Leck mich
schoss aus dem Bett und rannte ins Badezimmer. Auf dem Weg dahin blickte ich aus dem Fenster und sah, dass eszum ersten Mal in diesem Jahr schneite. Ich rannte zurück in mein Zimmer und zog ein Thermohemd an. Ich hatte es noch nicht ganz über den Kopf gestreift, als ich wieder rausflitzte und dabei Emma fast über den Haufen gerannt hätte.
»Puh, pass doch auf, Emma«, sagte ich. Aber sierannte einfach weiter an mir vorbei in mein Zimmer rein. Ich drehte um und folgte ihr.
»He, was ist los, Emma?« Sie lag in meinem Bett und hatte sich die Bettdecke über den Kopf gezogen.
»Ich gehe heute nicht zur Schule«, jammerte sie. »Ich gehe heute nicht zur Schule und auch an keinem anderen Tag mehr.« Ich wusste, dass sie weinte, weil ihre Stimme so krächzte, wie es nur klingt, wenn man die Worte nicht richtig rausbekommt.
»Emma, komm schon. Natürlich gehst du heute zur Schule. Warum sagst du mir nicht einfach, was los ist?«
»Mommy hat mir grad gesagt, dass sie mich mit keinen von meinen Spielsachen mehr spielen lässt, wenn ich nicht mein Frühstück esse.«
»Emma, Mommy macht sich halt Sorgen um dich. Sie will nicht, dass du krank wirst. Wenn du nicht isst, wächst du nicht, und dein Körper ist nicht gesund. Niemand will, dass das passiert.«
»Aber das ist doch bloß, weil alles, was ich esse, eklig schmeckt. Nur nicht Süßigkeiten und Chips. Gesund essen kann ich, wenn ich ältef bin. Aber jetzt gerade will ich Süßigkeiten und Chips.«
»Keith!«, schrie Mom wieder. »Du verpasst gleich den Bus, und ich fahre dich heute nicht. Die Straßen sind furchtbar glatt. Du beeilst dich jetzt besser!«
Ich schnappte mir meinen Rucksack. »Tut mir leid, Emma. Ich muss los. Vielleicht können wir heute nach der Schule miteinander reden.«
»Wie du willst«, sagte sie traurig. »Aber kommst ja doch erst so spät nach Hause, und ich bin dann schon im Bett.« Jetzt weinte sie noch stärker.
»Ich versuche, früh nach Hause zu kommen, Emma, versprochen«, sagte ich, während ich schon aus der Tür rannte und versuchte, den Bus noch zu erwischen.
Go Gooz
Ich schaffte es gerade noch in den Bus. Etwas später, und die Fahrerin, Mrs Grimp, hätte die Tür geschlossen und mich stehen lassen.
»Ich war schon drauf und dran, ohne dich loszufahren, Furz!«, sagte sie sachlich. Ich fand es nicht so ganz passend, dass die Busfahrerin mich Furz nannte, aber andererseits nannten mich zurzeit alle Furz.
»Bei Schnee musst du früher zu Hause los. Ich habe gehört, du sollst so eine Art Genie oder so sein. Bis du eine Möglichkeit erfunden hast, dich selbst rechtzeitig zur Schule zu befördern, erwarte ich, dass du schon an der Haltestelle stehst, wenn ich vorfahre. Und jetzt setz dich.«
»Ihnen auch einen guten Morgen, Mrs Grimp«, sagte ich und ging nach hinten zu meinem Platz neben Scott. An den Tagen, an denen seine Mutterarbeitet, steigt er beim Haus seiner Tante ein. An diesen Tagen ist er dann schon vor mir im Bus.
Der Bus fuhr los, noch ehe ich richtig saß, und so plumpste ich regelrecht auf den Sitz.
Bevor ich ein Wort sagen konnte, gab mir Scott ein T-Shirt mit der Bemerkung: »Zieh das an.«
»Was ist das?«
»Da ist ein Neuer in der dritten Klasse, vor einer Woche hergezogen. Er läuft bei einem Marathon mit, um Geld für irgendeine wohltätige Sache zusammenzukriegen, bei der seine Eltern mitmachen. Der Marathon ist an diesem Wochenende, und deshalb tragen wir alle die Shirts, um ihn zu unterstützen. Deine Firma hat die Shirts für die ganze Schule bezahlt. Du bist ein mächtig großzügiger Typ«, sagte er mit einem Grinsen.
»Und was hältst du davon, mich beim nächsten Mal erst zu fragen?«, fragte ich. »Warum hab ich nie von dem Jungen gehört? Ein Drittklässler läuft beim Marathon mit? Sind das nicht an die vierzig Kilometer oder so?«
»Zweiundvierzig Komma eins neun fünf Kilometer, um genau zu sein. Jetzt zieh das Shirt schon an.«
Ich hielt es hoch. »Go Gooz«, stand darauf.
»Heißt der Junge Gooz? Was für ein Name ist das denn überhaupt?«, fragte ich.
»Ich weiß nicht. Sein Nachname ist Gooz. Ich hab ihn nicht so genannt«, sagte Scott und schaute aus dem Fenster in den Schnee hinaus.
»Was haben wir dafür bezahlt? Und wieso zahlt die Schule nicht dafür oder die Familie von dem Jungen?«
»Weil ich dem Rektor gesagt hab, dass wir uns darum kümmern würden. Mach dir keine Gedanken. Das ist gut für die Firma. Das können wir in diesem Jahr als gemeinnützige Spende von
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