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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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dorthin und helfe beim Verbinden.«
    Martha nickte, reichte ihr den Wasserkrug und die Decken, die sie über dem Arm trug, und kehrte zum Haus zurück. Leah ging ein paar Schritte auf die Kirche zu, wo sich bereits andere Stadtbewohner eingefunden hatten, um den armen verletzten Rotröcken beizustehen. Dann huschte sie um die Schenke herum und machte sich auf den Weg zu der verfallenen Hütte.
    Unterwegs fiel ihr ein, dass sie vielleicht auch etwas essen sollte, sonst würde sie am Ende noch krank werden. Doch nachdem sie einen Bissen von dem Brot hinuntergewürgt hatte, das Martha ihr eingepackt hatte, stellte sie fest, dass es ihr wie Blei im Magen lag. Trotzdem zwang sie sich, ein großes Stück zu verzehren, wahrend sie ihren Weg fortsetzte.
    Ciaran schien noch zu atmen, als sie in das pechschwarze Loch schlüpfte. Sie tastete nach seiner Brust und registrierte erleichtert, dass sie sich unter ihrer Hand schwach hob und senkte.
    »Lieber Gott, ich danke dir!« Mit zitternden Fingern entzündete sie eine Kerze und stellte sie neben Ciaran auf den Lehmboden. Dann breitete sie eine Decke über ihn und zog sie bis zur Taille hoch. Sein Gesicht war aschfahl, sein Atem ging flach.
    Als sie eine Hand ausstreckte, um das klaffende Loch in seiner Brust zu untersuchen, bemerkte sie zum ersten Mal die Silberkette, die um seinen Hals lag und deren Ende in der Wunde verschwand.
    Sie griff danach und zog vorsichtig daran. Ciaran stöhnte, seine Lider flatterten, aber er blieb bewusstlos. Wieder zog sie an der Kette, doch das Ende ließ sich nicht aus der Wunde befreien. Sie tastete den Rand des blutigen Loches ab, konnte aber nichts feststellen. Was auch immer in der Wunde stecken mochte, sie musste es herausholen, entschied sie, selbst wenn sie Ciaran Schmerzen bereitete. Ohne auf sein gequältes Stöhnen zu achten, zog sie nochmals kräftig an der Kette.
    Im Fleisch neben Ciarans Brustbein tauchten ein zersplittertes Holzkreuz und ein verbogener goldener Ring auf.
    »0 Gott «, flüsterte Leah erschrocken. Die Kugel, die ihn in die Brust getroffen hatte, war von Ring und Kreuz abgelenkt worden, sonst hätte sie sein Herz durchbohrt. Behutsam tastete sie Ciaran ab, suchte nach der Stelle, wo die Kugel wieder ausgetreten war, entdeckte eine weitere Wunde oberhalb seines rechten Ellbogens. Ein Loch an der rechten Brustseite verriet ihr, dass die Kugel seine Brust und seinen Oberarm durchschlagen hatte. Offensichtlich hatte er in dem Moment, in dem er getroffen worden war, mit seinem Schwert zu einem Streich ausgeholt.
    Die Einschusswunde hatte wieder zu bluten begonnen. Leah nahm ein Stück von dem Leinen, mit dem sie ihn verbinden wollte, und presste es gegen seine Brust, was ihn erneut aufstöhnen ließ. Unter der Haut spürte sie etwas Hartes. Irgendein Fremdkörper musste noch in der Wunde stecken. Sie griff nach der Kette und untersuchte das hölzerne Kreuz genauer.
    Der untere Teil des Längsbalkens bestand nur noch aus Splittern, die winzigen Füße der goldenen Christusfigur hingen im Leeren. Leah stöhnte unterdrückt auf, als sie die Wundränder erneut abtastete.
    Dann schob sie zwei Finger in das Einschussloch und bekam das abgebrochene Ende des Kreuzes zu fassen. Ciaran ächzte und wand sich vor Schmerz, doch sie packte den Holzsplitter entschlossen mit Daumen und Zeigefinger und zog ihn mit einem Ruck heraus.
    Ciaran schrie auf und brüllte etwas auf Gälisch.
    »Ruhig, ganz ruhig«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Hoffentlich war niemand in der Nähe und hatte die Worte in der Highlandersprache gehört. »Alles wird gut. Jetzt habe ich entfernt, was dir Schmerzen macht.« Sie wischte sich ihre blutigen Hände an der Decke ab.
    Seine Augenlider flatterten, dann schlug er die Augen auf und sagte wieder etwas auf Gälisch, diesmal aber leiser.
    »Sprich Englisch, Liebster. Wenn jemand dich Gälisch sprechen hört, verrät er dich an die Soldaten, und dann kommen sie und verhaften dich.«
    Ciaran schloss die Augen und stieß ein leises, abfälliges Grunzen aus. »Englisch! Ich muss in der Hölle gelandet sein.« Dann sah er sie aus trüben Augen an. »Und du bist auch tot, sonst wärst du nicht hier.«
    Sie lächelte. »Niemand ist tot. Wir sind beide noch am Leben.«
    »Am Leben.« Seine Stimme war so schwach, dass sie ihn kaum verstehen konnte. »Ich kann nicht...« Er blinzelte ins Dämmerlicht und rang mühsam nach Atem. »Was ist... ich... mein Kopf ...« Dann fielen ihm die Augen wieder zu, und er seufzte tief..

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