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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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sich. »Ich hätte nicht versuchen sollen, etwas zu erzwingen, das mit der Zeit...«
    »Du hast nichts erzwungen. Es liegt an mir, Jack. Nicht an dir. Du hast alles getan, was du nur irgend tun konntest. Du warst geduldig, nachsichtig und liebevoll... Es hat nichts mit dir zu tun. Auf keinen Fall...«
    »Ich hätte warten können.«
    »Nein.« Gail schüttelte traurig den Kopf. »Das hätte auch nichts geändert. Schau, das versuche ich dir ja gerade klarzumachen. Ich werde in einem Jahr noch genauso empfinden.« Er wollte ihr widersprechen, doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Ich kann heute nicht mit dir schlafen... Ich werde es auch in Zukunft nicht können, ganz gleich, wieviel Geduld du aufbringen magst, ganz gleich, wie lange du auch wartest... Denn wenn du mich berührst, kann ich an nichts anderes denken als daran, daß dieses Ungeheuer das gleiche mit unserem Kind gemacht hat. Ich sehe nur die Hände dieser Bestie auf dem Körper unseres kleinen Mädchens. Ich spüre sein Gewicht auf ihrem zarten Leib und fühle, wie er mit Gewalt in sie eindringt. O mein Gott, ich würde alles darum geben, nicht so zu empfinden, aber ich komme nicht dagegen an. Wenn ich dich nackt sehe...« Ihr Schluchzen drohte ihre Worte zu ersticken. »Ich hab’s versucht. Ich dachte, ich könnte es. Ein paar Minuten lang schien es, als hätte ich vergessen, daß... Aber dann war die Erinnerung wieder da, und mit ihr der Haß, der Ekel, die Scham. Ich weiß, daß ich nie mehr mit einem Mann zusammensein kann, weil das Bild dieses Unmenschen, der sich an unserem Kind vergreift, mich nicht loslassen wird. Tagsüber oder wenn ich allein bin, kann ich es einigermaßen unterdrücken, aber wenn wir beide so wie jetzt zusammen
sind, dann kommt alles wieder hoch. O Gott, Jack, verlaß mich.« Sie schluchzte wild. Tränen liefen über Jacks Wangen. »Such dir eine andere Frau, und fang ein neues Leben an. Such dir eine, die dich so lieben kann, wie du es brauchst und wie du es verdienst, du lieber, wunderbarer Mann, du.« Jack wollte etwas sagen, aber sie legte ihm sanft die Hand auf die Lippen. »Nein, Jack, bitte hör mir zu. Es ist nicht fair dir gegenüber. Ich weiß, daß du mich liebst. Es wäre nicht fair von mir, dich weiter in der Hoffnung leben zu lassen, ich könne je wieder anders empfinden...«
    »Du könntest...«
    »Nein... ganz gewiß nicht. Trenn dich von mir, Jack. Such dir eine andere Frau. Ich bin nicht mehr dieselbe wie früher. Ich kann nie mehr so sein. Such dir eine andere. Ich werde Verständnis dafür haben.«
    »So, wirst du das?« Er drehte sich um und zog ein Laken über seinen nackten Körper. »Dann versuch auch das zu verstehen: Ich liebe dich, und nichts, was du sagst oder tust oder auch nicht tust, wird mich dazu bringen, dich zu verlassen. Mich wirst du nicht los, ob dir das nun paßt oder nicht. Denn ich liebe dich, und ich brauche dich... Aber das ist es nicht allein, verdammt, du bist mein bester Kamerad, du bist mir so vertraut... Und selbst wenn dieser Verrückte mir nicht nur meine Tochter geraubt, sondern mir auch die Frau weggenommen hat, wird er mir doch nicht den besten Freund nehmen, den ich auf Erden habe. Das lasse ich nicht zu. Er hat uns genug gestohlen, Gail. Bitte, laß ihn nicht noch mehr bekommen.«
    Gail beugte sich vor und bettete Jacks Kopf in ihren Schoß. So saßen sie beieinander, bis es dunkel wurde und sie unter die Decke krochen. Als Gail endlich die Augen schloß und einschlief, war sie fester denn je davon überzeugt, daß Jack ein besseres Schicksal verdiene und ohne sie leichter durchs Leben käme.

20
    Das Telefon klingelte, als Gail den Mantel anzog, um aus dem Haus zu gehen.
    »Hallo?«
    Sie versuchte, ungeduldig zu klingen, damit die Person am anderen Ende der Leitung sofort begriffe, daß sie in Eile sei und keine Zeit für ein ausgiebiges Telefonat habe.
    Sie brannte darauf, nach Newark zu fahren und ihre Nachforschungen wieder aufzunehmen.
    »Na endlich!« vernahm sie Lauras triumphierende Stimme. »Ich kann’s gar nicht fassen, daß ich dich endlich erreicht habe. Wo hast du denn gesteckt?«
    »Jack und ich waren ein paar Tage auf Cape Cod. Wir sind erst gestern abend zurückgekommen.«
    »Klingt ja fabelhaft! Wie war’s denn?«
    »Kalt«, antwortete Gail, die es vorzog, die eigentliche Bedeutung der Frage zu überhören.
    »Wo bist du denn vor eurer kleinen Reise gewesen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich hab’ wochenlang täglich versucht, bei dir anzurufen.

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