. Wir sind …»
    Er verstummte.
    «Ich verstehe», sagte Nina, als er nicht weitersprach. «Habt ihr was von Alexander gehört?» «Nichts.»
    Es wurde wieder still.
    «Holger», sagte Nina. «Ich möchte, dass du mir gut zuhörst. Was ich dir jetzt sage, darf ich eigentlich niemandem erzählen, überhaupt niemandem. Du darfst kein Wort davon weitersagen, hörst du, nur zu Viola. Ich habe den Einsatz geleitet. Ich war diejenige, die als Erste in die Wohnung gekommen ist. Ich habe Julia im Badezimmer auf dem Fußboden gefunden, ich habe mich um sie gekümmert und sie ins Krankenhaus gebracht. Sie war nicht verletzt, Holger, hörst du, was ich sage? Sie hatte keinerlei körperliche Verletzungen. Sie hatte einen schweren Schock und war nicht richtig ansprechbar, aber ihr fehlt nichts. Julia geht es gut, sie wird wieder ganz gesund.
    Holger, hast du verstanden, was ich gesagt habe?»
    «Hast du …? Was hast du zu Hause bei Julia gemacht?»
    «Ich war im Dienst, ich hatte eine Sonderschicht übernommen. Als der Alarm kam, war ich am nächsten dran, deshalb bin ich in die Wohnung. Ich dachte, das ist am besten so.»
    «Und Alexander, er war nicht dort?»
    «Nein, Holger, Alexander war nicht in der Wohnung, als ich ankam.»
    «Aber wo ist er denn dann?»
    Sie fühlte das Weinen im Hals aufsteigen.
    «Ich weiß es nicht», flüsterte sie und räusperte sich dann, niemandem war damit gedient, wenn sie jetzt anfing zu heulen. «Braucht ihr irgendwie Hilfe? Habt ihr jemanden, mit dem ihr reden könnt?»
    «Wer sollte das sein?»
    Eine gute Frage, Holger und Viola galten nicht als Angehörige eines Opfers, sondern einer Mörderin. Da stand natürlich kein Krisenteam bereit, um sich ihrer Trauer anzunehmen.
    «Ich muss Samstag und Sonntag arbeiten», sagte Nina, «aber am Montag könnte ich zu euch rauskommen, wäre euch das recht?»
    «Du bist uns immer willkommen», sagte Holger.
    «Ich möchte mich nicht aufdrängen», erwiderte Nina.
    «Du drängst dich nicht auf. Wir würden es sehr zu schätzen wissen, wenn du uns besuchst.»
    In der Leitung wurde es wieder still.
    «Nina», sagte der Mann dann. «Hat sie ihn erschossen? Hat Julia ihn erschossen?»
    Sie holte tief Luft.
    «Das weiß ich nicht», sagte sie, «aber es sieht so aus. Die Staatsanwaltschaft hat sie festnehmen lassen.»
    Julias Vater atmete eine Weile schwer.
    «Weißt du, weswegen?»
    Nina zögerte, sie wollte nicht lügen.
    «Eigentlich nicht», sagte sie. «Aber ich glaube, sie hatten eine schwierige Zeit. Julia hat mir in den letzten Wochen nicht mehr viel erzählt. Hat sie euch gegenüber nichts gesagt?»
    «Nichts», sagte Holger. «Nichts, was darauf hindeutete, dass die beiden ernsthafte Probleme hatten. Vor ein paar Jahren hat sie mal gesagt, wie schade es sei, dass David nichts für Björkbacken übrighat, aber ansonsten hat sie nichts erzählt…»
    Nina hörte es draußen im Gang poltern und dann Anderssons auffordernde Stimme.
    «Ich muss Schluss machen», sagte sie hastig. «Du kannst mich jederzeit auf meinem Handy anrufen, hörst du, Holger? Jederzeit…»
    Das elektronische Gepiepse drängte sich in Annikas Hirn. Sie widerstand dem Impuls, sich die Finger in die Ohren zu stecken.
    Einen Teil von Berits Geld hatte sie dazu benutzt, den Kindern Gameboys zu kaufen.
    Sie saßen am Kopfende des Bettes, völlig auf die kleinen Displays konzentriert. Ellen spielte «Disney Princess» und Kalle «Golf mit Superma-rio», es machte in einer Tour «pling» und «düddelü» und «blip-blip».
    Sie konnte ihre Existenz nicht mehr als ein paar Minuten im Voraus überblicken. Auf seltsame Art machte es sie gelassen.
    Jetzt kaufe ich dieses Portemonnaie. Jetzt essen wir diese Würstchen. Jetzt erledige ich dieses Telefonat…
    Im selben Augenblick klingelte der Apparat neben ihr, und sie fuhr vor Schreck zusammen. Sie ging ins Bad und nahm den Hörer ab.
    Es war
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