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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Hauswirtin sie hinauf in den ersten Stock führte.
    »Hab’ nie von einem Nick Rogers gehört«, sagte die Frau.
     
    Sie erkannte ihn schon von weitem und wollte um die nächste Ecke verschwinden, doch er hatte sie bereits gesehen und kam mit raschen Schritten auf sie zu. Gail wappnete sich gegen einen Schwall von Fragen. Sie zog den abgetragenen Tuchmantel fester um die Schultern.
    (»Um Gottes willen, Gail, meinst du nicht, es sei an der Zeit, daß du dir einen neuen Mantel kaufst?« hatte Jack sie gefragt, als sie vor drei Nächten vom Krankenhaus heimfuhren. Sonst hatte er nichts gesagt.)
    »Gail!« Er griff nach ihrem Arm. »Mein Gott, ich kann’s kaum glauben. Was, zum Teufel, machst denn du in dieser Gegend?« Er betrachtete sie von oben bis unten. »Gehst du auf einen Lumpenball?« scherzte er und fuhr mit ernster Stimme fort: »Was ist mit deinem Auge?«
    »Guten Tag, Mike.« Sie ignorierte seine Fragen. »Wie geht’s Laura?«
    »Danke, gut. Du fehlst ihr sehr. Aber sie ist zu stolz, um dich dauernd vergeblich anzurufen. Hör mal, du hast meine Fragen nicht beantwortet. Was ist mit deinem Gesicht?«
    Gail betastete automatisch die geschwollene Stelle unter ihrem linken Auge. »Ich bin überfallen worden. Jemand hat meine Tasche gestohlen.«

    »O Gott! Haben sie ihn geschnappt?«
    »Nein.« Gail schüttelte den Kopf und zuckte zusammen. Solch abrupte Bewegungen schmerzten immer noch. »Aber die Polizei verfolgt mehrere Spuren.« Sie fragte sich, ob Mike wohl den unterschwelligen Sarkasmus aus ihren Worten herausgehört hatte.
    »Und was tust du hier?« fragte er noch einmal.
    »Ich hab’ einiges zu erledigen.«
    »In Newark?«
    »Warum nicht in Newark? Du bist doch auch hier.«
    »Ich bin Strafverteidiger, und ich besuche einen Mandanten. Hör mal, es ist schrecklich kalt hier draußen. Wollen wir nicht irgendwo einen Kaffee trinken?«
    »Mir nach!« Gail wußte, daß sie bei Mike mit Ausflüchten nichts erreichen würde. Sie führte ihn durch eine Seitenstraße und bog dann in eine zweite ein. »Da sind wir.« Sie standen vor Harrys Imbißstube, Gails Lieblingslokal unter den hiesigen Kneipen. »Der Kaffee ist prima hier«, sagte sie.
    Mike sah sich um, als fürchte er, ein Bekannter könne ihn beim Betreten eines solchen Schuppens ertappen, dann folgte er Gail.
    »Tag die Dame«, grüßte Harry von der Theke her, als er Gail erkannte. Gail lächelte ihm zu und führte Mike zu ihrem Stammplatz an einem der hinteren Tische.
    Harry folgte ihnen auf den Fersen, wischte den Tisch ab und brachte zwei Glas Wasser. »Wie sieht denn der Gegner von diesem Boxkampf aus?« fragte er, legte Gail die Hand unters Kinn und drehte ihr Gesicht dem Licht zu. »Das ist ja’n Prachtveilchen! Was darf’s sein?«
    »Nur einen Kaffee, bitte.«
    »Für mich dasselbe«, sagte Mike.
    »Ich hab”ne frische Lieferung von den Kirschtörtchen, die Sie so gern mögen.« Harry grinste verheißungsvoll.
    »Heute nicht«, sagte Gail.
    Er nickte und ging. Das schätzte Gail an Harry - er bot an und
fragte, aber er bedrängte seine Gäste nie. Harry war ihr außerdem eine große Hilfe, denn er plauderte mit ihr über seine Stammgäste und hielt sie über die Ereignisse in der Nachbarschaft auf dem laufenden. Sie lächelte, als sie merkte, wie verwirrt Mike sie über den Tisch hinweg anstarrte.
    »Bist du hier Stammgast?« Sein Lachen sollte eine ernstgemeinte Frage als harmlosen Kalauer erscheinen lassen.
    »Ich komme ab und zu her.« Gail hob die Schultern.
    Mike sah sich um. Das Lokal war klein und eng; Holztische auf der einen Seite, die Theke auf der anderen, umgeben von hohen Metallhockern. Verwaschene Grün- und Grautöne bestimmten die Farbpalette. Das Besteck war kaum besser als gewöhnliches Plastik. Außer ihnen beiden saßen nur wenige Gäste im Lokal, denn die Mittagszeit war vorbei. Gail konnte Mike vom Gesicht ablesen, welche Anstrengung es ihn kostete, sein Befremden für sich zu behalten.
    »Na«, nahm er einen neuerlichen Anlauf, »wie ist es dir denn ergangen, abgesehen davon, daß man dich überfallen und ausgeraubt hat?«
    »Gut, danke.« Sie nickte.
    »Ich hab’ gehört, du und Jack, ihr wart ein paar Tage auf Cape Cod?« Gail nickte wieder. »Und, wie war’s?«
    »Kalt.«
    »Das hast du Laura auch geantwortet, stimmt’s?« Auch diesmal nickte Gail nur.
    »Wie geht’s Jennifer?«
    »Gut.«
    »Kommt sie in der Schule klar?«
    »Ja, ganz gut.«
    »Schön.«
    Harry brachte zwei Tassen dampfenden Kaffee an ihren

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