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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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eine Nacht Streife gefahren.»
    «Die da oben wollen natürlich, dass die Geschichte veröffentlicht wird», sagte Schyman, «aber ich kann Ihre Situation verstehen. Haben Sie irgendwas aus dem Haus retten können?»
    «Die Kinder.»
    Er schwieg und hüstelte verlegen.
    «Schöne Scheiße», sagte er. «Kaum vorstellbar. Brauchen Sie Urlaub?»
    «Ja», sagte sie. «Es ist doch eine ganze Menge zu erledigen.»
    «Meinen Sie, dass Sie den Artikel über diese Julia Lindholm schreiben könnten?
    ‹Meine Nacht mit der Polizistenmörderin)? So was in der Art. Sie können es ja zu Hause machen.»
    «Ich habe keinen Computer.»
    Und ein Zuhause auch nicht, dachte sie, aber die Bemerkung verkniff sie sich.
    «Einen Laptop können Sie sich aus der Redaktion holen, ich schreibe sofort einen Materialschein aus. Wann könnten Sie kommen und ihn abholen?»
    Sie sah auf ihre Armbanduhr.
    «Heute Nachmittag», sagte sie. «Wenn ich über Julia Lindholm schreiben soll, muss ich auch noch mit der anderen Polizistin reden, die damals dabei war, Nina Hoff-man heißt sie. Das ist die, die ich eigentlich porträtieren wollte.»
    «Gut. Ich zähle auf Sie.»
    Sie ließ die Kinder unter Berits Obhut auf dem Rasen zurück und setzte sich an die Bushaltestelle. Nahm das Handy und rief das Telefonverzeichnis auf. Suchte erst unter «Nina», dann unter «Hoffman» und fand schließlich eine Handynummer unter «Polizei Nina H.».
    Sie drückte
Wählen.
Lauschte dem Tuten.
    «Hoffman.»
    Sie schluckte.
    «Nina Hoffman? Hier ist Annika Bengtzon, ich bin Journalistin beim
Abendblatt.
Wir haben uns vor fünf Jahren kennengelernt, als ich mit Ihnen und Julia eine Nacht…»
    «Ach ja, ich erinnere mich.»
    «Ich hoffe, ich störe nicht?»
    «Worum geht's denn?»
    Sie betrachtete die Acker und Wiesen um sich herum, die Wolken, die am Horizont langsam nach Norden zogen, die dunkelroten Holzhäuser mit ihren blanken alten Fensterscheiben.
    «Ja, wissen Sie», begann Annika, «meine Zeitung möchte einen aktualisierten Artikel über die Nacht damals haben, was Julia gesagt und getan hat und wie ich das alles erlebt habe. Ich werde den Artikel schreiben, aber ich wollte vorher gerne mit Ihnen reden.»
    «Wir haben einen Pressesprecher, der sich um die Kommunikation mit den Medien kümmert.»
    «Ja klar, das weiß ich natürlich», sagte Annika und hörte selbst, dass Ärger in ihrer Stimme mitschwang. «Aber ich wollte mich vorher mit Ihnen abstimmen, bevor ich etwas über Julia schreibe, ich habe ja gemerkt, dass Sie sehr eng befreundet sind.»
    Nina Hoffman schwieg eine Weile.
    «Was wollen Sie schreiben?»
    «Julia hat damals ja einiges über David erzählt. Heute ist das, worüber wir in der Nacht geplaudert haben, natürlich hochinteressant. Hätten Sie Zeit, sich mit mir zu treffen?»
    Annika sah den Bus am Ende der Straße in einer Staubwolke herannahen.
    «Es ist nicht meine Absicht, jemandem zu schaden», sagte sie. «Ganz im Gegenteil, deshalb rufe ich an.»
    «Ich glaube Ihnen», sagte Nina Hoffman.
    Sie verabredeten sich in einer Pizzeria nahe Nina Hoffmans Wohnung auf Södermalm.
    Der Bus hielt an. Annika stieg ein und legte Berits letzten Fünfhunderter auf das kleine Kassiertischchen des Busfahrers.
    «Kleiner haben Sie's nicht?», fragte der Mann am Steuer.
    Annika schüttelte den Kopf.
    «So einen großen Schein kann ich nicht wechseln. Nehmen Sie den nächsten Bus.»
    «Dann müssen Sie mich schon rauswerfen», sagte sie, steckte den Geldschein ein und ging durch den Gang nach hinten.
    Der Fahrer starrte ihr nach, dann schaltete er und fuhr los.
    Sie setzte sich ganz hinten auf einen Fensterplatz und betrachtete die Landschaft. Alles war grün, in verschiedenen Nuancen, das Tempo des Busses verwischte die Konturen und machte die Welt zu einem abstrakten Gemälde.
    Annika schloss die Augen und lehnte sich zurück.
    Thomas betrat das Regierungsgebäude mit geradem Rücken und schnellem Schritt.
    Ohne nach rechts oder links zu blicken, ging er rasch an einer Gruppe von Besuchern vorbei, die vor dem Empfangstresen in der weißen Halle Schlange standen, und hoffte inständig, dass seine Zugangsberechtigung immer noch gültig war.
    Offiziell war sein Vertrag am Montag ausgelaufen, und er hatte keinen neuen erhalten, was eine absolute und zudem unangenehme Überraschung gewesen war. Bisher war er von einem Projektvertrag in den nächsten gerutscht, ohne dass er je einen ausgefeilten Lebenslauf oder beschwerliche Bewerbungen hatte einreichen

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