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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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offene Hand fallen.
    «Meine Schicht ist um 22 Uhr zu Ende», sagte er. «Wenn du bis dahin nicht wieder hier bist, bezahlst du mir das Taxi.»
    Sie schloss die Finger um das Schlüsselbund, drehte sich auf dem Absatz um und lief zur Garage.
    Annika hatte Norrtälje hinter sich gelassen und fuhr auf der E 18 Richtung Spillersboda, als der Wolkenbruch einsetzte. Sie hatte es nicht über sich gebracht, Berit heute schon wieder als Babysitter auszunutzen, deshalb saßen Kalle und Ellen auf der Rückbank und spielten Gameboy, vorübergehend ruhiggestellt mit jeweils einer Tüte Tuttifrutti. Sie hatte gezögert, sie in ein Heim für junge Drogensüchtige mitzunehmen, aber gleichzeitig wollte sie auch nicht ihren Vorurteilen nachgeben.
    Das Heim in Värtuna sollte gleich außerhalb der Ortschaft liegen. Sie schaltete die Scheibenwischer eine Stufe schneller und hielt Ausschau nach der richtigen Abfahrt.
    Als die Bebauung dichter wurde, bog sie rechts nach Klemensboda ab, fuhr an Gravrösen vorbei und geradeaus weiter nach Mäsholmen.
    Im Moment bereute sie heftig, dass sie sich überhaupt auf den Weg hier heraus gemacht hatte. Die Nacht war furchtbar gewesen, sie hatte Albträume gehabt, war zweimal tränenüberströmt aufgewacht und hatte sich vollkommen erschöpft gefühlt. Um sie herum brannten Häuser, und die Kinder schrien, und Thomas brüllte, und sie war ganz allein und verlassen auf der Welt.
    Eigentlich wusste sie ganz genau, was ihr gutgetan hätte: auf Berits Wohnzimmersofa zu liegen und mit den Kindern das Sonntagnachmittagsprogramm im Fernsehen zu gucken.
    Stattdessen war sie jetzt im Sturzregen unterwegs, um einen zu neuem Leben erweckten ehemaligen Junkie zu treffen, der Lobeshymnen auf David Lindholm singen würde.
    Ich will nicht. Ich will nach Hause.
    Sie überlegte, ob sie umkehren sollte, als sie begriff, dass sie das Värtuna-Heim schon erreicht hatte.
    «Müssen wir hier sein?», fragte Kalle, als sie das Auto zwischen einem alten Volvo und einer knorrigen Birke geparkt hatte.
    Sie seufzte tief.
    «Es tut mir riesig leid, dass ich euch hierher mitgeschleppt habe», sagte sie. «Ich will versuchen, es so kurz wie möglich zu machen, dann haben wir es schnell überstanden.
    »
    Sie hatte im Internet über diese Einrichtung gelesen. Es war eigentlich ein ehemaliger Campingplatz mit Jugendherberge; die Anlage war von einer freikirchlichen Vereinigung gekauft und zu einer Betreuungseinrichtung für junge Drogensüchtige umgebaut worden. Mehrere Gebäude standen über einen Hang verteilt, der sich hinunter zum Meer zog. Links war ein größeres Haus, von dem Annika annahm, dass es eine Art Gemeindezentrum war. Geradeaus standen zahlreiche Häuschen mit kleinen Balkonen, die vermutlich als Unterkünfte für die Klienten dienten, oder hießen die Patienten?
    «Ich will nach Hause», sagte Ellen.
    «Ja, aber das geht jetzt nicht», sagte Annika viel zu hart und viel zu laut. «Ich habe einem Mann versprochen, dass ich komme, und nun sind wir hier. Also los jetzt!»
    Sie stieg rasch aus dem Auto, hielt sich ein altes
Abendblatt
schützend über den Kopf, riss die hinteren Türen auf und zerrte die Kinder heraus, und dann rannten sie zum Hauptgebäude.
    Sie waren alle drei durchgeweicht, noch ehe sie die Veranda erreicht hatten. Die Tür hatte sich vom Regen verzogen, und sie mussten sich gemeinsam dagegenstemmen. Als sie endlich aufging, polterten sie in eine große Cafeteria. Annika half den Kindern beim Aufstehen und stampfte mit den Füßen, und sofort bildete sich eine Pfütze unter ihren Turnschuhen.
    «Wie nass man wird», sagte Ellen und zwinkerte die Regentropfen weg, die von ihrem Pony direkt in die Augen liefen.
    Sieben Personen befanden sich in dem großen Raum. Kalle drückte sich enger an sie und griff nach ihrem Jackenärmel.
    «Hallo», sagte Annika und hob die Hand zu einem kleinen Winken.
    Vier junge Typen saßen an einem Fenstertisch und spielten Texas-Hold'em-Poker. Alle starrten neugierig zu ihnen herüber, der Kartengeber hatte mitten in einer Bewegung innegehalten.
    Annika blickte sich unsicher um.
    Die Möblierung des Raumes war sehr schlicht, hölzerne Stühle und Resopaltische. Der Fußboden bestand aus gelbem Linoleum, die Wände trugen diverse Farbschichten übereinander.
    Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    Gegenüber der Tür befand sich eine Theke, wo es Gebäck und eine Warmhalteplatte für die Kaffeekanne gab. Dort stand ein Mann mittleren Alters, und hinter ihm waren

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