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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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schnellen Blick zu und konzentrierte sich dann wieder auf die Wand.
    «Der gesamte Kronoberg-Komplex besteht aus 161.000 Quadratmetern Grundfläche pro Etage, die letzten Anbauten wurden 2005 bezugsfertig.»
    Sie wandte sich zu Nina um.
    «Wenn ich hier draußen bin, habe ich mir überlegt, mich an der Architekturhochschule zu bewerben. Zur Polizei kann ich ja nun nicht mehr zurück.»
    Sie lächelte, es war ein kurzes, flüchtiges Lächeln.
    Nina sah ihr in die Augen.
    Ja, sie ist zu Hause. Das Licht brennt, und sie ist zu Hause.
«Ist vielleicht auch besser», sagte Nina. «Dass du dich mit etwas anderem beschäftigst.» «Aber du bist noch im Dienst?»
    Julia setzte sich an den Tisch, nahm den Stanniolaschenbecher hoch und erforschte seine Unterseite.
    «Ja», sagte Nina. «Habe heute Nachmittagsschicht, um vier. Es wird sicher eine Menge Verkehrsunfälle geben, wenn sich das Wetter nicht bessert.»
    «Wer ist Wachleiter? Pettersson?»
    «Pelle Sisulu», antwortete Nina. «Wie geht es dir?»
    Julia zuckte die Schultern und starrte in den Aschenbecher.
    «Es wird so unglaublich schön sein, hier rauszukommen. Die Wohnung ist noch da, Papa hat die Miete weitergezahlt …»
    Nina spürte, wie das Unbehagen ihr wieder den Rücken hinaufkroch.
    «Du glaubst also, du wirst freigesprochen?»
    Julia blickte auf und ließ den Aschenbecher los.
    «Das ist doch wohl klar», sagte sie. «Wenn wir etwas auf der Polizeihochschule gelernt haben, dann doch wohl, dass unser Rechtswesen funktioniert. Ich habe Verständnis dafür, dass man mich hierbehalten musste, solange die Vorermittlungen nicht abgeschlossen waren, und ehrlich gesagt finde ich es auch besser, solange die andere auf freiem Fuß ist. Sonst kommt sie nachher noch zurück und bringt mich auch um.»
    Nina spürte, wie ihr das Herz sank.
    «Du meinst also, du kannst nach dem Prozess nach Hause?»
    Julia blinzelte mit ihren großen blauen Augen. «Wo sollte ich denn sonst hin?»
    Nina zog ihren Stuhl näher an den Tisch, beugte sich vor und nahm Julias Hand in ihre Hände.
    «Julia», sagte sie, «war dein Verteidiger hier? Ist er die Ermittlungsergebnisse mit dir durchgegangen?»
    Julia schüttelte den Kopf, die Augen weit aufgerissen.
    Was für ein Faulpelz von Verteidiger! Es ist ein Verstoß gegen seine Mandatspflichten, dass er sie nicht über die Anklage informiert hat.
    «Die Untersuchung hat ergeben, dass du eine dissoziative Identitätsstörung hattest», sagte Nina. «Weißt du, was das ist?»
    Julia sah sie verständnislos an.
    «Man nennt das auch multiple Persönlichkeit. Es ist ein psychischer Zustand, in dem die betreffende Person zwei oder noch mehr verschiedene Persönlichkeiten beherbergt.»
    «Schizophrenie?», fragte Julia skeptisch.
    «Persönlichkeitsspaltung», erwiderte Nina. «Es ist eine Art Psychose. Man hat mehrere verschiedene Persönlichkeiten, die vollkommen eigenständig agieren. Diese Krankheit kann durch ein Trauma ausgelöst werden. Man wird ganz einfach jemand anders, wenn es nötig ist.»
    «So ist das aber nicht», sagte Julia. «Ich war das nicht. Das war diese andere Frau, die Böse.»
    Nina nickte und drückte ihre Hand.
    «Das ist okay», sagte sie. «Ich verstehe.»
    «Nein!», rief Julia aus und zog ihre Hand zurück. «Du verstehst überhaupt nichts. Sie war da, und sie hat Alexander mitgenommen.»
    «Was glaubst du, wohin sie Alexander gebracht hat?»
    «Aber woher soll ich das denn wissen? Wenn ich es gewusst hätte, wäre ich doch hingefahren und hätte ihn geholt!»
    Nina zwang sich, ruhig und beherrscht zu bleiben.
    «Das Blut auf dem Fußboden in der Diele», sagte sie. «Der DNA-Test hat ergeben, dass es Alexanders Blut war.»
    Julia stand auf und starrte Nina an.
    «Glaubst du mir nicht?», fragte sie. «Glaubst du, ich hätte Alexander etwas angetan?
    Dass
ich
es war, die David erschossen hat?»
    Nina erhob sich ebenfalls.
    «Ich denke, dass du nicht damit rechnen solltest, freigesprochen zu werden», sagte sie.
    «Die Beweislage ist regelrecht erdrückend. Du warst dort, du bist psychisch instabil, die Mordwaffe ist identisch mit deiner Dienstwaffe, deine Fingerabdrücke sind drauf…»
    Julia drehte sich um und drückte die Klingel, um aus dem Besuchszimmer gebracht zu werden.
    «Wenn ich psychisch tatsächlich so instabil bin», sagte sie, «dann werde ich zu Maßregelvollzug verurteilt und bin in einem Jahr wieder draußen.»
    «Ich glaube, auch damit solltest du nicht rechnen», sagte Nina. «Der

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