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Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Titel: Leerer Kuehlschrank volle Windeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario D Richardt
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aus. Ich hänge wie ein nasser Sack über dem Ball und kriege meine schlaffen Gliedmaßen kaum koordiniert. Trotzdem versuche ich nun die Position zu wechseln und den rechten Arm nach vorn zu strecken und gleichzeitig das linke Bein nach hinten. Das muss verdammt bescheuert aussehen – und das auch noch live im Fernsehen. Aus der Nummer komme ich nicht mehr raus. Ich glaube, eine Schrankwand ist einen Tick sportlicher als dieser kranke Hummer, der hier durch das Studio zappelt. Ähnlich unbeweglich agiere ich bei der Flaschenübung und mit dem riesigen Schwingstab. Zumal ich mir nicht vorstellen kann, dass das etwas bringen soll. Momentan bringt es mir nur das Gelächter der Kollegen hinter der Kamera ein. Kein Wunder, denn ich bewege mich wie eine betrunkene Zeichentrickfigur.
    Irgendwie mogle ich mich durch die Sendung und sitze danach ein bisschen knülle in der Ecke. Da kommt Christin zu mir: »War doch gut. Hast dich gar nicht so verkehrt angestellt!«
    »Ha, ha, ha!«, erwidere ich ganz langsam und langgezogen. Offensichtlich hat sie es aber doch nicht spöttisch, sondern ganz ernst und nett gemeint. Ihr Gesichtsausdruck ist noch immer so freundlich und herzlich wie die ganzen letzten 120 Minuten. Diese Frau muss ich unbedingt kennenlernen, denke ich mir. Aber wie? So eine fitte und flotte Fröhlichkeit in Person kann doch nichts mit einem unsportlichen Reissack wie mir anfangen. Aber nie aufgeben ist schließlich mein Lebensmotto.
    »Sag mal, gibst du als Fitnesstrainerin oder Sportlehrerin auch Privatstunden?«
    »Ja, ich mache auch Personal Training.«
    »Und was heißt das konkret?«
    »Du kannst mit mir Termine vereinbaren, ich erstelle dir einen persönlichen Trainingsplan und dann kannst du dir aussuchen, wie lange wir individuell trainieren. Das könnte eine halbe Stunde sein oder auch eine ganze Stunde.«
    »Na prima. Das sollten wir unbedingt machen. Das habe ich bitter nötig. Du hast ja gesehen, wie fit ich bin.«
    Gleichzeitig denke ich: Ist ja cool, ich könnte mich mit ihr treffen, ganz allein ohne Sportgruppe – und dann auch gleich für eine ganze Stunde.
    Christin gibt mir ihre Visitenkarte. Schon am nächsten Tag schicke ich ihr eine E-Mail. Ich frage nach einem kurzfristigen Termin und gleich für eine ganze Stunde, weil es sich sonst nicht lohnen würde. Und ich bin ja auch kein Weichei! Also: Ganz oder gar nicht. Sie schreibt mir zurück, sie freue sich, dass ich mich tatsächlich gemeldet habe, und bietet mir eine Bonuskarte mit zehn Trainingsstunden an. So würde ich eine Stunde kostenlos dazu bekommen. Da kann ich nicht nein sagen und nehme das Angebot an. Elf Stunden mit der süßesten Frau der Stadt. Allerdings zucke ich kurz zusammen, als mit der nächsten Antwortmail wie vereinbart die Rechnung kommt. Für sie ist es eben ein Geschäft.
    Wir treffen uns drei Tage später in einem Leipziger Stadtpark. Weil ich mich nicht mit Geräten abmühen und so wie in der Sendung blamieren will, schlägt Christin eine Nordic-Walking-Runde unter professioneller Anleitung vor.
    Jetzt stakse ich also doch schon weit vor Renteneintritt durch die Weltgeschichte. Dass ich mit den lächerlichen Stöcken gesehen werden könnte, ist mir aber ziemlich egal, denn die Gesellschaft meiner privaten Trainerin macht das allemal wett. Sie scheucht mich durch den Park, aber neben den Instruktionen bleibt noch immer ausreichend Zeit, um mit Christin zu plaudern.
    Schon beim dritten Training bin ich mir sicher, dass da die Frau meines Lebens neben mir läuft. Wir stellen fest, dass wir unfassbar viele Gemeinsamkeiten, deckungsgleiche Vorstellungen vom Leben, von einer Partnerschaft und von der Zukunft haben. Wir lachen viel zusammen und … wir verlieben uns in Windeseile. Schon knapp drei Wochen nachdem wir uns zum ersten Mal über den Weg und anschließend durch den Park gelaufen sind, ist uns klar, wie unsere Kinder heißen würden und wie wir uns unsere Hochzeit vorstellen. Und ganz nebenbei: Der Sport macht Spaß. Vor allem und wahrscheinlich größtenteils, weil SIE dabei ist. Es sind die schönsten (und ja, auch teuersten) Sportstunden meines Lebens. Schon lange vor unserer letzten Trainingseinheit kann ich mir Christin nicht mehr aus meinem Alltag wegdenken. Diese Frau ist wie Google: Sie hat alles, wonach ich gesucht habe!
    Sehen Sie, Sport kann sich lohnen. Meine Bonuskarte hat sie übrigens kostenlos verlängert – auf unbestimmte Zeit.

MEINE FREUNDIN, IHR VATER UND ICH
    Vier Monate nachdem ich

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