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Lee, Julianne

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Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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die Armee Charles Stuarts einzutreten. Als er in die Mitte des Platzes gezerrt wurde, glitt er im Schlamm aus. Ein roter Blutstrom rann an seinem Bein hinunter, sein langes Haar klebte ihm im Gesicht. Mit zitternden Fingern strich er es zurück, während er mit brechender Stimme das Schicksal seiner Frau und seiner Kinderbeklagte und immer wieder verzweifelt um sein Leben flehte.
    Doch der englische Soldat kannte kein Erbarmen. Er zog seine Pistole aus dem Gürtel, setzte dem Gefangenen den Lauf an den Hinterkopf und drückte ab.
    Leah zuckte zusammen, als die Schädeldecke des Mannes zu explodieren schien und der Sterbende vornüber in den Schlamm tippte. Ohne sichtbare Gefühlsregung schob der Soldat seine Pistole in den Gürtel zurück, wandte sich ab und ließ den Jakobit im Regen liegen. Der bäumte sich ein letztes Mal auf, dann regte er sich nicht mehr.
    Leah brach der kalte Schweiß aus, sie begann zu zittern, als sich Welt plötzlich um sie drehte. Sie wusste kaum, wie sie ins Haus zurückgelangte . In der Nacht fand sie keinen Schlaf, sondern sah immer wieder das grässliche Bild des zersplitternden Schädels vor sich.
    Amnächsten Tag bekam Ciaran Fieber. Seine Haut glühte, und
    während der nächsten drei Tage wälzte er sich auf seinem Lager herum und stöhnte im Halbschlaf, während Leah ihn wieder und wieder mit feuchten Tüchern abrieb, um seine Körpertemperatur zu senken, Sie weckte ihn, um ihm Wasser einzuflößen, doch feste Nahrung brachte er nicht herunter. Sie konnte nichts für ihn tun außer immer wieder frisches Wasser herbeizuschleppen und ihm Kühlung zu verschaffen, so gut es ging.
    Am dritten Tag sank das Fieber, auf seiner Haut lag nur noch ein feiner Schweißfilm, und er konnte ein wenig mit Wasser verrührtes Hafermehl zu sich nehmen. Er sah aus, als stünde er an der Schwelle des Todes, doch Leah war so erleichtert, weil er endlich wieder etwas essen konnte, dass sie über seine Blässe und den starken Gewichtsverlust hinwegsah. Jetzt war sie überzeugt, dass Ciaran am Leben bleiben würde, und nichts sonst zählte. Im Laufe der nächsten zwei Tage tat er nichts als schlafen, essen und wieder schlafen.
    Doch dann kam der Tag, wo er seine Umgebung wahrzunehmen begann. Der Nebel, in dem er dahingedämmert war, seit die feindliche Kugel ihn getroffen hatte, lichtete sich, und er sah sie aus klaren, wachen Augen an.
    »Wo sind wir?«
    Leah war gerade dabei, ihn mit dem dicken Hafermehlbrei zu füttern, den er drammach nannte. »In einem verlassenen Haus«, erwiderte sie. »Eigentlich ist es nur eine alte, halb verfallene Torfkate-Hütte.«
    »Nein, ich meine, wo sind wir? Noch in Inverness? Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass mir ein Engel gesagt hat, er liebe mich. Ich war sicher, tot und auf dem Weg in den Himmel zu sein.«
    »Du bist nicht im Himmel, nur in Nairn.« Sie schob ihm einen weiteren Klumpen drammach zwischen die Lippen, und er schluckte gehorsam.
    »Nairn ist wenigstens Schottland. Hoffentlich muss ich nie wieder einen Fuß auf englischen Boden setzen.« Er schwieg, während
    sie ihn weiter fütterte, dann betastete er seine Brust und zuckte zusammen. »Wie kommt es, dass ich noch am Leben bin?«
    »Du hast ein Kreuz um den Hals getragen, weißt du noch?« Kreuz und Kette lagen auf seinem Kopfkissen. Sie hob beides hoch und zeigte es ihm. »Das hat die Kugel abgelenkt, sonst wäre sie dir direkt ins Herz gedrungen.«
    Mit seiner gesunden Hand nahm Ciaran ihr die Kette ab und untersuchte das zersplitterte Kreuz und den verbogenen Ring. »Mein Vater hat das immer getragen. Der Ring war der Ehering meiner Mutter.«
    »Hmmm«, machte sie. »Sie hat dich wohl noch aus dem Jenseits beschützt.«
    Ciaran schien eine Weile darüber nachzudenken, dann blickte er sich um. »Wie bin ich hierher gekommen?«
    »Ich habe dich hergebracht. Äh... wir haben dich hergebracht.«
    Er musterte sie einen Moment lang forschend, ehe er sagte: »Ich verstehe. Demnach hast du Tinkerbell kennen gelernt.«
    »Tinkerbell?« Leah lächelte. »Was für ein ungewöhnlicher Name. Sie hielt es nicht für nötig, sich vorzustellen, aber sie wird es wohl gewesen sein. Jetzt weiß ich auch, warum du so felsenfest an die Existenz von Feen glaubst.«
    Er grunzte, dann schluckte er einen weiteren Bissen drammach. »Bist du zum Schlachtfeld gekommen, um deinen Vater kämpfen zu sehen?«
    Leah stöhnte unwillkürlich auf, als sie an den Gesichtsausdruck ihres Vaters an jenem Tag dachte und daran, was er

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