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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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über dem Ohr und begann es im Nacken zu einem Zopf zu flechten.
    »Och!« Er schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück, »Ich flechte mein Haar nie!«
    »Weil du ein Highlander bist. Und genau deswegen solltest du dir einen Zopf flechten lassen.«
    »Nein! Ich binde es zusammen, das reicht.« Er funkelte sie finster an, bis sie nickte, und drehte sich dann um, damit sie ihm die Arbeit abnehmen konnte. Die eine störrische Haarsträhne war immer noch zu kurz, um sich mit dem Band halten zu lassen, und fiel ihm ins Gesicht. Er strich sie hinter sein linkes Ohr zurück, doch sie löste sich sofort wieder. »Zeig deine Ohren lieber nicht«, riet Leah. »Besser, du siehst ein wenig schlampig aus, als dass du den Eindruck erweckst, eine Verwundung zu verbergen.« »Na schön. Dann lass uns gehen.«
    »Warte.« Sie griff in die Tasche unter ihren Röcken und zog eine lange Kette aus Elfenbeinperlen hervor. Sein Rosenkranz. Als Ciaran ihn sah, wurde ihm warm ums Herz. »Du hast ihn aufbewahrt?« »Selbstverständlich.«
    Er nahm ihr den Rosenkranz ab und ließ ihn durch die Finger
    »Ich habe ihn vermisst, aber ich wusste ja, dass du gut darauf aufpasst.«
    Leah schloss seine Hand um den Rosenkranz und küsste sie.
    Ciaran ließ ihn in sein Hemd gleiten und griff dann nach dem Tornister, der seinen sporran, Brigid, einen Wasserschlauch und etwas Proviant enthielt Leah verbarg das Schwert wieder unter ihren Röcken. Sie hatte fast eine Woche benötigt, um Kleider und andere Kleinigkeiten für die Reise zu beschaffen, weil sie äußerste Vorsicht hatte walten lassen müssen. Sie selbst trug eine Dienstmagdtracht, die sie angeblich für Ida erstanden und dann versteckt hatte. Niemand würde ihr große Beachtung schenken. Ciaran und sie hatten beschlossen, sich als Dienstbotenehepaar auf Stellungssuche auszugeben.
    Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sie ihr Versteck verließen und die Straße nahmen, die Richtung Norden führte. Ciaran blinzelte ein paar Minuten heftig, seine Augen waren selbst an so schwaches Licht nicht mehr gewöhnt.
    Schon nach kurzer Zeit machte sich die körperliche Anstrengung bemerkbar, und als die Sonne ganz aufgegangen war, rang er nach Atem. Ein hämmernder Schmerz strahlte von seiner Brust in den rechten Arm und bis in die Fingerspitzen aus. Noch immer konnte er den Arm nicht bewegen und wusste auch nicht, ob dies jemals wieder der Fall sein würde. Die Schwellung am Kopf war zurückgegangen, doch die Ohrwunde pochte so heftig, dass er fürchtete, sie könne wieder beginnen zu bluten. Wenn ihm Blut am Hals hinabrann, würde er sicherlich unerwünschte Aufmerksamkeit erregen.
    Während sie die Straße entlangwanderten, ging die Sonne über einem Schottland auf, das Ciaran kaum wiedererkannte. Einige der Häuser, an denen sie vorbeikamen, waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt worden, und die schwelenden Aschehaufen stanken nicht nur nach Torf und Holz. Kaum ein Mensch war zu sehen, niemand trug mehr Tartanmuster oder Kilts bis auf ein paar Leichen, die an einem Baum am Straßenrand hingen. Raben pickten an ihrem verrottenden Fleisch herum, die karierte Wolle ihrer Kilts und Plaids war schwarz von ge-
    ronnenem Blut. Bei einer der Leichen handelte es sich um eine Frau.
    Schließlich erreichten sie Drummossie Moor. Die Toten waren inzwischen auf dem Schlachtfeld begraben worden, der Boden mit frisch aufgeworfenen Hügeln übersät. Ciarans Herz wurde schwer, als er über das wellige Gelände blickte. Unter dieser Erde musste irgendwo auch Calum liegen. Die Männer des Königs hatten das getan, was eigentlich seine Pflicht gewesen wäre. Calum war immerhin sein Bruder. Trotz der ganzen Schwierigkeiten, die der junge Mann ihm bereitet hatte, konnte nichts etwas daran ändern.
    Calum hatte sich als würdiger Sohn seines Vaters erwiesen. Er war dem Feind seines Volkes mutig entgegengetreten, hatte Hunger und Erschöpfung klaglos ertragen und hatte schließlich sein
    Leben für die Sache gegeben.
    Ein Anflug von Neid keimte in Ciaran auf. Er musste sein Leben weiterleben, Calums Kampf war vorbei, er hatte seinen Frieden gefunden. Ciaran dagegen sah einer ungewissen Zukunft unter der Knute der Sassunaich entgegen. Er holte tief Atem, was ihm einen stechenden Schmerz in der Brust eintrug, und schüttelte die trüben Gedanken entschlossen ab. Mit gesenktem Kopf setzte er seinen Weg fort.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als sie in Inverness ankamen. Feine weiße Linien hatten sich um

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