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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Gail sich immer gewünscht hatte, schlank, aber dennoch weiblich. Ihr apartes Gesicht war faltenlos, und sie setzte sich offenbar nur selten der Sonne aus.
    »Gleich als wir hier runterzogen«, erklärte sie Gail auf dem Weg zum Tennisplatz, »habe ich mir geschworen, alles zu tun, um in ein paar Jahren nicht auszusehen wie eine verschrumpelte Backpflaume. Ich lege mich pro Tag höchstens eine halbe Stunde in die Sonne, und oft lass’ ich’s ganz sein.«

    Gail fragte sich, warum sie mit dieser Einstellung überhaupt nach Florida gekommen war, aber sie sagte nichts, sondern lächelte nur zustimmend.
    Larry Snider war sehr groß, Gail schätzte ihn gut über einsachtzig. Er war vollschlank und wirkte ausgesprochen unsportlich, aber auf dem Tennisplatz erwies er sich als erstaunlich geschmeidig. Er hatte eine sympathische Stimme und eine gewinnende Art. Gail fühlte sich sofort zu ihm hingezogen.
    Gail und Jack spielten gegen die Sniders und verloren sechs zu vier. Ohne es zu wollen, freute Gail sich darüber, daß Jack und sie sich so gut geschlagen hatten. Zu ihrer Verblüffung machte es ihr sogar Spaß, den Ball übers Netz zu schmettern. Kurz nach eins brachen sie zum Golfclub auf. Sie fuhren den South Ocean Boulevard entlang, dann den Southern Boulevard und kamen schließlich auf den Dixie Highway. Der Dixie Highway war eine fade, langweilige Straße, rechts und links gesäumt von ungemütlichen Schnellrestaurants und Tankstellen, fensterlosen Bars und ebenerdigen Läden und Werkstätten. Nichts an dieser tristen Straße ließ ahnen, daß unmittelbar östlich von ihr das Meer lockte. Wären sie und Jack allein gewesen, hätte Gail vor einer solch traurigen Szenerie die Augen verschlossen, aber Larry und Sandra unterhielten sie pausenlos mit amüsanten Anekdoten über ihre jeweiligen Schwiegereltern - sie fragten Gail nicht nach ihrer Familie, woraus sie schloß, daß Jack den beiden schon von ihrer »Tragödie« erzählt haben mußte -, und so hielt sie Augen und Ohren offen. Sie warteten an einer Ampel bei Rot, als Gail jenseits der Kreuzung einen fensterlosen Laden erblickte, dessen Fassade mit knalligbunten Plakaten beklebt war. Darüber stand in riesigen blutroten Lettern der Name des Geschäfts: »Mother’s«, und gleich darunter war in ebenso großer, abwechselnd schwarzer und blauer Schrift zu lesen: »An- und Verkauf von Waffen aller Art − alt, neu, gebraucht. Die größte und beste Auswahl in ganz Florida.« Und weiter unten: »Gewehre, Revolver, Pistolen.« Der Laden handelte auch mit anderen Waren, für die
ebenfalls an der weißen Fassade des niedrigen Gebäudes geworben wurde: Campingausrüstung, Angelzubehör, Werkzeuge. Schießeisen- und Hobby-Markt unter einem Dach, sinnierte Gail, als die Ampel auf Grün schaltete und der Wagen anfuhr. Im Vorbeifahren sah sie, daß die etwas zurückgesetzte Eingangstür mit Maschendraht überzogen war. Eine Festung, dachte sie und reckte den Hals, um einen letzten Blick auf das Geschäft zu erhaschen. Mother’s, Mutters Laden, wiederholte sie still für sich. Ein Name, den sie bestimmt nicht vergessen würde. »Das ist aber’n imposantes Geschäft«, sagte sie laut.
    »Kann man wohl sagen«, bestätigte Larry. »Da kriegt man einfach alles. Die führen jeden erdenklichen Waffentyp.«
    »Haben Sie eine Waffe?« fragte Gail interessiert.
    »Gleich als wir hier runterzogen, hab’ ich mir’ne Pistole gekauft«, antwortete er.
    »Und warum?« Gail rutschte auf ihrem Sitz nach vorn.
    »Reiner Selbstschutz. Die Guten müssen endlich anfangen, sich zu wehren.«
    Jack lachte. »Aber wie soll man dann noch zwischen Guten und Bösen unterscheiden können?«. fragte er.
    »Wer zum Schluß noch aufrecht steht, das ist der Gute.«
    Gail lächelte über Larrys Antwort.
    »Die Bestimmungen über den Erwerb von Schußwaffen sind hier unten der reinste Witz«, sagte Sandra. »Man kann etwa eine Pistole kaufen, wie man sich im Supermarkt was aus dem Regal nimmt. Man muß nur ein Formular ausfüllen und versichern, nicht vorbestraft zu sein. Dann wird gezahlt, und die Kanone gehört Ihnen - so einfach ist das.«
    »Gibt es denn keine Wartefristen?« fragte Gail.
    »Die Regierung versucht immer wieder, eine dreitägige Wartefrist einzuführen, doch bisher wurde dieser Antrag stets niedergeschlagen.« Sandra lachte. »Wär’ ja auch schade um all die improvisierten Jagdausflüge, die ins Wasser fielen, wenn man drei Tage auf ein Gewehr warten müßte.«

    »Also kann jeder in

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