Lebenslänglich
verwenden, wenn Sie noch jemand anderen finden, der sie Ihnen bestätigt. Aber dann möchte ich, dass Sie mich vorher informieren.»
«Natürlich», sagte Annika.
Nina Hoffman verließ das Café, ohne sich zu verabschieden oder sich umzudrehen.
Annika blieb vor ihrem kalten Kaffee sitzen. Nina mochte David Lindholm nicht, das war mehr als deutlich. Wenn stimmte, was sie erzählt hatte, war das nur zu verständlich. Es musste schrecklich sein, hilflos mit anzusehen, wie die beste Freundin in eine zerstörerische Beziehung hineingezogen wird.
Es musste schrecklich sein, all das Wissen mit sich herumzutragen und dann hundertfach lesen zu müssen, was für ein Held er war.
Annika sammelte ihre Siebensachen zusammen und ging hinaus zum Auto, das auf der Bondegatan im Parkverbot stand. Kein Knöllchen. Immerhin etwas.
Sie hatte gerade den Motor angelassen, als ihr Handy klingelte. Sie seufzte, zögerte kurz, fischte es dann aber doch aus der Tasche. Ein prüfender Blick aufs Display: Die Nummer sagte ihr nichts. Sicherheitshalber nahm sie den Anruf an.
«Annika Bengtzon? Hier ist Timmo Koivisto. Sie wollten mich sprechen.»
Timmo … ?
Der Misshandelte!
«Ja, hallo», sagte sie und kuppelte aus. «Wie nett, dass Sie zurückrufen. Sagen Sie, können wir uns vielleicht treffen und uns ein bisschen unterhalten?»
«Über David Lindholm? Herzlich gern. Ich habe dem Mann alles im Leben zu verdanken.»
SONNTAG, 6. JUNI
Nina ließ den Streifenwagen langsam über die Djurgardsbron rollen. Andersson saß neben ihr, starrte missmutig aus dem Beifahrerfenster und ließ den Blick über die Scharen von regennassen Menschen schweifen, die unterwegs zum Skansen-Park waren, um den Nationalfeiertag zu begehen.
«Den ganzen Leuten hier ist Schweden im Grunde doch scheißegal», sagte er. «Die haben nur eins im Sinn: die Königsfamilie anzuglotzen und vielleicht ins Fernsehen zu kommen.»
Nina biss die Zähne zusammen.
Ruhig bleiben, ganz ruhig.
Seit Beginn ihrer Schicht goss es wie aus Eimern, ununterbrochen. Teilweise war der Regen so heftig, dass die Scheibenwischer es nicht schafften, ihr freie Sicht zu geben.
Die Windböen zwangen sie, das Lenkrad fest zu umklammern.
Dieses Unwetter überlebt er nicht. Wenn er seit Donnerstag irgendwo draußen war, ist er jetzt tot.
Nina bremste an der Kreuzung Langa gatan. Eine ältere Radfahrerin war von einem Auto angefahren worden, sie hockte auf dem Bürgersteig und hielt sich den linken Fußknöchel. Der Autofahrer saß direkt daneben in seinem Wagen und sah gleichermaßen beschämt wie verärgert aus.
Sie öffnete die Autotür, drehte sich aber noch einmal um, bevor sie ausstieg.
«Ich habe nicht vor, klatschnass zu werden», sagte sie. «Du nimmst die Aussage des Fahrers auf, ich kümmere mich um die Frau.»
«Auf so beschissene Tage kann man gerne verzichten», sagte Andersson und stieg hinaus in den strömenden Regen.
Ihr Kollege hatte schon seit Dienstbeginn um 6 Uhr 30 heute Morgen so eine miese Laune. Sie waren bloß sechs Beamte plus Streifenführer gewesen, der Rest war zum Sondereinsatz abkommandiert worden, der immer am Nationalfeiertag, am Todestag Karls XII. und bei anderen emotionsgeladenen Feierlichkeiten zu leisten war.
«Wie ist es denn passiert?», fragte Nina, als sie neben der verletzten Radfahrerin in die Hocke ging. Die Frau trug einen Regenponcho, aber sie war trotzdem bis auf die Haut durchnässt. Nina bemerkte, dass sie weinte.
«Mein Fuß tut so weh», sagte sie und zeigte auf ihren Knöchel.
Der Fuß war in einem seltsamen Winkel abgeknickt, und Nina sah sofort, dass das Gelenk gebrochen war.
«Sie müssen ins Krankenhaus», sagte sie. «Der Knöchel muss gegipst werden, außerdem können Sie doch nicht hier sitzen bleiben. Sie holen sich ja eine Lungenentzündung.»
Sie rief über Funk die Leitstelle und bat um einen Krankenwagen zur Kreuzung Djurgardsvägen und Länga gatan.
«Der ist gefahren wie ein Verrückter», schimpfte die Frau und zeigte auf den Mann im Auto. «Da radelt man friedlich vor sich hin, und dann wird man von hinten überfahren, was ist das denn für eine Art?»
Nina legte eine Hand auf den Oberarm der Frau und lächelte sie an.
«Keine Angst», sagte sie. «Wir finden heraus, was passiert ist. Sie müssen jetzt vor allem erst mal zu einem Arzt.»
Andersson kam auf sie zu und hielt ihr den Alkomat hin, in den der Autofahrer hatte blasen müssen.
«Scheint so, als hätte unser Freund hier schon seit heute Morgen auf
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