Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 2 - Der Agent und die Söldnerin
Miri.
»Sie würden nur mein Gedächtnis löschen und mich dann als leere Hülle nach Hause schicken.«
Die Luft war plötzlich zu heiß und zu dünn, aber Miri schien es nichts auszumachen; er wollte vor ihr weglaufen, allein sein … die Zahlen purzelten durcheinander!
CRR-RACK! Der Gitarrenhals brach unter seinem Klammergriff entzwei; er zuckte zusammen, ließ das Instrument fallen und schnappte nach Luft. Wilden Blickes suchte er nach einem Fluchtweg. Sein Hemd schien ihn zu ersticken, und hinter seinen Augen brannten die Zahlen: tot, tot … Null Chancen zu überleben. Er stützte sich mit einer Hand an der Wand ab.
»Nein! Nein! Nicht hier! Verdammt noch mal, nicht hier!« Ich will hier nicht sterben! Ich muss hier raus …
»Val Con!«
Der Schrei durchdrang seine Panik, verscheuchte kurz den Terror. Dieser Name schien ihm Sicherheit zu versprechen – Val Con. Val Con yos’Phelium, Scout, Künstler des Vergänglichen, Töter des Ältesten Drachen, Messer-Clan vom Middle River Frühlingslaich des Farmers Greentrees von der Höhle der Speerschmiede – und von irgendwoher fügte Miris Stimme hinzu: »Zäher Bursche!«
Keuchend hielt er sich an der Wand fest. Ein paar Schritte entfernt stand Miri und sah ihn entsetzt an. Er schaffte es, ruhiger zu atmen, und allmählich spürte er, wie die Luft sich abkühlte und seine Hände sich wieder erwärmten.
Die Zahlen ließen keinen Zweifel zu: Null und Null. Keine Chance, die Mission zu überleben. Die Mission selbst ein Fehlschlag. Demzufolge war er tot.
Er holte wieder tief Luft, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und rutschte langsam nach unten.
»Val Con?« Vorsichtig näherte sie sich ihm, kniete neben ihm nieder und blickte ihn besorgt an.
»Miri?«
»Ja.«
Seine Lungen schmerzten vom Hyperventilieren, doch allmählich beruhigte sich seine Atmung. Er wusste, dass das Schlimmste überstanden war. »Miri, gerade dachte ich, ich sei bereits gestorben.«
Ihre Brauen zogen sich nach oben, und sie legte ihre kühle Hand an seinen Hals, um den Puls zu fühlen. Dann schüttelte sie den Kopf und zog die Hand zurück.
»Sergeant Robertson bedauert, eine Fehlfunktion im System melden zu müssen, Sir.«
Er lachte ein bisschen, dann fuhr er sich mit allen zehn Fingern durch sein schweißnasses Haar.
»Ich war tot«, erklärte er. »In dem Moment, als ich dir erzählte, sie würden mein Gedächtnis löschen, zeigte mir die Schleife an, ich sei gestorben.« Mittlerweile atmete er wieder normal, aber er fühlte sich so ausgepumpt wie noch nie in seinem Leben. »Ich denke, ich habe es geglaubt und bekam eine Panikattacke …«
»Die Schleife«, erkundigte sich Miri hoffnungsvoll. »Ist sie jetzt weg? Oder außer Funktion?«
»Nein … Sie ist immer noch da. Und sie funktioniert auch noch. Aber vielleicht wurde sie darauf programmiert, mich zu belügen, mich zu täuschen. Damals sagten sie mir, sie hätten mir bestimmte Erinnerungen aus dem Gedächtnis gestrichen, weil mir das eine bessere Überlebenschance gäbe. Ich ließ mir so viel wegnehmen, meine Musik, meine Träume, und das alles nur, um mich von einem heimtückischen, verlogenen Ding wie dieser Mentalschleife manipulieren zu lassen.« Er strich sich mit den Händen über das Gesicht. »Manches ist mir jetzt völlig unverständlich …«
Miri legte eine Hand auf seinen Arm. Sie biss sich auf die Lippe. »Hast du ungefähr eine Ahnung, was man alles aus deinem früheren Leben gelöscht hat?«
Er bewegte sich und stieß mit dem Fuß gegen die zu Boden gefallene Gitarre. Er nahm sie in die Hand und betrachtete den zersplitterten Hals. Dann wandte er sein Gesicht Miri zu.
»Fast alles«, begann er mit gedehnter Stimme, argwöhnisch Ausschau haltend nach irgendwelchen Phantomgleichungen. »Man entwickelte eine Maschine, die bewirken sollte, dass ein Agent nicht nur eine fremde Person verkörpert, sondern sich gleich in diesen Menschen verwandelt. Doch damit diese Metamorphose gelingen konnte, musste man zuerst die Persönlichkeit des Agenten auslöschen, und ihm danach den Charakter des Individuums, das er darstellen sollte, einprogrammieren.« Er sah keine Zahlen. Der Schirm hinter seinen Augen war leer. »Nach Beendigung der Mission wollte man die fremde Persönlichkeit entfernen und den ursprünglichen Charakter wiederherstellen.«
Er hielt inne, um Atem zu schöpfen. Miri blickte ihm prüfend in die Augen; zwischen ihren Brauen bildete sich eine kleine Falte.
»Doch es funktionierte nicht
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