Lebensversicherung (German Edition)
Sein Freund konnte ihm den Gefallen nicht tun. Warum wohl?
Charlie hatte den Fall Tucker verfolgt.
- Erich, mir wird jetzt vieles klar. Die Gnadenlosigkeit?
Alles vorbestimmt? Geschäft?
Nachdem wir den Inhalt der Diskette gelesen hatten, hatte
Charlie immer wieder gezweifelt. Für sie konnte das doch einfach nicht wahr
sein. Sie mochte Amerika. Dieses herrliche Land und die Freundlichkeit der
Menschen. Hinrichtung als Strafe, das konnte sie vielleicht noch akzeptieren,
aber als kühl kalkuliertes Geschäft? Zum Nutzen weniger Privilegierter?
- Ich will nichts mehr hören. Ich will noch nach Amerika
fahren können, ohne das es mich graust. Hör auf!
Charlie war verzweifelt. Sie sprang ins Dinghi, machte es los
und fuhr an den Strand.
- Erich, ich will den Rest hören. Alles.
Ich sah ihn an.
- Du hast sicher weiter gedacht. Wie ist das bei der
Hinrichtung? Ich weiß, dass seit etwa 10 Jahren fast ausschließlich mit der
Spritze hingerichtet wird. Ich weiß, dass das Verfahren der im Krankenhaus in
der Anästhesie angewandten Methode ähnelt. Allerdings mit dem Unterschied, dass
hier tödliche Mengen der Mittel verabreicht werden.
Schmid nickte mir zu und verschränkte die Arme vor der Brust.
- Und wenn nicht? Wenn keine tödlichen Mengen gespritzt werden?
Wenn nur so viel gegeben wird, dass das Hirn tot ist?
Schmid stand auf und ging in die Kajüte. Er kam zurück mit
einigen Papieren.
- Überleg´ mal. Wer füllt denn die Spritzen? Den Leuten, die
bei der Exekution dabei sind, wird gesagt, was sie zu tun haben. Ihnen wird
vorgeschrieben, wie viel Zeit sie dafür haben, und was sie in dieser Zeit zu
tun haben. Sie brauchen keine Verantwortung zu übernehmen. Ärzte sind nicht
dabei.
Schmid zeigte auf die Papiere.
- Ich habe hier das berühmte Missouri-Protokoll über die
Ausführung der tödlichen Injektion. Operation and Instruction Manual. Bedienungsanleitung. Fred A. Leuchter
Associates, Incorporation.
Leuchter stellt Tötungsmaschinen her. Gaskammern, Galgen,
elektrische Stühle, tödliche Injektionsmaschinen. Sogar ein mobiles
Injektionssystem hat er im Programm. Na, das ist bestimmt ein Exportschlager.
Auch China benutzt mittlerweile die Spritze. Taiwan,
Guatemala, die Philippinen. Es werden mehr. Aber Amerika ist Spitze.
In 38 Staaten der USA ist sie die einzige oder eine mögliche
Exekutionsmethode. Von 1977 bis 1996 wurden über 200 Menschen mit der
Giftspritze hingerichtet. 1997 waren es 68, sechs wurden auf dem elektrischen
Stuhl gebraten. 59 waren es 1998, wobei sieben auf dem Stuhl endeten und einer
in der Gaskammer. Im letzten Jahr, 1999, töteten sie 94 mit der Spritze, drei
auf dem Stuhl und einen im Gas. Insgesamt starben in den letzten 23 Jahren 598
Menschen in den Todeszellen der USA.
Schmid wedelte mit den Papieren durch die Luft.
- Du siehst, die Spritze ist das Mittel der Wahl. Sie erlaubt
es, einen Menschen zu töten, ohne dabei Schlüsselorgane zu beschädigen. Und es
gibt Presseberichte, wo Ärzte erklären, dass die Art der Hinrichtung so gewählt
werden solle, dass Herz und andere Organe für Transplantationen verfügbar
bleiben.
Schmid hielt mir das Papier unter die Nase.
- Dieser Leuchter sagt von sich, dass es ihm ein Anliegen
sei, Tötungsmaschinen zu verbessern. Möglichst schnell, einfach und schmerzlos
sollen sie arbeiten. Den elektrischen Stuhl mag er nicht. Obwohl er ihn
verbessert haben will, sagt er doch, dass die Elektrokution eine widerliche
Angelegenheit bleibe.
Aber die Nadel sei leicht. Er hat einen vollautomatischen,
computergesteuerten Injektionsautomaten erfunden.
Schmid blätterte in den Papieren.
- Hier steht alles drin. Es gibt zwei Schalter, die zum
Beginn der Exekution von jeweils einem Henker gleichzeitig umgelegt werden
müssen. Der Computer entscheidet nun zufällig, welcher Schalter die Kaskade in
Gang setzt. Keiner soll wissen, wer die Prozedur ausgelöst hat, keiner soll
sich schuldig fühlen.
Der Rechner kontrolliert also die Injektion. Alles geschieht
elektrisch. Sollte der Strom ausfallen, dann sorgen Batterien für einen
reibungslosen Ablauf. Perfekt.
Der Computer bestimmt auch den zeitlichen Ablauf, wie die
Dauer des Giftflusses oder den Pegelstand des Giftes.
Schau dir an, was er über die Prozedur schreibt.
Schmid zitierte:
- `It is suggested that the following
procedure might be followed to facilitate a smooth execution.´ Leuchter zählt neun Punkte auf.
Zuerst soll eine halbe Stunde vor der Exekution ein Antihistamin
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