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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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mit dem Gesicht nach unten im Schatten einiger Bäume. Andere lagen wie zerbrochene Puppen auf dem Weg. Allen hatten die Soldaten die Röcke hochgeschlagen oder heruntergerissen und sich an ihnen vergangen, ehe sie sie mit ihren Bajonetten durchbohrt hatten. Eine weitere Frau lag mit angewinkelten Knien und gespreizten Beinen auf dem Rücken, für immer in dieser würdelosen Haltung erstarrt. Ihr Gesicht war verschwunden, anscheinend war sie aus nächster Nähe mit einer Muskete oder Pistole erschossen worden. Ciaran zitterte am Körper. Als Leah nach seiner Hand griff, machte er sich unwillig los.
    »Du kanntest diese Leute?«
    Er nickte, äußerte sich jedoch nicht weiter dazu.
    In dem ganzen Tal herrschte Totenstille. Nichts rührte sich, nur eine dünne Rauchwolke stieg noch von einem der zerstörten Häuser auf. Alle Tiere waren entweder gestohlen oder geschlachtet und einfach liegen gelassen worden. Kein einziges Kind war zu sehen. Der Himmel mochte wissen, was mit ihnen geschehen war.
    Leah schluckte hart. Tränen traten ihr in die Augen, und sie starrte blicklos zu Boden. Die Soldaten ihres Vaters hatten dieses Massaker angerichtet, und der König, für den er kämpfte, billigte dieses sinnlose Morden. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen. Am liebsten hätte sie sich umgedreht und wäre weggelaufen. Sie schämte sich, Engländerin zu sein.
    »Komm.« Ciaran nahm ihre Hand und führte sie zu den Bäumen hinüber. »Hier entlang.« »Wo gehen wir hin?«
    »Hier gibt es einen Ort, wo sich der Clan früher getroffen hat und wo man Zeremonien abhielt, die die Priester missbilligten. Heute finden dort politische Versammlungen statt, die Seiner Majestät ein Dorn im Auge sind.«
    »Wo sind die Kinder geblieben, Ciaran? Ich habe überhaupt keine Kinder gesehen.«
    Ein zorniger Funke flammte in seinen Augen auf. Er biss die Zähne zusammen, seine Kinnmuskeln spannten sich. »Die haben sie vermutlich mitgenommen, um sie ins Gefängnis zu stecken, zu verkaufen oder in die Kolonien zu deportieren.« »Kinder?«
    »Wir haben uns den Bach nicht näher angesehen.« Er blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Die Kleinsten werden wir sicher dort finden. Oder in den Trümmern der Häuser.«
    Leah schlug eine Hand vor den Mund, als ihr der Mageninhalt in die Kehle stieg. Sie blieb stehen, krümmte sich und kämpfte würgend gegen einen überwältigenden Brechreiz an. Ciaran wartete, bis sie sich erholt hatte, dann gingen sie weiter.
    Über einen steilen Pfad, der sich durch die dicht mit Waldkiefern bewachsenen Hügel wand, gelangten sie schließlich auf eine große Lichtung. Ciaran blieb stehen, bückte sich und untersuchte den Boden. Mit mühsam unterdrückter Erregung sagte er: »Sie sind hier. Diese Spuren stammen nicht von englischen Soldaten.«
    »Woher weißt du das?«
    »Rotröcke tragen keine weichen Schuhe, sondern Stiefel mit Absätzen.« Er deutete auf die Fußspuren am Boden. »Seit dem letzten Regen muss hier jemand entlanggegangen sein, und das war...«
    Ein Pfeil schwirrte an seinem Gesicht vorbei.
    »Verdammt!« Er duckte sich, obwohl ihn der Pfeil weit verfehlt
    hatte, dann richtete er sich wieder auf und brüllte laut: »Alasdair! Alasdair Iain William Thomas MacKenzie! Zeig dich, Ailig Crùbach, ich bin es! Und du bist immer noch ein so lausiger Bogenschütze wie früher!«
    »Ciaran!« Es raschelte im Gebüsch, denn löste sich ein Mann aus dem Schatten der Bäume. »Ciaran Dubhach! Du bist es wirklich!« Er kam näher, und jetzt sah Leah, dass er auf Grund eines Klumpfußes jämmerlich hinkte. Ein alter Mann, zwei Jungen und eine junge Frau folgten ihm. Alasdair reichte einem der Jungen seinen Bogen, dann umarmte er Ciaran. »Och, Ciaran, sie haben fast alle getötet oder verschleppt! Es war furchtbar. Vor zwei Tagen sind sie gekommen.«
    »Ich habe es gesehen, Ailig.«
    Alasdair weinte jetzt, und auch die anderen begannen zu schluchzen. »Wir sind fortgelaufen, Ciaran. Fortgelaufen und haben uns versteckt, so gut es ging. Sie haben uns gesucht, konnten uns aber nicht finden. Aber die anderen haben sie abgeschlachtet wie Tiere. Wir konnten die Schreie hören. Das Flehen der Frauen und das Weinen der Kinder. Mein Vater, Ciaran! Sie haben Vater und William getötet. Ich konnte es nicht verhindern, Ciaran, ich konnte nichts tun, um sie aufzuhalten.« Ciaran sagte nichts, sondern hielt ihn nur schweigend fest und ließ ihn weinen.
    Als Alasdair ihn freigab, wandte sich Ciaran an die

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