Leerer Kuehlschrank volle Windeln
und stoßen auf eine kleine Kirche, rund 25 Minuten von Leipzig entfernt. Das Besondere an ihr: Sie schwimmt mitten auf einem See, und die Hochzeitsgesellschaft wird mit einem Schiff dorthin gebracht. Doch die Chancen, dass hier noch unser Wunschtermin frei sein könnte, stehen wahrscheinlich 1 zu 1 000. Probieren geht über Studieren. Ich rufe an und erfahre, dass unser Termin belegt ist. Am Morgen und am Abend ist die Kirche bereits vermietet.
Da unsere standesamtliche Trauung aber vormittags stattfindet und die feierliche Zeremonie kurz nach dem Mittag sein soll, lege ich mich mit allem verfügbaren Charme so ins Zeug, dass ich sicherlich auch die Klitschkos überzeugt hätte, zum Synchronschwimmen zu wechseln. Nach fünfundzwanzig Minuten steht fest, dass wir die Kirche ab Mittag vier Stunden lang nutzen können. Das reicht uns dicke. Wir wollen ja heiraten und keine Beichte ablegen.
So eine Kirche wiederum verlangt eine gewisse Persönlichkeit, die die zeremonielle Trauung abhält. Ich kann einen Pfarrer gewinnen, den ich vor ein paar Jahren bei der Arbeit kennenlernte. Er ist jung, eloquent, sympathisch, unkonventionell, fröhlich und tolerant. Auch ich als Anhänger der Evolutionstheorie darf unter seiner Obhut zum Ehemann werden.
Der Rest der Hochzeitsorganisation ist ein Klacks. Innerhalb weniger Tage steht die Hochzeit zum zweiten Mal optimal in den Startlöchern.
Am Abend vor unserem großen Tag treffen wir uns mit unseren Eltern und den bereits angereisten Hochzeitsgästen in einem Leipziger Biergarten. Christins Vater nutzt die Gelegenheit, um Bedenken gegen die Heirat anzumelden. Schließlich habe ich nie offiziell um die Hand seiner Tochter angehalten.
»Volker,« sage ich, »ich wollte ja auch nie nur die Hand deiner Tochter haben, sondern alles von ihr.«
Ich bestelle zwei Schnäpse und hole mein Versäumnis nun offiziell nach: »Mein lieber zukünftiger Schwiegervater, ich verehre, achte und liebe deine Tochter über alles, und deshalb möchte ich dich hiermit nachträglich fragen, ob ich sie heiraten darf. Und überlege nicht zu lange, du weißt ja, welche Mühen die Organisation gemacht hat.«
»Mein lieber Schwiegersohn! Du darfst meine Tochter ehelichen, wenn du mir versprichst, dass du auf sie aufpasst und immer für sie da bist!«
Wir hauen uns grinsend gegenseitig auf die Schulter und stoßen an. Und weil wir beide keine Gefühlslegastheniker sind, haben wir auch beide glasige Augen.
Dieser Zustand wiederholt sich am nächsten Tag. Ich habe im Hotel übernachtet und hole Christin mit einer Limousine zu Hause ab. Sie tritt aus der Haustür, und schon wieder bekomme ich feuchte Augen. Ich befürchte, heute werden so viele Tränen fließen wie in all meinen Lebensjahren zuvor insgesamt. Christin sieht so umwerfend schön aus. Wir fahren gemeinsam zum Standesamt und ich bin so dermaßen nervös, dass ich beim Tetris wahrscheinlich auch die Quadrate drehen würde. In mir brodeln die Gefühle. Selbst beim standesamtlichen ersten Teil unserer Heirat, der genauso abläuft, wie besprochen und nicht anders als erwartet. Für die Leserschaft, die es möglicherweise vergessen hat: Wir kommen rein, setzen uns hin, werden begrüßt, stehen auf, sagen Ja, unterschreiben und gehen wieder raus.
Aber die Anwesenheit unserer Familie und der engsten Freunde bringt Emotionalität selbst in den bürokratischen Abschnitt. Und so kommt es, dass ich schon wieder ganz verschwommen durch die Gegend schaue, als es im Anschluss in der Hupkolonne an den Störmthaler See geht. Bei herrlichem Sonnenschein bringt uns ein Boot zur schwimmenden Kirche, wo schon alle Gäste auf uns warten, während die Glocken läuten. Roman begleitet unseren Einzug in die Kirche live am Klavier mit unserem Lieblingslied, der Pfarrer hält eine berührende, witzige und leidenschaftliche Rede, und als es darum geht, uns unsere Liebe zu schwören, vergesse ich die Hälfte des Textes, weil ich so aufgeregt, aber vor allem glücklich bin. Dass ich so viele Worte unterschlagen habe, merke ich allerdings erst, als Christin ihre Sätze spricht und ich mich wundere, dass ihr Schwur sehr viel länger als meiner ist. Egal! Das Wichtigste ist gesagt, und die Ringe passen.
Der Abend im Hotel ist gefüllt mit gefühlsbetonten Momenten, zahlreichen Tränen und hinreißenden Reden. Dazu spielt der beste CMSDSHM -Gewinner der Welt am Flügel und reißt alle mit. Das Buffet sieht aus wie von Rach, Rosin, Mälzer, Lafer, Lichter und Lecker
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