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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Menge Unfälle geben, wenn das Wetter so bleibt.
    Sie blickte auf ihre Armbanduhr, ohne die Hand aus der Tasche zu nehmen. Ihre Schicht begann erst um 16 Uhr.
Noch reichlich Zeit.
    Sie merkte, wie ihre Zähne klapperten.
    Das ist nur die Kälte, sonst nichts.
    Die Bergsgatan stieg den ganzen Weg an, von der Scheelegatan bis zum Kronobergspark. Der Eingang zum Komplex des Polizeipräsidiums mit der Hausnummer 52 befand sich etwa auf halbem Weg den Berg hinauf. Wegen dieser kleinen Anstrengung hätte sie in der kurzen Zeit eigentlich nicht so außer Atem sein dürfen.
    Das liegt auch am Gegenwind, und außerdem bin ich ein bisschen angespannt.
    Sie hatte Julia seit dem schrecklichen Zusammentreffen in der Zelle vor fast einem halben Jahr nicht mehr besucht. Nach der Haftprüfungsverhandlung waren die verschärften Haftbedingungen wasserdicht gewesen, aber durch Holger hatte sie erfahren, dass Julia praktisch die gesamte Untersuchungshaft hindurch in der Gerichtspsychiatrie und auf der Krankenstation des Gefängnisses verbracht hatte.
    Nicht ein einziger Besuch war zugelassen worden, weder von den Eltern noch von irgendjemandem sonst.
    «Wollen die ein Exempel statuieren?», hatte Holger gefragt.
    «Ich weiß es nicht», hatte Nina geantwortet. «Vielleicht.»
    Aber jetzt, bevor der Klageantrag gestellt, die Anklage erhoben und die Voruntersuchungen veröffentlicht worden waren, hatte man alle Restriktionen aufgehoben. Nur das Gutachten zur Person unterlag noch der Geheimhaltung, aber sie hatte über Holger Zugang dazu erhalten.
    «Ich möchte zu Julia Lindholm», sagte sie am Empfang. Der Beamte war derselbe wie beim letzten Mal. Er schürzte die Lippen und verschwand in den hinteren Regionen, um sie zappeln zu lassen.
    Eine Vollzugsbeamtin, nicht dieselbe wie beim letzten Mal, führte sie durch ferngesteuerte Aufzüge und kahle Korridore zu einem gewöhnlichen Besuchszimmer im fünften Stock, direkt neben der Frauenabteilung. Es war fensterlos und enthielt nur einen Tisch, zwei Stühle und einen Aschenbecher aus Stanniol.
    «Bitte warten Sie hier, der Häftling wird sofort gebracht», sagte die Wärterin und schloss die Tür.
    Nina ließ sich auf einem der beiden Stühle nieder.
    Es war kühl und feucht in dem Raum, und es roch ein wenig verbrannt.
    Nur Zigarettenrauch, sonst nichts.
    Die grauweißen Wände schienen sich ihr zuzuneigen. Eine Energiesparlampe unter der Decke verbreitete ein schwaches, leicht flimmerndes Licht. Sie faltete die Hände auf dem Schoß.
    Julia hat hier fünfeinhalb Monate verbracht. Ich werde ja wohl vier Minuten aushalten, zumal ich psychisch gesund bin.
    Die Paragraf-7-Untersuchung im Juni hatte ergeben, dass Julia nach dem Mord in sehr schlechtem Zustand gewesen war. Es war eine umfangreiche gerichtspsychiatrische Untersuchung notwendig gewesen, um ihren Zustand zu diagnostizieren. Die G P U war schließlich im August am Institut für Rechtsmedizin in Stockholm durchgeführt worden.
    Ich frage mich, wie Holger darangekommen ist. Vermutlich über den Verteidiger…
    Die Tür ging auf, das Licht aus einem Fenster weiter hinten im Korridor fiel herein und machte aus der eintretenden Gestalt einen gesichtslosen Schatten.
    Nina stand auf.
    Julia betrat das Besuchszimmer. Sie hatte die Haare zum Pferdeschwanz gebunden, und ihre Augen schimmerten feucht.
    «Nina», sagte sie verwundert. «Was machst du denn hier?»
    Nina sah zur Wärterin, die an der Tür stehen geblieben war.
    «Vielen Dank. Ich werde klingeln, wenn wir fertig sind.» Die Frau machte die Tür hinter sich zu und schloss sie ab.
    «Julia», sagte Nina, ging zu ihrer Freundin und umarmte sie. «Wie schön, dich zu sehen.» Julias Arme hingen schlaff am Körper herunter. «Warum bist du hier?»
    «Die Voruntersuchungen», sagte Nina und trat einen Schritt zurück. «Sie wurden jetzt veröffentlicht, deshalb habe ich die Erlaubnis, herzukommen und dich zu besuchen.
    Wie geht's dir?»
    Julia drehte sich um, ging zur Wand neben dem Tisch und strich mit den Fingerspitzen über die raue Oberfläche.
    «Das hier ist massiver Beton», sagte sie. «Jeder Raum im Gefängnis ist ein eigenes Betonmodul und damit auch eine eigene Brandzelle.»
    Sie ging weiter zur nächsten Wand, fuhr mit dem Finger eine Ritze im Putz entlang.
    «Das Gebäude wurde 1975 fertiggestellt», sagte sie, «aber das Stockholmer Gefängnis gibt es schon seit 1252. Es muss Birger Jarl gewesen sein, der es gegründet hat, oder was meinst du?»
    Sie warf Nina einen

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