Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebensversicherung (German Edition)

Lebensversicherung (German Edition)

Titel: Lebensversicherung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schnare
Vom Netzwerk:
Millionen
für durchschnittlich acht Jahre in der Todeszelle. Warum wohl? Ein Haufen Geld,
dessen Verwendung dem Steuerzahler plausibel gemacht werden muss. Aber die
wenigsten fragen nach. Sonst würden sie hören, dass Lebenslänglich viel
billiger ist, unter einer Million Dollar. Nein, die Rache ist ihnen das wert.
Weil sie edel ist, nicht wahr?
    Schmid nahm die Bibel, drehte sie auf den Kopf und biss sich
in die Oberlippe.
    - Ihr wisst doch, wie Todesurteile in den USA zustande
kommen? Habt Dead Man Walking gelesen? Amnesty International? Anderes auch?
Hey, Respekt.
    Dann brauche ich dazu nichts mehr zu sagen.
    Aber die Berufung! 1996 unterschrieb der Präsident ein
Gesetz, das die Berufungsverfahren verkürzte. Er hat das wohl wegen dem Geld
gemacht, oder weil er meinte, es säßen zu viele auf Death Row, oder warum auch
immer. War ja früher nicht so für die Todesstrafe, aber wer muss nicht auf
seine Wähler Rücksicht nehmen? Weicheier machen keine Karriere.
    Jedenfalls, wäre ich Mitglied von denen da, ich würde sagen:
Danke, Herr Präsident. Denn, wenn die Berufungsverfahren einmal abgeschlossen
sind, dann ist eine Wiederaufnahme endgültig unmöglich. Die Delinquenten sind
nun sicher. Keine Begnadigung, keine Rehabilitierung, nicht zu Lebzeiten, nein.
Was?
    Charlie hatte gesagt, dass es doch noch den
Begnadigungsausschuss und den Gouverneur gebe.
    - Ja, die gibt es. Aber - überleg´ doch mal. Die
Ausschussmitglieder werden vom Gouverneur ernannt. Sie erhalten fürstliche
Gehälter. 30, 40 Tausend Dollar im Jahr.
    Sie dürfen doch nicht die Wünsche ihres Chefs ignorieren, tun
was sie wollen. Wie stellst du dir das vor? Und, juristische Vorkenntnisse sind
für das Amt nicht erforderlich. Es hat nur eine Alibifunktion. Grausam ist, dass
die Verurteilten, ihre Angehörigen oder ihr Beistand sich Hoffnung machen. Sie
tun ihr Bestes, geben die bestmögliche Präsentation vor dem Ausschuss ab, aber
– denkste.
    Schmid wischte mit der Hand über den Tisch.
    - Der Ausschuss stimmt der Hinrichtung zu. Wie sollte das
auch anders gehen? Wenn da die Angehörigen der Mordopfer sitzen und um Rache
bitten? Wenn sie, um ihre Rache zu befriedigen, bei der Hinrichtung in
vorderster Reihe zugucken dürfen?
    Nein, Charlie, da will man keine Gnade.
    Schmid schüttelte lange den Kopf.
    - Das ganze System ist nicht darauf ausgelegt. Eine
Resozialisierung wird durch die Haltungsmethoden unmöglich gemacht.
    Bleiben wir in Huntsville, wo es seit Anfang ´90 nur noch die
Todesspritze gibt. Huntsville lebt von seinen Gefängnissen, von der
Hinrichtungsindustrie. 16 Millionen Dollar an Löhnen fließen Monat für Monat
für 11.000 Angestellte, die 15.000 Häftlinge bewachen und verwalten. Der zweite
große Arbeitgeber ist die Sam Houston University mit 11.000 Studenten. Ich bin
sicher, die müssen alle für die Todesstrafe sein.
    Huntsville sollte ursprünglich die Hauptstadt von Texas
werden. Zum Trost bekam die Stadt sieben Gefängnisse.
    Schmid  grinste.
    - Rom wurde auch auf sieben Hügeln erbaut.
    Vor kurzem habe ich das Büchlein von Margrit Sprecher
bekommen. Es heißt "Leben und Sterben im Todestrakt" und beschreibt
die Umgangsformen in Huntsville. Ihr habt es gelesen?
    Wir schüttelten beide den Kopf.
    - Solltet ihr aber. Sehr eindringlich. Man möchte es nicht
glauben, aber ich glaube es. Der Kontaktverlust zur Außenwelt und die Isolation
in der Todeszelle verursachen bei dem Verurteilten ausgeprägte Gefühle der
Ausgrenzung,  die in sozialer und sensorischer Deprivation enden. Es kommt zum
Tod der Persönlichkeit. Manchmal vollzieht sich dieser Prozess schon lange vor
der Hinrichtung. Der Gefangene wird realitätsfremd, willenlos und
manipulierbar. Er wird regelrecht gebrochen durch Vereinsamung und die Folter
des langen Wartens auf den eigenen Tod.
    Schmid horchte eine Weile in sich hinein, wartete, bis er
weiter sprach.
    - Die Wärter werden während ihrer Ausbildung gewarnt,
persönliche Beziehungen zu den Gefangenen aufzubauen. Auch das ist gewollte
Isolation. Das Verhältnis zwischen dem Verurteilten und seinen Wärtern besteht
so nur durch Bewachung, Bevormundung und Bestrafung. Eine persönliche Zuwendung
ist ausgeschlossen. Viele der Wärter arbeiten schon in der dritten oder vierten
Generation im Knast.
    Wenn das Todesurteil auf Vollstreckung durch ´Lethal Injection´
lautet, dürfen die Gefangenen keinen Kontakt mehr zur Außenwelt haben. Bei Tod
auf dem elektrischen Stuhl ist das anders, hier gibt es

Weitere Kostenlose Bücher