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Lee, Julianne

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Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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Ciarans gesunde Seite, und er schlang seinen
    Mantel um sie beide, wobei er ein Mal mehr den Verlust seines Kilts und Plaids verfluchte. Die lange Wollstoffbahn hatte ausgezeichneten Schutz gegen die Kälte geboten.
    Gottverdammte Sassunaich.
    Leah sagte sich immer wieder, dass alles in Ordnung war, solange nur Ciaran am Leben sei und sie bei ihm sein konnte. Sie wusste, dass Edwin und Martha außer sich vor Sorge um sie sein mussten, aber nur, weil sie den Zorn ihres Vaters fürchteten, der sich über sie ergießen würde, sobald er erfuhr, dass seine Tochter verschwunden war. Aber sie bemühte sich, nicht daran zu denken, sondern vertraute darauf, dass es Ciaran gelänge, sie sicher nach Ciorram zu bringen.
    Das Gelände war steil und unwegsam. Leah hatte keine Ahnung, wie viele Meilen am Tag sie zurücklegten, aber viele konnten es nicht sein. Ciarans Wunden heilten nur langsam, und der anstrengende Marsch zehrte an seinen Kräften, das verriet ihr die kleine Falte zwischen seinen Brauen.
    Seitdem sie den Pfad verlassen hatten, wanderten sie des Nachts und schliefen am Tag, wenn sie ein geeignetes Versteck gefunden hatten. Ihre Mahlzeiten bestanden aus Käse und Haferbrot, von dem sich immer ein reichlicher Vorrat in Ciarans Tornister befand. Demnach musste die Fee noch in ihrer Nähe sein. Sogar bei strömendem Regen setzten sie ihren Weg fort, um nur ja keine Zeit zu verlieren.
    Die Spur der Verwüstung, die Cumberlands Soldaten hinterlassen hatten, war allgegenwärtig und wirkte im Dunkeln noch entsetzlicher. Der Gestank verbrannter Häuser, Menschen und Tiere raubte ihnen den Atem. Überall in den Bäumen am Rande der Lichtungen hingen Leichen, die darauf zu lauern schienen, dass ein unachtsamer Reisender ihnen zu nahe kam. Wenn der Mond schien, bekamen sie oft noch grässlichere Dinge zu sehen. Tote Kinder lagen erschossen oder erstochen neben ihren Eltern und waren oft grausam verstümmelt worden. Den wenigen Lebenden,
    denen sie begegneten, wichen sie aus, denn sie trauten keinem über den Weg, der noch am Leben war und nicht im Gefängnis
    saß.
    Aber eines Morgens kamen sie wieder an einigen niedergebrannten Häusern vorbei, und von diesem Moment an wurde alles anders.
    Sie hatten den Brandgeruch schon aus der Entfernung wahrgenommen, und als sie näher kamen, beschleunigte Ciaran das Tempo, obwohl sie die ganze Nacht gelaufen waren. »MacKenzies«, sagte er. »Das sind die MacKenzies. Verwandte meiner Mutter.« Leah war der Meinung, dass sie sich das Ausmaß der Zerstörung lieber nicht aus der Nähe ansehen sollten, glaubte aber nicht, Ciaran davon abhalten zu können. Dazu kannte sie ihn inzwischen zu gut; was er sich in den Kopf gesetzt hatte, das führte er auch aus. Die Sonne stieg im Osten schimmernd am Horizont empor, als sie in ein kleines Tal hinunterkletterten, wo die Überreste einiger niedergebrannter Häuser in der Nähe eines schmalen Baches im Morgenlicht schwelten. Ein zottiges weißes Pony lag tot mitten auf dem Pfad. Ein Fliegenschwarm hatte sich darauf niedergelassen. Angewidert machte Leah einen Bogen um den Kadaver.
    Doch was sie in der Mitte des Tales zu sehen bekamen ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Leah wurde schwarz vor Augen, die Welt begann sich um sie zu drehen, und sie rang nach Atem, ehe sie sich schaudernd von dem entsetzlichen Anblick abwandte. Ciaran jedoch starrte unverwandt auf dieses Bild des Grauens. Sein Gesicht war so aschfahl wie an dem Tag, an dem sie ihn auf dem Schlachtfeld gefunden hatte. »William... Alasdair...«Er sog zischend die Luft ein, dann fuhr er herum. Er sah aus, als suche er nach jemandem, den er auf der Stelle töten konnte, um seiner hilflosen Wut Herr zu werden. Dann drehte er sich langsam wieder um. »Ciaran, schau nicht hin ...«
    Doch er reagierte nicht. »Sieh her«, zischte er. »Sieh dir an, was

    sie uns angetan haben.« Leah drehte sich widerwillig um. Ungefähr fünfzehn Leichen lagen am Wegesrand, die Frauen auf der einen, die Männer auf der anderen Seite, nach militärischer Manier ordentlich aufgereiht Die Männer waren entkleidet und erstochen worden. Jeder hielt seine abgetrennten Geschlechtsteile in den Händen. Fliegen surrten über die blutigen Leichname hinweg, sonst rührte sich nichts.
    Aber es waren die Frauen, von denen Ciaran die Augen nicht abwenden konnte. Sie waren fast vollständig bekleidet und lagen auch nicht so ordentlich in Reih und Glied da. Eine war offenbar auf der Flucht erschossen worden und lag

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