Leerer Kuehlschrank volle Windeln
allerdings schon einige Beulen abbekommen hat. Ist eben ein spezieller Flughafen-Transfer, denke ich mir, und dass da schon einige mit ihren Koffern dagegengerammelt sind.
Da die Fahrt dauert, will ich gleich mal mein Englisch ein bisschen auffrischen und beginne ein Gespräch mit dem Fahrer. Für ein Gespräch braucht man allerdings mindestens zwei Personen – aber außer merkwürdigen Geräuschen aus seinem Mund, die knarzend und vernuschelt sind und nur selten wie »Yes« oder »No« klingen, ist nichts aus Mr. Pulp Fiction herauszuholen.
In der Tat hat unser Chauffeur etwas Gaunerartiges, dazu einen zerknitterten Blick und eine lange Narbe auf der rechten Wange. Dass er doch richtig sprechen kann, bemerken wir, als er jemanden anruft. Von dem Telefonat bekommen wir aber so gut wie nichts mit, da er sein Handy fest an sein Ohr presst und extrem leise spricht: »Brabbel … brabbel … brabbel … YES … YES … NO … NO … YES … brabbel … brabbel … YES!« Wer weiß … Vielleicht hat er Eheprobleme.
Mein Blick nach draußen verrät mir, dass wir eine ungewöhnliche Fahrtroute gewählt haben. Die Häuser links und rechts sind allesamt abrissreif, die Straßen vermüllt, zwielichtige Gestalten belagern den Straßenrand. Das nenne ich mal Abkürzung. Also mit Hauptstraße hat das hier überhaupt nichts zu tun. Da ich schon zweimal in der Stadt war, kommt mir dieser Weg unbekannt und deshalb spanisch vor. Steigerungsform: Panisch! Denn durch ein lautes KLACK bekommen die Fahrgäste des Taxis, also wir, einen Riesenschreck. Erst durch das plötzliche Geräusch überhaupt, dann durch die Fantasien, die durch das Geräusch in Gang gesetzt werden. Das Klacken kam von allen vier Nippeln, Nupsies oder wie auch immer man die Dinger nennt, die nach unten springen, wenn der Fahrer eines Autos die Zentralverriegelung aktiviert.
Jetzt sitzen wir in der Falle.
Stand nicht in den New-York-Reiseführern, die wir vor dem Abflug durchforstet haben, in fetten Lettern, dass man tunlichst nur die offiziellen Taxis vom Flughafen benutzen soll, um nicht Opfer eines Betrügers oder, noch fataler, eines Überfalls zu werden?! Statt meiner Liebsten in Big Apple einen Heiratsantrag zu machen, werden wir gleich am ersten Tag unseres Urlaubs ausgeraubt und in einem Hinterhof in Queens mittellos und nur mit viel Glück lebendig zurückgelassen?!
Mein Herz pocht wie wild, mir steht der Angstschweiß auf der Stirn. Ich sehe Christin an – sie scheint dasselbe wie ich zu denken: Das war’s! So einfach will ich mich dem Schicksal nicht ergeben und frage nach einiger Zeit des Grübelns und Bangens vorsichtig den Fahrer: »Entschuldigen Sie bitte, aber sind Sie sicher, dass dies der richtige Weg ist?«
»Ja.«
»Also wir wollen zum Waldorf Astoria in der Park Avenue.«
»Ich weiß.«
»Ist das ein Schleichweg?«
»Ja.«
So kommen wir nicht weiter. Wenn ich ihn mit meinen Fragen reize, zieht er womöglich gleich seinen Revolver und hält ihn uns vor die Nase.
Während ich krampfhaft überlege, wie wir aus der Situation heil herauskommen, riskiere ich einen Blick aus dem Fenster.
Und was sehe ich?
Noch rund 100 Meter, dann sind wir am Hotel! Mir fällt ein ganzer Steinbruch vom Herzen. Wir steigen wohlbehalten aus, bekommen sogar unsere Koffer und der Fremde sein vereinbartes Geld. Weil ich froh bin, dass wir doch noch am Leben sind, gebe ich ihm ein ordentliches Trinkgeld und kann mir nicht verkneifen, ihn zu fragen: »Warum sind Sie denn so merkwürdig und abseits der Hauptstraßen gefahren?«
»Gucken Sie mal auf die Uhr! Es ist Rush Hour. Wenn ich den üblichen Weg genommen hätte, wären Sie jetzt noch nicht da.«
Das waren seine letzten Worte – und weg ist er. Da stehen wir nun. Vor dem Waldorf Astoria. Dem berühmtesten Hotel der Stadt, Handlungsort unzähliger Spielfilm-Klassiker. Unter anderem auch in »Weil es dich gibt«. Und weil es Christin gibt und das der erste Film war, den wir uns gemeinsam auf DVD ansahen, wollte ich unbedingt in dieses Hotel. Am Abend flanieren wir noch ein wenig durch die Stadt, bevor wir hundemüde ins Bett fallen.
Sechs Uhr morgens. Ich höre ein Rascheln und werde davon wach. Ich quäle mich aus dem Bett und sehe mich um. Gibt es hier etwa Ratten? Die Ursache des Raschelns entdecke ich jedoch nicht. Als ich wieder ins Bett gehen will, fällt mein Blick auf den Boden vor der Zimmertür. Dort liegt ein großes Blatt Papier. Ich hebe es auf und beginne zu lesen:
Liebe Gäste,
da wir
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