Lebenslang Ist Nicht Genug
Schild hin mit der Aufschrift: >Jedes Vergnügen am Pool streng verboten« Auch dieser Kommentar verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Wohnanlage.
In dem Jahr, als die Eigentümergemeinschaft im Freien einen Whirl-pool anlegen ließ, hatte Gail Cindy ein paar Minuten lang mit hineingenommen. Bei ihrem nächsten Besuch wies ein Schild am Whirl-pool darauf hin, daß Kinder unter dreizehn nicht darin baden dürften.
Gail fragte sich, welche neuen Vorschriften sie diesmal erwarteten, doch dann fiel ihr ein, daß sie ohne ihre Kinder davon vermutlich unbehelligt bleiben würde. Nicht, daß die Bewohner des Eden Rock kinderfeindlich gewesen wären - die meisten von ihnen
hatten selbst Enkel -, aber sie schätzten eine gewisse Distanz zu Kindern. Was ihnen eigentlich gegen den Strich ging, das waren die Unbequemlichkeiten, die Kinder mit sich bringen. Darin unterscheiden diese Alten sich nicht sonderlich vom Rest der Menschheit, dachte Gail.
Auf einmal stand ihr Vater an ihrer Seite. »Mein Liebling, schön, daß du da bist!« Er drückte sie an sich. Gail erwiderte seine Umarmung. Sie freute sich wirklich, ihn wiederzusehen, sogar mehr, als sie erwartet hatte.
»Kommt rauf«, sagte ihr Vater und nahm Jack einen Koffer ab. »Deine Mutter erwartet euch oben. Sie hat die Wohnung ein wenig hergerichtet,’n paar Möbel umgestellt. Na, ihr werdet ja sehen.«
Sie betraten den Aufzug und drückten auf den Knopf für den vierten Stock. »Was ist denn das?« Gail deutete auf einen Kanister an der Wand.
»Sauerstoff«, sagte ihr Vater.
»Sauerstoff? Aber wozu?«
»Na, du weißt doch, wie viele alte Menschen hier wohnen. Manche haben Angst, sie könnten im Aufzug einen Herzanfall bekommen oder nicht genug Sauerstoff kriegen. Also haben sie’ne Reserve reingehängt. Übrigens einer der Gründe dafür, daß deine Mutter umziehen möchte. Sie sagt das Haus verwandle sich in ein Asyl für Tattergreise.«
Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und sie gingen über den Teppichboden auf die Wohnung am Ende des Gangs zu. Die Tür stand offen, drinnen waren auch die Balkontüren weit geöffnet, und es sah aus, als ergieße sich das Meer direkt ins Wohnzimmer, ein Effekt, den die leuchtendblauen Keramikfliesen auf dem Fußboden noch verstärkten.
»Gail!« Ihre Mutter kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Gail zog sie fest an sich. »Laß dich anschauen.« Lila Harrington trat einen Schritt zurück. »Geht’s dir gut? Du siehst aus, als hättest du noch mehr abgenommen.«
»Das glaub’ ich nicht. Jedenfalls esse ich tüchtig. Manchmal kommt’s mir vor, als sei das überhaupt alles, was ich tue.«
»So? Na, ich finde, du kannst ruhig noch was zulegen. Ich hab’ für heute abend bei Capriccio einen Tisch bestellt.«
»Hört sich verlockend an.« Gail hoffte, ihre Stimme klinge halbwegs begeistert. »Was hast du denn mit der Wohnung gemacht? Hier hat sich ja alles verändert!«
»Ich hab’ bloß die Möbel’n bißchen umgestellt, das Sofa an die Wand gerückt und den Fernseher ins Schlafzimmer geschoben.«
»Und das hat sie nur gemacht, um mich zu ärgern«, warf ihr Vater ein. »Ich hasse es, im Bett fernzusehen.«
»Sei nicht albern, ich hab’ ihn da rein gestellt, weil ein Fernseher im Wohnzimmer kein schöner Anblick ist.«
»Vier Jahre lang war an dem Anblick nichts auszusetzen.«
Gails Mutter wehrte weitere Einwände mit einer ungeduldigen Handbewegung ab.
»Und du hast die Sessel neu bezogen«, stellte Gail fest.
»Gefällt’s dir?«
Ehe sie antworten konnte, ergriff ihr Vater wieder das Wort: »Wir hatten früher so ein schönes Muster, ein herrliches Grün mit weißen Blumen...«
»Aber es paßte nicht zu den Fliesen, und außerdem war ich die Blumen leid. Diese blauweißen Streifen wirken vornehmer.«
»Zu was brauchen wir vornehme Sessel?« fragte ihr Vater giftig. »Ich jedenfalls muß keinem Bridge-Club imponieren.«
»Ich wollte gar nicht den Damen vom Bridge-Club imponieren. Ich dachte nur, es würde so hübscher aussehen. Wie findest du’s, Gail?«
»Mir gefällt’s«, sagte sie aufrichtig.
Ihre Mutter wandte sich Jack zu. »Jack, guten Tag, mein Junge.« Sie umarmte ihn.
»Grüß dich, Lila«, sagte er herzlich. »Mir gefallen deine neue Polster auch.«
»Ihr habt eben alle keinen Geschmack«, brummelte Dave.
»Sieht aus, als hätten wir einen strahlenden Tag vor uns.« Lila versuchte das Thema zu wechseln.
»Es sieht nach Regen aus«, widersprach Dave automatisch.
»Ach was, es
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