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Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Titel: Leerer Kuehlschrank volle Windeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario D Richardt
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gut, dass es nicht mal einen Grund gibt, in diesen Absatz einen Scherz hineinzuschreiben.
    Die Auswahl des Musikers dauert ein wenig länger. Wir möchten gern Livemusik haben – und zusätzlich noch einen DJ, der am späten Abend die Hochzeitsgesellschaft zum Kochen bringt. Im Internet stoße ich auf eine Seite, auf der man per Online-Casting Musiker für seine Veranstaltungen buchen kann. Man muss nur das Datum, den Anlass, den Musikstil und das Budget angeben – und schon bekommt man von professionellen und semiprofessionellen Musikern und Bands Angebote per E-Mail zugeschickt. Entweder findet sich in der E-Mail selbst oder über den mitgeschickten Link eine Hörprobe als Audio oder Video. Eine Woche nach unserer Anmeldung bei der Casting-Seite quillt unser elektronisches Postfach über, und wir haben nun die Qual der Wahl. Wir fühlen uns wie Dieter Bohlen bei DSDS . Obwohl es bei uns heißen müsste: CMSDSHM – Christin und Mario suchen den Super-Hochzeitsmusiker. Nach dem Prinzip: »Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen« finden sich im Töpfchen dann zwei Musiker, die uns zusagen. Im anderen Ordner, den wir mit »Auf gar keinen Fall« beschriftet haben, tobt das WHO IS WHO der Abgewählten.
    Darunter befinden sich zum Beispiel zwei Alleinunterhalter, die bestens auf dem Oktoberfest aufgehoben wären, ein Leierkastenmann, ein grottenschlechter Jürgen-Drews-Verschnitt vom Ballermann, eine noch schlechtere Katja-Ebstein-Kopie, zwei Michael Jacksons, ein weibliches ABBA -Duo mit dem Aussehen und den Gesangsqualitäten der naiven Schwester von Baby in »Dirty Dancing«, ein Männertrio mit dem Namen Mikrofontrixer * , welches aussieht wie Rainer Langhans, Meister Proper und der Polizist der Village People nach dem sechsten Hefeweizen, außerdem noch vier Musik-Studentinnen, die allesamt schon im fünfunddreißigsten Semester studieren müssten und deren Frontfrau eine verblüffende Ähnlichkeit mit Mutter Katzenberger hat. Kurzum: Auch bei Bohlen wären alle wieder nach Hause geschickt worden.
    Das Rennen macht ein junger Mann namens Roman mit einer sensationell guten Stimme und dem Unterhaltungs-Talent eines gestandenen Showhasen, der auch noch Klavierspielen kann. Zudem sieht er blendend aus, was besonders den weiblichen Gästen gefallen dürfte. Dass er nebenbei auch noch DJ ist und im Besitz einer Profi-Anlage – umso besser. Bei unserem Treffen zur Vorbereitung bietet er an, extra für uns unsere Lieblings-Songs einzustudieren. Was will man mehr? Also ist dieser wichtige Teil der Planung optimal eingefädelt.
    Nicht ganz so problemlos funktioniert der Teil, der nichts mit Marktwirtschaft zu tun hat. Die Bürokratie in Deutschland schmettert uns hinkelsteingroße Brocken in den Weg, dass selbst der Gallier Obelix tief durchatmen müsste. Der Termin für die Hochzeit steht unantastbar, wie sonst hätten wir die Location und die ganzen Dienstleister buchen können. Allerdings darf der Termin für die standesamtliche Trauung in Leipzig frühestens ein halbes Jahr vor dem Datum angemeldet werden. Die Hochzeit soll an einem Sonnabend im Sommer stattfinden. Und da ist Hoch-Zeit für Hochzeiten.
    Fortuna hat ein Einsehen mit uns, und wir kriegen den frühestmöglichen Termin zur Anmeldung auf dem Standesamt im Leipziger Rathaus. Als wir draußen vor der Tür sitzen und warten, hoffen wir, dass wir wirklich an dem Tag amtlich heiraten dürfen, an dem auch das Fest gefeiert wird. Wir werden hereingebeten und präsentieren alle Dokumente, die man eben so benötigt. Wir haben uns natürlich vorher ausreichend informiert. Dennoch möchte ich gern den Unfug-Button drücken, als es um unsere Geburtsurkunden geht. Die haben wir nämlich im ORIGINAL mitgebracht – und fühlen uns damit auf der sicheren Seite. Pustekuchen! Die Dame am Schreibtisch besteht darauf, dass beglaubigte ABSCHRIFTEN vorgelegt werden müssen. Wer soll das verstehen? Die Originale sind also nichts wert, und man will sie auch nicht kopieren, weil man lieber gleich Kopien haben will. Und die müssen BEGLAUBIGT sein, damit die Damenschaften im Standesamt erkennen, dass das Original vorgelegen hat. Willkommen in Deutschland!
    Ein bisschen Mitleid hat die Paragrafenreiterin auf ihrem Amtsschimmel dennoch, und wir können unseren Hochzeitstermin schon mal eintragen lassen.
    Zwei Wochen später sitzen wir im selben Büro, allerdings vor einer anderen Mitarbeiterin. Sie könnte aber auch eine beglaubigte Kopie ihrer Kollegin sein. Beide

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